Österreichs Banken und die Steueroasen

(c) AP (John Moore)
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Laut einer Statistik sind Österreichs Institute mit 15,9 Mrd. Dollar in Steueroasen engagiert.

Wien. Eine Reise von Wien nach Georgetown, der Hauptstadt der Cayman Islands, ist ein aufwendiges Unterfangen. Wegen Zwischenstopps in Washington und Miami sollte man dafür mindestens 34 Stunden einplanen. Das hindert aber die eine oder andere Bank nicht daran, sich aus steuerlichen oder anderen Gründen auf der Karibikinsel niederzulassen. Laut dem jüngsten Bericht der in Basel ansässigen Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) sind Österreichs Banken mit 5,8 Mrd. Dollar auf den Cayman Islands engagiert – so viel wie in keinem anderen Offshore-Zentrum. Danach folgen Jersey, Hongkong, Singapur und die Westindischen Inseln. Laut BIZ-Angaben macht das Offshore-Engagement der heimischen Banken exakt 15,9 Mrd. Dollar aus. Welches Institut in welcher Oase aktiv ist, darüber macht BIZ aber keine Angaben.

Dennoch sorgt die Causa für heftige Diskussionen. Mehrere Organisationen – wie die Arbeiterkammer oder die Globalisierungsgegner von Attac – fordern, dass nur jene Banken das staatliche Hilfspaket zur Bewältigung der Finanzkrise in Anspruch nehmen dürfen, die sich komplett aus Steueroasen zurückziehen. Das Finanzministerium sieht dafür keinen Anlass. „Es ist sicherzustellen, dass die Steuerzahler nicht möglicherweise Banken retten, die munter Gewinne oder faule Papiere in Steueroasen verschieben dürfen und sich dort Steuervorteile verschaffen“, sagt Christian Felber, Mitbegründer von Attac Österreich.

Diskussionen um Attac-Liste

Um die Diskussion anzuheizen, legt Felber eine Liste jener Banken vor, die in Offshore-Regionen Geschäfte machen. Demnach unterhalten die Raiffeisenbanken Niederlassungen in Jersey, Liechtenstein, Malta und Singapur. Auch Erste Bank, Bawag und Volksbanken zieht es an Orte, wo die Steuersätze niedrig sind.

Einzig die Bank Austria, die lange Zeit zu den führenden Instituten auf den Cayman Islands gehörte, soll sich laut Attac zurückgezogen haben. Sie soll im Vorjahr ihre dortigen Assets an die Konzernmutter UniCredit übertragen haben, deren Geschäftsvolumen auf der Karibikinsel seitdem auf zwei Milliarden Dollar gestiegen ist. Die Homepage www.baoffshore.com sei deswegen gelöscht worden.

Laut Attac-Berechnungen entgehen dem österreichischen Staat durch die steueroptimierenden Aktivitäten der heimischen Banken jährlich bis zu zwei Milliarden Dollar. „Diese Zahl können wir nicht nachvollziehen“, kontert ein Sprecher des Finanzministeriums. Und auch die Banken weisen die Kritik zurück: „Wir haben zuletzt 295 Mio. Euro an Steuern vom Einkommen und Ertrag bezahlt“, meint ein RZB-Sprecher. Außerdem beschäftige man rund 70.000 Mitarbeiter, für die zusätzlich zahlreiche Lohnnebenkosten abgeführt werden. „Die RZB ist nicht mit operativen Einheiten in Steueroasen tätig“, versichert der Sprecher. Denn Malta sei in der EU und in Jersey werde lediglich ein kleines Vertriebsbüro für Fonds unterhalten. Und die Filiale in Singapur diene dazu, um in Südostasien Geschäfte zu machen.

Die Bank Austria versichert, sämtliche Aktivitäten auf den Cayman Islands geschlossen zu haben. „Auch UniCredit ist dort nicht mehr vertreten“, heißt es.

Ein anderer Banksprecher meint, dass so gut wie alle auf der Attac-Liste genannten Länder (mit Ausnahme von Liechtenstein) ein Informationsabkommen mit der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) geschlossen haben und daher nicht mehr wirklich als Steueroasen einzustufen sind.

Brisant ist die Causa freilich aus einem anderen Grund: In vielen Offshore-Zentren unterhalten die Finanzhäuser „außerbilanzielle Zweckgesellschaften“. Weil Banken für Kredite bestimmte Eigenmittel vorlegen müssen, haben sie riskante Portfolioteile in spezielle Finanzierungsvehikel ausgelagert. Nach Ausbrechen der Finanzkrise tauchten gerade bei deutschen Banken deswegen neue Milliardenrisken auf, die vorher in keiner Bilanz aufgeschienen waren.

Die Finanzmarktaufsicht (FMA) will bei den Gesprächen um die Bankenhilfspakete dieses Thema ausdrücklich ansprechen. Laut FMA-Vorstand Helmut Ettl haben auch Österreichs Banken mit der Auslagerung von Kreditpositionen in Zweckgesellschaften „Eigenmittelschonung“ betrieben. Ettl: „Da geht es um einige Milliarden.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.01.2009)

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