Xerox-Chefin: „Papierloses Büro bleibt Fantasie“

Sandra Kolleth
Sandra Kolleth(c) Clemens Fabry - Die Presse
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Xerox-Österreich-Chefin Sandra Kolleth über das papierlose Büro, das Drucken als Generationenproblem und die Frage, was Druckaufträge mit Verkehrsstaus gemein haben.

Die Presse: Wir reden seit Jahrzehnten vom papierlosen Büro, in der Realität sind wir weit davon entfernt. Das müsste eine Firma wie Xerox eigentlich freuen.

Sandra Kolleth: Wir leben in beiden Welten. Wir sind nicht mehr nur eine reine Drucker- und Kopiererfirma, wir bieten auch Produkte und Dienstleistungen im papierlosen Bereich an. Unsere Scan- und Dokumentenmanagementlösungen nennen wir aber nicht paperless, sondern less paper.

Werden wir also nie papierlos sein?

Das papierlose Büro war eine Fantasie aus den 1970er-Jahren. Wir glauben nicht, dass es in nächster Zeit Realität wird. Es wird in vielen Bereichen möglich sein, den Ausstoß von Papier deutlich zu reduzieren, aber das völlig papierlose Büro wird noch lang eine Fantasie bleiben.

Wie viel wird denn heute ausgedruckt, wird es überhaupt weniger?

Sehr moderat. In Europa geht die Zahl der Ausdrucke um etwa drei Prozent pro Jahr zurück. Weltweit werden jedes Jahr etwa drei Billionen Blatt A4-Papier ausgedruckt.

Das sind viele Bäume.

Ja, und das ist auch ein Thema, das wir mit unseren Kunden diskutieren. Es steht und fällt mit dem einzelnen Nutzer, er muss die Schritte setzen, wenn man das Papier reduzieren will. Die Umwelt ist dabei ein wichtiges Thema, um das Verhalten zu ändern. Wir haben zum Beispiel ein Tool, das dem Nutzer spielerisch sagt, wie er intelligenter ausdrucken kann: doppelseitig etwa, nur als Entwurf oder es sagt ihm, dass er das Dokument schon gedruckt hat. Aber das ist eines der großen Probleme: Es ist heute zu einfach, etwas auszudrucken. Früher hatte man ein Original, das man ablegen und auf das man aufpassen musste. Heute ist alles im Computer, und wenn ich es brauche, drucke ich es einfach wieder aus.

Ist das Drucken eine Generationenfrage?

Zum Teil. Teilweise geht es auch um die Funktionalität. Wenn man etwa Notizen machen will, etwas unterschreiben muss, es lesen will – für viele ist es angenehmer, etwas in der Hand zu halten, als es auf dem Bildschirm zu lesen. Man muss den Menschen die digitalen Tools geben, um den Umgang mit dem Dokument auf dem Bildschirm möglichst nahe an den Umgang mit einem ausgedruckten Dokument heranzubringen.

Wie schwer tut sich eine Firma wie Xerox, die als Kopierer- und Druckerfirma groß geworden ist, mit diesem Wandel?

Das ist eine große Veränderung. Wir können aber viel von unserer Forschungsarbeit für Drucker für die digitalen Bereiche verwenden. Wir entwickeln zum Beispiel Anzeigentafeln für „kluge Städte“, auf denen man die Verkehrsströme managen kann. Das Know-how dahinter kommt aus dem Management von Druckerdaten. Auf ähnliche Weise, wie wir diese in einem Büro kontrollieren, können wir auch die Verkehrsströme in Städten kontrollieren. Oder im Gesundheitsbereich: Eines unserer Systeme ermittelt kontaktlos Körperdaten – Blutdruck, Puls. Die Kameratechnologie, die dahintersteckt, haben wir aus der Farbsensorik von Druckern.

Apropos: Xerox war technologisch ja weit voraus. Das legendäre Labor in Palo Alto hat die grafische Computeroberfläche entwickelt, aber nicht gewusst, was man damit machen soll, bis es Apple kopiert hat. Eigentlich könnte Xerox heute Apple sein.

Ja. Aber man hat sich damals sehr stark auf das Kerngeschäft fokussiert, man war damit sehr erfolgreich, es gab nicht die Notwendigkeit, weitere Segmente zu entwickeln. So etwas kann immer wieder passieren: In guter Forschung und Entwicklung sollte immer so viel herauskommen, dass man nicht alles selbst machen kann. Wie man das dann vermarktet und weiterverkauft – da haben wir mittlerweile dazugelernt.

Noch einmal zum digitalen Dokument: In Zeiten, in denen alles gehackt wird, Daten gestohlen werden und verloren gehen, werden sich viele Menschen mit einem Ausdruck sicher wohler fühlen.

Das sind alles technische Fragen, die auch mit entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen technisch zu lösen sind. Aber es steht und fällt mit dem User und seiner Akzeptanz von digitalisierten Dokumenten.

Ein anderes Problem ist, wenn das Dokument bei der Verarbeitung verfälscht wird. Xerox ist das passiert mit einem Fehler in einem Schrifterkennungsprogramm, das Zahlen falsch erkannt hat.

Es hat nicht nur uns betroffen, weil es ein Softwareproblem war. Wichtig war, dass man das Problem schnell gelöst hat. Der Fehler kam nur in dem umgewandelten Dokument vor, es gab immer noch das Bild vom Original. Wenn man einen Kaffeefleck auf ein Originaldokument macht, passiert es auch, dass man Buchstaben nicht mehr lesen kann.

Was drucken Sie eigentlich noch aus?

Ich drucke nichts mehr, was ich unterschreiben muss. Das mache ich digital. Auch bei den elektronischen Notizen bin ich besser geworden. Was ich weiter ausdrucke, sind lange Texte, weil ich sie lieber auf Papier lese.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.02.2015)

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