Milch-Lieferboykott mit Ablaufdatum

(c) AP (Christof Stache)
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Deutsche Milchbauern erwarten erste Auswirkungen ihres Lieferstopps - in spätestens zwei Wochen müssen sie ihn aber ohnehin beenden. Sie erhalten ein wenig Unterstützung aus Tirol.

"Ich gehe davon aus, dass am Freitag 70 Prozent weniger Milch kommt", hatte der Vorsitzende des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter (BDM), Romuald Schaber am Donnerstag verkündet. Die "Gegenseite", der Milchindustrieverband (MIV), sieht es natürlich ganz anders. MIV-Sprecher Michael Brandl rechnete mit maximal 20 bis 30 Prozent an Liefereinbußen. Der Einzelhandel berichtete von gefüllten Regalen und bezeichnete Warnungen vor flächendeckenden Engpässen als "haarsträubende Panikmache".

Ausgang ein wenig offen

"Welche Folgen sich bei einer Fortsetzung beziehungsweise Ausdehnung des Streiks ergeben, ist nicht absehbar", hieß es allerdings in einer Mitteilung des MIV. Ein Ende des Boykotts ist noch nicht in Sicht. Allerdings kann er aus realwirtschaflichen Gründen nicht mehr allzulange dauern. Zehn bis 14 Tage könnten die Erzeuger locker durchhalten, sagte Schaber. Klaus-Peter Gushurst von der Unternehmensberatung Booz & Company meint, dass der Liefer-Boykott nahezu wirkungslos verpuffen wird. Denn viele Bauern hätten angesichts der Einnahmeausfällenicht die Kraft, ihren Kampf lange durchzuhalten.

Diese übersehbare Zeitspanne könnte die deutsche Milchindustrie aussitzen, wenn auch mit kleineren Produktions- und Umsatzeinbußen. Denn der deutsche Einzelhandel und die Molkereien haben noch gut gefüllte Milchlager und können außerdem auch auf Lieferanten außerhalb Deutschlands ausweichen. So hatte etwa die Milchindustrie schon am Mittwoch angekündigt, dass sie den Boykott problemlos über das Ausland ausgleichen könne.

Streik nicht ganz spurlos - Milchpreis steigt

"Wir können den Streik nicht 1:1 ausgleichen", sagte der Geschäftsführer eines Milchgroßhändlers, Uwe Kockerbeck. "Wir können nicht so viel Milch von außerhalb einführen wie wir momentan verlieren." Der Spotmarkt reagiere auf Knappheit sofort, sagte er. Der Preis für diese Milch sei binnen einer Woche von 28 auf rund 40 Cent gestiegen. Sollte dieses Preisniveau gehalten werden, hat der Boykott fast zum erwünschten Ziel geführt: Der BDM fordert einen Milchpreis von 43 Cent je Liter. derzeit werden je nach Region zwischen 27 und 35 Cent gezahlt.

Zurückhaltende Solidarität aus Tirol

Die Tiroler Landwirtschaftskammer und der Bauernbund zeigen sich ein wenig solidarisch mit ihren deutschen Kollegen. Sie fordern die Tiroler Bauern auf, keine zusätzliche Milch nach Deutschland zu liefern. In Österreich gibt es aber keinen Aufruf zum Boykott der inländischen Molkereien. (Ag./Red)

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