Siemens: Hartes Ringen um Sozialplan

(c) AP (Diether Endlicher)
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Im Zuge des konzernweiten Abbaus von 17.000 Stellen sind in Österreich 500 Jobs betroffen. Die Verhandlungen über sozialverträgliche Maßnahmen laufen.

Wien/München (eid/DPA). Die Fakten liegen auf dem Tisch: Der Elektronik-Multi Siemens baut bis 2010 weltweit 16.750 Arbeitsplätze ab, um vor allem die Kosten in Vertrieb und Verwaltung um 1,2 Mrd. Euro zu senken. Österreich – „Perle“ der Auslandsgesellschaften und Steuerungszentrale für den Ost- und Südosteuropa-Cluster – ist von diesem Rationalisierungsprogramm mit 500 Jobs betroffen.

Das ist aber nicht alles: Insgesamt stehen bei Siemens Österreich im Zuge der konzernweiten Umstrukturierung gut 1100 von 13.000 Arbeitsplätzen zur Disposition. Zu den 500 in der Verwaltung kommen rund 100 in der Bahnsparte, die gestrichen werden müssen. Weitere 500 Beschäftigte arbeiten in jenen drei Mechanik-Werken in Wien, Linz und Siegendorf, die im Zuge der Konzentration auf die Kernkompetenzen Industrie/Infrastruktur, Energie und Gesundheit verkauft werden.

Während der Siemens-Gesamtbetriebsrat am Dienstag dem Maßnahmenpaket zur Abfederung der Stellenstreichungen zugestimmt hat, haben in Österreich die Gespräche zwischen Vorstand und Betriebsrat um den Abbau der 500 Verwaltungsstellen erst begonnen. Die zweite Verhandlungsrunde fand am Mittwoch statt. Zentralbetriebsrats-Chef Friedrich Hagl deponiert klar seine Forderung: „Ich will einen hochwertigen Sozialplan, schließlich haben die Leute ja hart gearbeitet und wesentlich dazu beigetragen, dass Siemens Österreich so gut dasteht“, sagt Hagl zur „Presse“. Der Sozialplan soll „Golden-Handshakes“ und Frühpensionierungen genauso umfassen wie Umschulungen und den Wechsel in andere Sparten. Hagl rechnet mit einem Abschluss Ende September.

Kosten belasten Bilanz

Über die Kosten kann und will Hagl nichts sagen – das sei Sache der Konzernspitze in München, „die haben ja das Programm aufgesetzt“. Laut „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ liegen die Gesamtkosten für das Maßnahmenpaket bei 800 Mio. Euro, die weitgehend noch im laufenden Geschäftsjahr 2007/08 (Ende September) in der Bilanz untergebracht werden sollen. Analysten schätzen die Belastung auf 500 bis 900 Mio. Euro. Zu den Eckpunkten der Vereinbarung auf Konzerneben zählen der Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen und eine auf bis zu zwei Jahre angelegte „Transfergesellschaft“. Mitarbeiter, die in diese Gesellschaft wechseln, erhalten 85 Prozent des letzten Bruttogehalts. Sie werden dort geschult, beraten und vermittelt.

Siemens-Personalvorstand Siegfried Russwurm (er ist Aufsichtsratschef von Siemens Österreich) zeigte sich erfreut über die rasche Einigung mit den Arbeitnehmervertretern, die ursprünglich mit einem Streik gedroht hatten. Nun könne mit der Umsetzung des „wirtschaftlich zwingend notwendigen Abbaus“ unmittelbar begonnen werden, sagte Russwurm.

Noch keine Verhandlungen gibt es für den Abbau jener 100 Mitarbeiter in den Werken Wien und Graz der Bahnsparte. Hier hofft Hagl, mittels natürlicher Fluktuation Kündigungen vermeiden zu können.

Zusätzliches Geschäft

Für die drei Mechanik-Werke soll ein Käufer gefunden werden. Derzeit ist Siemens-Österreich-Vorstand Reinhard Pinzer mit der Sichtung der Interessenten befasst. Auch hier ist Hagls Wunsch klar: „Ich will einen Partner, der zusätzliches Geschäft bringt und die Arbeitsplätze erhält.“

Auf einen Blick

Der Zentralbetriebsrat von Siemens hat dem Sozialpaket für den weltweiten Abbau von 17.000 Stellen zugestimmt. In Österreich wird noch heftig um einen Sozialplan für die betroffenen 500 Beschäftigten gerungen. Betriebsratschef Friedrich Hagl fordert „Golden-Handshakes“ und Frühpensionierungen. In der Bahnsparte sollen 100 Mitarbeiter durch natürliche Fluktuation gehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.08.2008)

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