Österreichs Bauern gehen die Abnehmer im Osten aus

A piglet with the mother sow
A piglet with the mother sowErwin Wodicka - BilderBox.com
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Nicht nur Russland kaufte im Vorjahr kaum Lebensmittel aus Österreich. Auch der Rest Osteuropas war als Käufer so unwichtig wie zuletzt 2007.

Russen essen ihr Fleisch gern ein wenig fetter. Österreichs Schweinebauern trugen dem Rechnung und ließen beim Zuschnitt des Exportfleischs für Russland entsprechend viel Fett dran. Das Problem: Seit sich Putin und die EU im Vorjahr aufgrund der Krim-Krise gegenseitig mit Sanktionen und Einfuhrverboten belegt haben, können die heimischen Bauern ihre Schweine nicht mehr nach Russland liefern. Bei Fleisch, Obst und Milchprodukten sanken die Exporte in Richtung Moskau seit Beginn der politischen Sanktionen im Sommer um 50 bis 90 Prozent. Geschätzter Schaden: 40 Millionen Euro. Das fette Schweinefleisch, das für den russischen Markt bestimmt war, musste als Billigangebot in den Supermärkten verschleudert werden.

An eine rasche Öffnung des russischen Markts glaubt derzeit kaum jemand. Darum schwören die heimischen Agrarfunktionäre die Landwirte ein, sich rasch neue Kunden zu suchen. Und Russlands Agrarminister, Nikolai Fjodorow, droht offen, dass der Absatzmarkt für europäische Lebensmittel auf Dauer verloren sein könnte. Schon in wenigen Jahren könnten Drittländer oder russische Produzenten selbst den Platz der bisherigen Zulieferer aus der EU eingenommen haben, ließ er seine Kollegen kürzlich wissen.


Kein Geld in Osteuropa. Österreichs Landwirte müssen deshalb keineswegs in Panik verfallen. In Summe spielt Russland für sie eine untergeordnete Rolle. Nur drei Prozent der heimischen Agrarexporte landen in Putins Reich.

Dennoch gestaltet sich die Suche nach Ersatz für das verlorene Russland-Geschäft alles andere als einfach. Denn auch die meisten Nachbarländer im Osten haben im Vorjahr als Abnehmer ausgelassen. In wichtigen Export-Ländern wie Ungarn, Tschechien und Slowenien setzte es drastische Rückgänge von bis zu fünf Prozent, weil den Menschen dort wegen der Wirtschaftskrise das Geld für österreichische Lebensmittel ausgeht.

Lässt man die zwei wichtigsten Absatzmärkte Deutschland und Italien außer Acht, waren die neuen osteuropäischen EU-Mitgliedsländer für Österreichs Bauern zwar auch im Vorjahr wichtiger als die übrigen „alten“ EU-Mitglieder im Westen. Doch Ausfuhren im Wert von 1,69 Milliarden Euro in Richtung EU-Osten reichten 2014 nur noch für einen Anteil von 17,3 Prozent an den Gesamtexporten der Branche. Damit liegt der Wert so niedrig wie zuletzt 2007. In allen Krisenjahren dazwischen waren die Länder Mittelosteuropas für Österreichs Bauern bedeutender als im Vorjahr.


Polen so wichtig wie Russland. Es gibt freilich auch hier erfreuliche Ausreißer. Kroatien und die Slowakei kauften etwa um zehn bis zwölf Prozent mehr österreichische Lebensmittel ein als 2013. Polen ist mit einem Plus von 14,5 Prozent bereits genauso wichtig wie Russland. Die fetten russischen Schweinestücke spielten hier allerdings keine Rolle. Polen kaufen aus Österreich Kaffee, Tee und Tiere. Diese aber lieber unversehrt und lebend.

veranstaltungshinweis

Wirtschaft Wissenschaft Unplugged ist eine Kooperation von „Presse“, Erste Group und Wirtschaftsuniversität Wien.

Am 16.Februar diskutieren Martin Winner, Vorstand des WU-Departments für Unternehmensrecht, Arbeits- und Sozialrecht, und Siegfried Wolf, Vorsitzender des Aufsichtsrats von Russian Machines OJSC, über das Thema: „Das Geschäft mit dem Osten– Perspektiven für den Standort Europa“. Die Veranstaltung wird von „Presse“-Chefredakteur Rainer Nowak moderiert. diepresse.com/unplugged

In Zahlen

9,7Milliarden Euro
haben Österreichs Bauern im Vorjahr mit dem Export ihrer Produkte erzielt.

1,7Milliarden Euro
davon steuerten die neuen EU-Mitgliedsländer im Osten bei.

40Millionen Euro
ist der geschätzte Schaden seit Beginn der politischen Sanktionen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.02.2015)

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