Staat gibt bald mehr Geld für Zinsen aus als für Soziales

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Das Bankenpaket treibt die Staatsschulden in die Höhe. Denn dieses Geld muss der Bund zuerst am Kapitalmarkt aufnehmen.

Wien (jaz). 7,6 Mrd. Euro zahlt Österreich heuer für die Zinsen der Staatsschulden. Dieser Betrag ist inzwischen annähernd so groß wie die Sozialausgaben aus dem Budget (Notstandshilfe, Kindergeld, Pflegegeld, Arbeitslosengeld und Familienbeihilfe) mit in Summe 8,9 Mrd. Euro. „Schon bald werden die Zinszahlungen jedoch über den Sozialausgaben liegen“, meinte Bernhard Felderer, Präsident des Staatsschuldenausschusses, am Mittwoch anlässlich seines halbjährlichen Berichts über die heimische Staatsverschuldung.

Weniger Geld rein, mehr raus


Denn die Staatsverschuldung wird in den nächsten Jahren wieder kräftig anwachsen. Grund dafür ist einerseits der kommende Konjunkturabschwung, der weniger Steuereinnahmen in die Staatskassen spült, und andererseits die zusätzlichen Ausgaben des Staats, um diesem Konjunkturabschwung entgegenzuwirken. Zusätzlich erhöht das Bankenhilfspaket – durch das den heimischen Banken Eigenkapital im Ausmaß von 15 Mrd. Euro zugeschossen wird – den Schuldenberg massiv. Denn dieses Geld muss der Bund zuerst am Kapitalmarkt aufnehmen.


Der Schuldenberg des Staats wird daher bereits heuer wieder über die Maastricht-Grenze von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen. Erst im Vorjahr sank sie erstmals unter 60 Prozent ab. Ohne Bankenpaket würde die Staatsverschuldung heuer noch bei 58 Prozent des BIP liegen. Welchen konkreten Einfluss das Bankenpaket auf das jährliche Budget hat, ist noch nicht klar. Der Staat muss für die 15 Mrd. Euro zwar rund vier Prozent pro Jahr zahlen, erhält aber von den Banken auch Zinsen dafür – die mit über neun Prozent deutlich höher liegen. „Wenn die Garantien von bis zu 100 Mrd. Euro nicht schlagend werden, dann könnte der Staat sogar ein Geschäft machen“, sagt Felderer.


Klar ist jedoch, dass das Budgetdefizit in den nächsten Jahren wieder deutlich ansteigen wird. So rechnet Felderer für 2009 mit einem Budgetdefizit von 2,7 und 2010 sogar mit bis zu 3,5 Prozent des BIP. Der wirtschaftliche Tiefpunkt werde jedoch schon 2009 erreicht sein. 2010 sollte sich die Wirtschaft bereits wieder erholen, 2011 erwartet Felderer ein „normales Jahr“.


Das von der Bundesregierung für 2011 avisierte Budgetdefizit von 2,8 Prozent sei daher „sehr hoch“. Auch in den Folgejahren sollte der Weg Richtung Nulldefizit schneller vonstattengehen. „Wir sind für eine antizyklische Politik. Daher sind in der jetzigen Situation höhere Staatsausgaben auch legitim. Wir müssen bei besserer Konjunkturlage dann aber zu einem Nulldefizit und Überschüssen kommen“, so Felderer.

„Brauchen Strukturreformen“


Angesichts der Budgetzahlen der Regierung für die Jahre nach 2011 scheint die Gefahr groß zu sein, dass sich die Entwicklung der Jahre zwischen 2002 und 2008 wiederholt. So wurde auch 2007 – laut Felderer ein Jahr mit einem Wachstum, „wie wir es selten erlebt haben“ – ein Budgetdefizit geschrieben. Überschüsse wurden für die Jahre ab 2010 geplant. Dieser Plan ist allerdings nun durch den Konjunktureinbruch endgültig zunichtegemacht worden. Sollte die Politik Überschüsse erneut erst in zehn Jahren planen, sei das keine gute Idee, meint Felderer. „Bis 2020 wird es sicher wieder einen Konjunktureinbruch geben.“


Felderer fordert daher „längst notwendige“ Strukturreformen und Augenmaß bei neuen Konjunkturpaketen. „Wenn man viel Geld in die Hand nimmt, bedeutet das nicht automatisch, dass die Arbeitslosigkeit sinkt. Das sollte jedes Mal gut überlegt sein.“

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