Industriellenvereinigung: "Umverteilung hat Grenze erreicht"

Christoph Neumayer
Christoph Neumayer(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Zwei Monate vor Präsentation der Steuerreform steckt auch die Industriellenvereinigung ihre Position mit Zahlen ab. Vermögende zahlen demnach bereits genug Steuer.

Wien. Morgen in zwei Monaten – am 17.März 2015 – will die Regierung ihr seit Langem angekündigtes Konzept für die Steuerreform öffentlich präsentieren. Kein Wunder also, dass im Vorfeld verschiedenste Interessenvertreter ihre Positionen noch einmal öffentlich in Erinnerung rufen und dies dabei wenn möglich gleich auch mit Zahlen unterstreichen wollen. Am Donnerstag war dabei die Industriellenvereinigung (IV) an der Reihe. Sie präsentierte ihre Studie „Reichtum, Armut & Umverteilung – Fakten und Mythen“.

„Ich möchte betonen, dass wir nicht gegen Umverteilung sind“, sagt IV-Generalsekretär Christoph Neumayer. Es seien allerdings die „Grenzen der Umverteilung bereits erreicht“. Eine weitere steuerliche Belastung Vermögender lehne die IV daher ab. Diese Sichtweise soll mit der Studie untermauert werden, für die Zahlen von Eurostat, Statistik Austria und Wirtschaftsforschungsinstituten wie dem IHS zusammengetragen wurden. Und diese Zahlen zeigen auch sehr deutlich, dass es in Österreich bereits eine starke Umverteilung von oben nach unten gibt.

So zahlen die obersten zehn Prozent in der Einkommenspyramide nicht nur knapp 60Prozent des gesamten Aufkommens der Lohn- und Einkommensteuer, auch ihre relative Belastung ist deutlich höher als bei Gruppen mit niedrigeren Einkommen (siehe Grafik), was aufgrund der Progression auch logisch ist. Bei diesem Bild der konstant ansteigenden relativen Steuerbelastung bleibt es aber auch, wenn die Sozialversicherungsabgaben und die Mehrwertsteuer zugerechnet werden. Mit einer Ausnahme: Im untersten Dezil fällt die Gesamt-Steuerbelastung aufgrund der Mehrwertsteuer fast so hoch aus wie im obersten.

Werden die Transfers in die Rechnung einbezogen, ergibt sich laut den vom Wifo stammenden Zahlen das Bild, dass die untersten vier Dezile Nettotransferbezieher, das fünfte nahezu ausgeglichen und die oberen fünf Dezile Nettotransferzahler sind (siehe Grafik).

(c) Die Presse

Einkommen ist nicht gleich Vermögen

Mit diesen Zahlen argumentiert die IV unter anderem die Ablehnung von vermögensbezogenen Steuern wie der Wiedereinführung einer Erbschaftssteuer. Allerdings vermischt sie dabei – wie so oft in dieser Diskussion – Vermögen mit Einkommen. Denn zur Vermögenssituation kann die Studie keine Zahlen, sondern nur Argumente liefern, weshalb die Vermögensverteilung nicht so ungleich sei, wie von der Nationalbank in ihrer per Umfrage erstellten Studie beziffert, wonach die obersten zehn Prozent der Haushalte 63Prozent des Nettovermögens besitzen.

Laut IV sind es nämlich zwei Faktoren, die zu dieser höheren Ungleichheit als in anderen Ländern führen. Erstens gebe es hierzulande mehr Mieter und weniger Wohnungseigentümer, zweitens müssten die staatlichen Pensionsanwartschaften, die anderswo privat angespart werden, zum Privatvermögen hinzugezählt werden. Konkrete Zahlen können für diese beiden Argumente allerdings nicht vorgelegt werden.

Sollte es im Rahmen einer Reform jedoch zuerst einmal Ausgabensenkungen beim Staat und in weiterer Folge eine echte Entlastung auch der höheren Einkommen geben, „könnte man über vermögensbezogene Steuern reden“, so Neumayer. Eine Präferenz lässt er dabei für die Grundsteuer durchblicken. „Wir haben aber ein gewachsenes und sehr veränderungsresistentes System. In der Realität wird es das daher nicht geben.“ (jaz)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.01.2015)

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