Kongress: Trübe Stimmung in Davos

Auf dem Weltwirtschaftsforum geht die Angst vor Protektionismus um.

Davos (ag). Auch am zweiten Tag des diesjährigen Weltwirtschaftsforums in Davos blieb die Stimmung unter den versammelten Eliten aus Wirtschaft und Politik so trübe wie das Wetter draußen.

Doch während der Graubündner Wetterbericht für nächste Woche wieder Sonne verspricht, muss die globale Konjunktur weit länger warten. Wie lange, darauf will Großinvestor George Soros gar nicht mehr antworten: „Solche Fragen sind für mich lange nicht mehr relevant.“ Und Medienmogul Rupert Murdoch orakelt düster: „Die Krise wird noch schlimmer.“ Etwas bedingt Positives kann nur Ex-UNO-Generalsekretär Kofi Annan der Situation abgewinnen: „Wir leben in schwierigen und aufregenden Zeiten.“

Die USA als Sündenbock

In den Reden und Workshops hagelt es Schuldzuweisungen für die „schlimmste Krise seit der Großen Depression von 1929“, mit der Wladimir Putin in seiner Eröffnungsrede die Lage verglich. Prügel bekommen vor allem die die USA ab. Ihr „blindes Profitstreben“ verurteilte erst Putin und gleich darauf, mit denselben Worten, Chinas Premier Wen Jiabao. Auch er sieht die Wurzel der Krise in den „nicht nachhaltigen Wachstumsmodellen einiger Länder“, in denen viel konsumiert, aber wenig gespart werde – auch hier waren die USA der implizite Adressant.

Vielleicht in Vorahnung dieser Attacken hatte der neue US-Präsident Barack Obama nur Delegierte aus der zweiten Reihe seines Beraterstabs entsandt. Vor einem Jahr noch hatte die damalige Außenministerin Condoleezza Rice auf die „grundlegende Stabilität der US-Wirtschaft und ihre wolkenlosen Aussichten“ verwiesen – woran Putin in seiner Rede genüsslich erinnerte.

Wie immer diplomatischer formulierte EZB-Präsident Jean-Claude Trichet seine Kritik. Aber auch er mahnte „tief greifende Reformen“ der Finanzmärkte ein: „Jeder kann sehen, dass das gegenwärtige System zu zerbrechlich ist.“ Es müsse widerstandsfähiger werden, und das „ohne jede Berücksichtigung irgendwelcher wohlerworbener Rechte.“

Viele Teilnehmer in Davos fürchten eine Rückkehr zu staatlichem Protektionismus und geschlossenen Märkten. Das, so der Tenor, sei keine Lösung, sondern würde die Krise nur verlängern.

Während Putin und Wen ein allgemeines Loblied auf freie Märkte anstimmten, wurde Indiens Wirtschaftsminister Kamal Nath konkret: Es gäbe immer mehr Zeichen für protektionistische Handelshemmnisse, auch vonseiten der EU. Und er drohte mit Gegenmaßnahmen Indiens, wenn sich daran nichts ändere – nicht ohne hinzuzufügen: „Das wäre für niemanden gut.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.01.2009)

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