Amerika fürchtet den Ausverkauf des Landes

(c) AP (Alex Brandon)
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Nicht nur „Budweiser“ und Co., auch die US-Banken reizen ausländische Investoren.

St. Louis/Washington. John Cubb wird wohl Antialkoholiker werden müssen. „Wenn Budweiser nicht mehr uns gehört“, hatte er in der „Brick“-Bar in St. Louis (Missouri), wo die Brauerei Anheuser-Busch ihren Hauptsitz hat, im Brustton der Überzeugung gesagt, „dann trinke ich ein anderes Bier.“

Nur welches? Mit „Budweiser“ wechseln auch „Michelob“, „Rolling Rock“, „Busch“ und dutzende andere Biersorten in den Besitz der belgischen InBev. „Miller“, das zweitpopulärste Bier in den USA, ist schon lange nicht mehr amerikanisch: Eine südafrikanische Brauerei hatte „Miller Brewing“ 1999 übernommen. Und nicht einmal der harte Bourbon erfüllt Johns patriotischen Trinkansprüche: „Wild Turkey“ gehört Pernod Ricard mit Sitz in Frankreich.

Seit Anfang der Woche die Belgier den „King of Beer“ Budweiser um 52 Milliarden Dollar gekauft haben, ist in den USA eine heftige Diskussion ausgebrochen: „Werden wir ans Ausland ausverkauft? Sind wir nur noch Mieter in unserem eigenen Land?“, donnerte ein konservativer Radio-Moderator und ließ zwei Stunden lang empörte Anrufer über ausländische Investoren schimpfen.

Dollar auf Rekordtief

Der schwache Dollar, der diese Woche im Verhältnis zum Euro ein neues Rekordtief von 1,60 erreichte, macht den Ausverkauf in Amerika möglich. Was für Touristen derzeit günstige iPods, sind für Investoren amerikanische Firmen. Der beliebte Apple-MP3-Player ist um 38 Prozent billiger als in Österreich. Wohnungen in New York werden seit Monaten in erster Linie von Europäern gekauft.

Die angeschlagene US-Wirtschaft und die unter Druck geratene Währung machte Budweiser, für viele eine ur-amerikanische Ikone halten, für die Belgier zu einem Schnäppchen. Der Ärger mag deswegen so groß sein, weil erst vor Wochen eine zweite US-Ikone in ausländischen Besitz wanderte: Um 800 Mio. Dollar (504 Mio. Euro) kaufte das „Abu Dhabi Investment Council“ 75 Prozent des Chrysler-Buildings in New York City.

Laut einer Untersuchung haben Investoren aus Europa in den USA allein im zweiten Quartal 2008 mehr als 81 Milliarden Dollar für Übernahmen ausgegeben – so viel, wie seit acht Jahren nicht mehr. Der demokratische Präsidentschaftskandidat Barack Obama brachte sogar ein Gesetz gegen den Ausverkauf von US-Firmen ins Spiel: Er sei zwar gegen eine solche Idee, man müsse aber alles tun, um heimische Käufer zu finden.

Sorge um Banken und Baseball

„Was ist mit den Cubs“, fragte ein Kommentator in der „Chicago Tribune“, und meinte damit das beliebte lokale Baseball-Team. „Was, wenn ein Haufen reicher Belgier und Brasilianer kommt?“ Wenn es so weitergehe, werde man sich wohl mit dem Gedanken beschäftigen müssen, dass das traditionsreiche „Wrigley Field“ bald einem Ausländer gehört.

Um solche US-Institutionen macht sich Desmond Lachman weniger Sorgen. Der Wirtschaftsexperte beim Washingtoner Think-Tank „American Enterprise Institute“ sieht amerikanische Interessen vielmehr im Bankenbereich gefährdet. „Der wegen der Immobilienkrise angeschlagene Kapitalmarkt – beispielsweise Merrill Lynch oder die Citybank – braucht Investoren. Und sie werden sich Ausländer hereinholen.“

Damit gehe nicht nur Transparenz verloren, es bestehe auch die Gefahr, dass der ausländische Investor mit seiner Finanzmacht Politik in den USA betreibt. „Ich spreche hier nicht von der Deutschen Bank, sondern beispielsweise von einem Fonds aus Kuwait.“ In solchen Fällen werde die Regierung einschreiten und, wie zuletzt 2006, als eine Firma aus den Vereinigten Arabischen Emiraten wichtige US-Häfen übernehmen wollte, den Deal stoppen müssen.

„Zur Zeit hängt ein großes „For Sale“-Schild über den USA“, meint Lachman. „Mehr und mehr ausländische Investoren werden kommen. Wem das Bier gehört, wird unsere geringste Sorge sein.“

Auf einen blick

Nach der Übernahme der US-Brauerei Anheuser-Busch durch die belgische InBev, ist in eine Diskussion über den „Ausverkauf der USA“ entbrannt.
US-Experten fürchten nicht nur weitere Übernahmen im Konsumgüterbereich. Wirklich gefährdet sei das Finanzwesen, so ihr Urteil. Viele Banken bräuchten dringend frisches Kapital. Und das komme derzeit aus dem Ausland.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.07.2008)

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