Isländische Kaupthing-Bank unter Staatsaufsicht

Islands Regierung garantiert nur die heimischen Einlagen. Über die Stellung ausländischer Kunden herrscht Unklarheit.

Kopenhagen.In Island ist nun der gesamte Bankensektor unter staatlicher Kontrolle. Am Donnerstag übernahm die Finanzaufsicht auch die Leitung der größten Bank Kaupthing, nachdem in den Tagen davor die beiden anderen großen Finanzinstitute Glitnir und Landsbanki verstaatlicht worden waren. Während die Regierung in Reykjavik versichert, dass die heimischen Einlagen voll garantiert seien, besteht Unklarheit über die Stellung der ausländischen Kunden der Internetbank Kaupthing Edge, die mit Hochzinsenangeboten in elf Ländern Guthaben von rund fünf Milliarden Euro angehäuft hat.

Die deutsche Filiale teilte nur mit, dass der Zugriff auf die Onlinekonten zur Zeit nicht möglich sei, und dass man „schnellstmöglich“ für weitere Informationen sorgen werde. Zuvor hatte es geheißen, dass alle Einlagen bis zu der in der EU geltenden Grenze von 20.887Euro durch die isländische Einlagensicherung gedeckt seien. Als Mitglied des Europäischen Wirtschaftsraums EWR unterliegt Island den gleichen Regeln wie die EU-Staaten.

In Großbritannien und Finnland waren Kaupthing-Töchter von der Finanzaufsicht geschlossen worden, um die Bank zu hindern, Guthaben auszuführen. Den schwedischen Kunden teilte Kaupthing Edge mit, dass man die Konten abwickeln und alle Guthaben auszahlen werde. Dort hatte die Zentralbank Kaupthing noch am Vortag einen Kredit von rund 500 Millionen Euro gewährt, der zur Sicherung der schwedischen Einlagen zweckgebunden war.

„Opfer einer Kettenreaktion“

Die Staatsübernahme Kaupthings sei notwendig gewesen, um einen Fortbestand zu sichern, teilte die Finanzaufsicht mit. Die Bank selbst habe um diesen Schritt gebeten. Auch ein Kredit von einer halben Milliarde Euro, den Kaupthing am Dienstag von der Zentralbank erhalten hatte, konnte die Bank nicht retten, die sich als Opfer einer Kettenreaktion sieht, da die Pleite der anderen Banken jegliches Vertrauen in Islands Finanzsektor zerstört habe.

Nun stehen die ausländischen Aktivitäten der isländischen Banken zum Verkauf, und in Island selbst soll aus den Ruinen ein neuer Finanzsektor von wesentlich bescheidenerer Dimension aufgebaut werden. „Es ist klar, dass unser Bankwesen im Vergleich zu unserer Nationalökonomie zu groß war“, räumte Ministerpräsident Geir Haarde ein. Die Schulden der isländischen Großbanken sind rund achtmal so groß wie das Bruttosozialprodukt des Inselstaats, was Haarde vor einem drohenden Staatsbankrott warnen ließ.

Braucht Island Hilfe des IWF?

Der Premier wollte am Donnerstag nicht ausschließen, dass man gezwungen sein werde, den Internationalen Währungsfonds um Beistand zu bitten. Eine IWF-Delegation hält sich in Island auf, doch man habe „noch nicht“ über ein Hilfspaket gesprochen. Am Dienstag sollen in Moskau Verhandlungen über einen Kredit über vier Milliarden Euro durch die russische Zentralbank beginnen.

Die Börse in Reykjavik setzte am Donnerstag allen Handel mit Wertpapieren bis Montag aus. Die Zentralbank musste nach nur einem Tag den Versuch aufgeben, durch einen Fixkurs den Verfall der Landeswährung zu stoppen. Der angepeilte Kurs von 131 Kronen für einen Euro war unrealistisch, und Valutareserven von knapp drei Milliarden Dollar reichen nicht, um dem Druck auf die Krone zu widerstehen. Die Krone stürzte zunächst um nochmals 25 Prozent ab, notierte in Reykjavik aber mit 144 Kronen pro Euro wieder etwas härter. Die Europäische Zentralbank gab den Kurs am Mittwoch mit 265 Kronen und am Donnerstag mit 305 Kronen an. Zu Jahresbeginn lag der EZB-Kurs für den Euro noch bei 90 Kronen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.10.2008)

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