Der Tiroler Investor übernimmt alle 88 Karstadt-Warenhäuser. Sein Vorgänger Berggruen betont, er wollte "Karstadt als Ganzes erhalten".
Das deutsche Bundeskartellamt hat grünes Licht für den Verkauf von 88 Karstadt-Warenhäusern an den österreichischen Immobilieninvestor René Benko und dessen Signa-Holding gegeben. Die Freigabe erfolgte ohne Auflagen und Bedingungen, wie die Wettbewerbsbehörde am Donnerstag mitteilte. Kartellamtspräsident Andreas Mundt betonte: "Letzten Endes wird hier ein Investor durch einen anderen ausgetauscht. An der Marktstellung der einzelnen Karstadt-Warenhäuser ändert sich dadurch aus wettbewerblicher Sicht nichts."
Die Verbreitung der modernen Kaufhäuser in der Mitte des 19. Jahrhunderts hatte ihren Ursprung in der Industralisierung. Die Herstellung von Produkten in einem größeren Maße war Grundlage für die neue Geschäftsform. Im Bild: Harrods EPA
In Deutschland erreichten die Wunderkammern des Konsums in der Blütezeit in der 1970ern einen Marktanteil von zwölf Prozent. Fünf große Warenhaus-Konzerne waren damals am Markt vertreten. (c) imago/Ralph Peters (imago stock&people)
1852 eröffneten die Brüder Abraham und Theodor Wertheim in der Wasserstraße ihr „Manufactur-Modewarengeschäft“. Mitte der 1980er Jahre wurde Wertheim dann vom Hertie-Konzern übernommen. Im April verschwand die Marke in Berlin vollständig aus dem Stadtbild. (c) Imago
Die Horten AG wurde von Helmut Horten gegründet. Sie war die viertgrößte deutsche Kaufhauskette. Von außen waren die Kaufhäuser an den charakteristischen Hortenkacheln zu erkennen. Am Gebäude angebracht war der Schriftzug "Horten" in einem dunklen Blau. Nach dem Tod Helmut Hortens im Jahre 1987 erbte seine Ehefrau Heidi dessen Vermögen. Sie gilt noch heute als eine der reichsten Frauen Österreichs. (c) Imago
Hertie hatte bis in die 1970er-Jahre rasch expandiert und zahlreiche neue Filialen, auch in kleineren und mittelgroßen Städten, eröffnet. Mitte der 1980er-Jahre gingen die Umsätze massiv zurück. So hatte der Hertie-Konzern 1984 noch 123 Standorte. Danach kam die Kaufhauskette in finanzielle Turbulenzen und wurde von Karstadt übernommen. (c) imago stock&people (imago stock&people)
Die Kaufhof-Geschichte reicht bis zum Jahr 1879 zurück. Damals eröffnete Leonhard Tietz in Stralsund ein kleines Geschäft mit nur 25 m² Verkaufsfläche. 2008 kam es zu einer Namensänderung in Galeria Kaufhof. Das Unternehmen betreibt heute 105 Warenhäuser und 17 Sportshäuser mit rund 1,4 Mio. Quadratmeter Verkaufsfläche. Das Münchner Flagship macht einen Umsatz von knapp 200 Millionen Euro. (c) imago/Stefan Zeitz (imago stock&people)
Das Essener Unternehmen Karstadt kämpft mit großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten. In Summe machen die 83 Warenhäuser Verluste, mehr als 20 Warenhaushäuser sind Schließungskandidaten. Nun soll der neue Eigentümer, der österreichische Investor René Benko, das Ruder herumreißen. Auch eine Fusion mit dem Konkurrenten Kaufhof wird diskutiert. REUTERS
Die Luxus-Warenhäuser und der Karstadt-Sportfilialen sind bereits seit 2013 im Besitz des Tiroler Investors Benko. Dazu gehört auch das KaDeWe (Kaufhaus des Westens) in Berlin. Mit 60.000 Quadratmetern Verkaufsfläche ist es das größte deutsche und zugleich zweitgrößte europäische Warenhaus. Nur das Harrods in Londons Innenstadt ist größer. (c) imago/PEMAX (imago stock&people)
Auch das Oberpollinger in München gehört zu den Luxuskaufhäusern im Eigentum von Benko. Es ist mit 33.000 Quadratmeter das flächenmäßig größte Warenhaus in Süddeutschland. (c) imago stock&people (imago stock&people)
Das Alsterhaus wurde 1912 eröffnet. Es gehört seit 1994 zum Warenhaus-Konzern und mit dem Oberpollinger und dem KaDeWe zu den Premiumhäusern. Das Warenhaus liegt am Binnenalster in der Hamburger Innenstadt. Das Geschäft hat eine Verkaufsfläche von rund 24.000 Quadratmetern. APA/EPA/DANIEL REINHARDT
