Milchkartell: Und was bekommt der Konsument?

Frische Milch wird in ein Glas geleert
Frische Milch wird in ein Glas geleertErwin Wodicka - BilderBox.com
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Billa, Merkur, Spar erhielten Millionenstrafen für Preisabsprachen. Auch wir als Kunden wollten eine Entschädigung.

Hans Jörg Schelling darf sich freuen. Ein Urteil gegen ein Lebensmittelkartell hier, eines dort – bringt auch ein paar Millionen Euro ins Budget. Diese Woche wurde Spar (noch nicht rechtskräftig) zu drei Millionen Euro Strafe verurteilt, weil es Preisabsprachen bei Molkereiprodukten gegeben hat. Rewe (Billa, Merkur) hat deshalb (und wegen anderer Vorwürfe) bereits 20,8 Millionen Euro bezahlt, Berglandmilch (unter anderem Latella) 1,1 Millionen Euro und Emmi (unter anderem Caffe Latte) 210.000 Euro.

Schön für den Finanzminister. Aber was hat der Konsument davon, der ja jahrelang zu viel für Molkereiprodukte bezahlt hat? Wir haben als Kunden bei Spar, Billa, Merkur, Berglandmilch und Emmi nachgefragt, welche Entschädigung man für die Absprachen erwarten darf.
"Entschädigung? Nein, da gibt es nichts", erklärt ein Mitarbeiter beim Kundentelefon von Merkur. Der „Vorfall“ sei ja eigentlich schon verjährt. Außerdem hätten die Absprachen ja nicht zu höheren, sondern teilweise zu niedrigeren Preisen für den Kunden geführt. Einen Tipp gibt es noch: Man möge auf die hauseigenen Clever-Produkte zurückgreifen, das sei auch die Konkurrenz nicht billiger.

Während man bei Merkur immerhin – sagen wir interessante – Erklärungen bekommt, erhält man beim zweiten Rewe-Unternehmen gar keine. Billa setzt offenbar auf Zermürbungstaktik. Auf die Frage nach einer Wiedergutmachung für die überhöhten Preise werden wir in eine Telefon-Warteschleife gelegt. Nach 10:25 Minuten Dudelmusik kapitulieren wir und legen auf.

Eine Pressesprecherin des Rewe-Konzerns erklärt später, dass man Kunden nichts angeboten habe, weil bei den Absprachen niemand zu Schaden gekommen sei. Naja, aus reiner Gutmütigkeit wird man die 20,8 Millionen Euro Strafe wohl auch nicht bezahlt haben. Aber sei's drum.
Bei Emmi ist man sich keinerlei Schuld bewusst und ist deshalb ob der Anfrage eher irritiert. Bei Spar nimmt man, ebenso wie bei Berglandmilch, das Kundenanliegen mit Interesse zur Kenntnis und verspricht, sich bald zu melden. Wir warten noch immer ...

Wie würde man als Unternehmen in so einem Fall richtig reagieren? Josef Redl von der Krisen-PR-Agentur Gaisberg empfiehlt die drei R ("regret, react, reinform") und nennt als positives Beispiel die Reaktion der Bank Austria auf den Absturz der IT vor zwei Jahren. Die Bank bot damals allen Kunden einen 30-Euro-Gutschein an, den man auch in eine Spende umwandeln konnte. „Gerade in der Weihnachtszeit könnte ein Lebensmittelkonzern mit dieser Krise noch positive Stimmung machen, wenn er verärgerten Kunden, die sich die Mühe machen und anrufen, eine Spende für eine wohltätige Organisation anbietet“, meint Redl.
Also: Die Telefonnummer für Billa und Merkur lautet 02236-600-0 (geduldig sein), Spar erreicht man unter 0810-111-555.

E-Mails an: norbert.rief@diepresse.com

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