Finanzkrise: Kommt Gesetz gegen Spekulanten?

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Ein neues Gesetz soll die umstrittenen Leerverkäufe in Österreich verbieten. Dabei setzen Spekulanten auf fallende Aktien-Kurse. Auch die EU plant Maßnahmen.

WIEN/BRÜSSEL. Auch in Österreich werde man bald ein Gesetz gegen die umstrittenen Leerverkäufe haben, sagte Notenbank-Gouverneur Ewald Nowotny am Mittwochabend bei einem Vortrag. Finanzmarktaufsicht (FMA) und Notenbank haben einen dementsprechenden Gesetzesentwurf ausgearbeitet und auch schon an das Parlament übermittelt. Novotny rechnete sogar damit, dass das Gesetz noch am Mittwochabend vom Nationalrat beschlossen wird. Bis zu diesem Zeitpunkt wussten Parlamentsbeobachter noch nichts von einem derartigen Antrag. Allerdings gestaltete sich die letzte Nationalratssitzung vor der Wahl aufgrund zahlreicher Abänderungsanträge äußerst unübersichtlich.

In den USA, Großbritannien und in Deutschland ist diese Spielart der Finanzspekulation mittlerweile verboten worden. Und auch SP-Chef Werner Faymann erklärte, dass er in Österreich ähnliche gesetzliche Regelungen wünsche. Dem Ruf des SP-Kanzlerkandidaten wurde von FMA und Notenbank offenbar umgehend Folge geleistet.

Beim „Short Selling" setzt der Spekulant darauf, dass Kurse einer Aktie in der nächsten Zeit fallen. Also borgt er sich die Aktien gegen eine Gebühr aus - und verkauft sie. Fällt der Preis der Aktie, macht der Händler einen Gewinn, weil er sie ja später billiger an der Börse kaufen kann, um sie zurückzugeben.

Auch EU sucht nach Mittel

Nächste Woche will auch die EU-Kommission offenbar unter dem Druck der 27 Mitgliedstaaten sowie des EU-Parlaments eine Richtlinie vorschlagen, mit der man eine schärfere Linie im Kampf gegen die Finanzkrise verfolgt: Die Basel-II-Richtlinie für Kreditwürdigkeit soll neu präsentiert werden, die EU-Staaten müssen dem Vorschlag für die Novelle noch zustimmen.

Wie unter Insidern verlautet, soll es nach dem Wunsch der Kommission künftig nicht mehr so leicht sein, dass Banken an andere Banken Großkredite vergeben. Solche Großveranlagungen sollen auf 25 Prozent der Eigenmittel der Bank beschränkt bleiben, wie die „Presse" erfuhr.

Federführend für die Änderungen verantwortlich ist Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy. Vor allem das EU-Parlament drängt ihn zum Handeln. Sonst würde Europa bald „ganz die Hosen ausziehen", so drückte es der SPÖ-Abgeordnete Harald Ettl aus.

Mit dem Vorschlag ziele die Kommission darauf ab, „zu verhindern, dass der Virus der Immobilienkrise durch die ganze Welt getragen wird", berichtet ein Insider. „Es besteht die Angst vor einem schnelleren Dominoeffekt, wenn die Banken zu viel zusammenarbeiten", erklärt er. Banken sollten mehrere Partner wählen, um das Risiko zu streuen. Für Österreich hieße das etwa, die Sparkassen dürften nicht mehr im bisherigen Umfang mit der Erste Bank zusammenarbeiten, Raiffeisen nicht mit den (unabhängigen) Raiffeisen-Landesbanken.

Auf einen Blick

■ Die EU-Kommission wird nächste Woche ihre Pläne zur Verhinderung einer Wiederholung der Finanzkrise vorstellen. Ihr Kern: Banken sollen ihr Risiko stärker streuen müssen, also „nicht alle Eier in einen Korb legen“.

■ In Österreich soll durch ein neues Gesetz eine Handhabe gegen umstrittene Finanzgeschäfte (Leerverkäufe) geschaffen werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.09.2008)

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