Der aus Deutschland stammende Alfred Abraham Gerngroß gründete am 26. September 1879 mit seinem älteren Bruder Hugo in Wien an der Mariahilfer Straße/Ecke Kirchengasse ein Stoffgeschäft. Daraus entstand das Gerngross, das von 1902 bis 1904 erbaut wurde. In den besten Zeiten hatte das Kaufhaus etwa 1600 Angestellte. 1979 wurde das Gebäude durch einen Großbrand fast vollständig zerstört. Nur ein Jahr später konnte der Neubau, von Architekt Georg Frankl geplant, eröffnet werden. APA/HERBERT NEUBAUER
Das Herzmansky war das älteste Warenhaus in Wien. Es wurde vom Kaufmann August Herzmansky 1863 gegründet. Das Warenhaus befand sich an der Mariahilfer Straße/Ecke Stiftgasse. 1997 wurde das Kaufhaus geschlossen, 1998 wurde dort die erste österreichische Filiale des deutschen Bekleidungskonzerns Peek & Cloppenburg eröffnet. APA
Auf dem Boden des heutigen Kaufhaus Steffl stand zuvor ein von Otto Wagner entworfenes Geschäft, das 1945 schwer beschädigt wurde und danach abgetragen werden musste. Der neu errichtete Neubau wird seit 1961 Kaufhaus Steffl genannt. In den Neunzigerjahren erfolgte eine komplette Renovierung. Auf neun Etagen wird im an der Kärntner Straße gelegenen Haus ein Premium-Sortiment aus verschiedensten Branchen angeboten. (c) Fabry
Einstige Konsumparadiese am Rückzug
Benko hatte die Karstadt-Warenhäuser vom bisherigen Eigentümer, dem Finanzinvestor Nicolas Berggruen, für nur einen Euro übernommen. Damit sind die gesamten Karstadt-Warenhäuser wieder unter einem Dach zusammengeführt. Bereits im Oktober vergangenen Jahres hatte Signa die drei Karstadt Premium-Häuser in Berlin, Hamburg und München sowie die Karstadt-Sportgeschäfte übernommen.
Berggruen: "Kein finanzieller Erfolg"
Der US-deutsche Investor Berggruen hat unterdessen Vorwürfe zurückgewiesen, der Kauf von Karstadt im Jahr 2010 sei für ihn ein gutes Geschäft gewesen. Er habe "weniger" als 40 Millionen Euro durch die Lizenzgebühren für die Namensrechte von Karstadt verdient, sagte Berggruen der "Süddeutschen Zeitung" vom Donnerstag. "Am Ende des Tages war Karstadt kein finanzieller Erfolg für mich."
Er habe Karstadt dem österreichischen Investor René Benko für einen Euro, "also für nichts" überlassen, statt den Konzern zu zerlegen und die wertvollen Teile an jemand anders zu verkaufen. Damit "hätte ich viel Geld verdienen können". Er habe aber nichts einzeln verkauft, "weil ich Karstadt als Ganzes erhalten wollte".
Berggruen gab zu, dass der Verkauf an Benkos Holding Signa schon vor längerem beschlossene Sache war. Er habe sich "schon vor einiger Zeit dafür entschieden, Karstadt komplett an Signa zu übergeben", sagte er der "Süddeutschen". Er habe einen Neuanfang für Karstadt gewollt.
Schließung von Filialen notwendig
Der Investor deutete an, dass die Schließung von Filialen nötig sei. "Kann es in Zukunft in fast allen deutschen Städten ein Warenhaus geben? Ich habe da inzwischen meine Zweifel", sagte er der Zeitung. Berggruen verteidigte sich gegen Kritik der Gewerkschaft Verdi. "Wenn der neue Eigentümer nun Restrukturierungen vornehmen sollte, wird Verdi vielleicht auch nicht glücklich sein." Die Gewerkschaften müssten überlegen, was gut für Karstadt sei: "Manchmal ist es bei einer Sanierung eben so: Am Anfang tut es weh, aber langfristig hilft es."
Der neue Eigentümer der maroden Kaufhauskette, René Benko, will angeblich in deren Sanierung investieren. Als Retter sieht er sich aber nicht. Schließungen stehen bevor.
Der neue Eigentümer Rene Benko soll kommende Woche die Kontrolle bei Karstadt übernehmen. Laut Medienberichten stehen mittelfristig 15 bis 20 Kaufhaus-Schließungen im Raum.
Der glücklose Karstadt-Retter Nicolas Berggruen überlässt der Signa-Holding des Tiroler Immobilieninvestors René Benko das Feld. Bedeutet das die Zerschlagung der Kaufhauskette?
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