Wien: Billigkette Motel One setzt Hotellerie unter Druck

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Die deutsche Motel-One-Kette, bekannt für ihre Kombination von Design und Billigpreisen, eröffnete in Wien Hotel Nummer drei.

Wien. Es war bereits Motel One Nummer drei, das am Donnerstag in Wien in prominenter Lage gleich neben der Staatsoper mit einer 400-Zimmer-Bettenburg seine Pforten öffnete. Nummer vier folgt Mitte 2015 am Hauptbahnhof und sorgt bereits jetzt bei der Wiener Hotellerie für einige Nervosität.

Denn es ist ein Konzept, das den Spagat zwischen hochwertigem Interieur und schlanker Kostenstruktur perfektioniert hat. So bietet Motel One in seinen standardisierten Zimmern eine reduzierte Einrichtung, die mit modernem Design punktet, verzichtet aber etwa auf Services wie ein Telefon am Zimmer oder die Minibar. Auch Room-Service gibt es keinen. Das spart Personal und ermöglicht so günstige Zimmerpreise (ab 69 Euro). Die bleiben konstant und schwanken nicht je nach Nachfrage – auch das unterscheidet Motel One vom Mitbewerb.

All das macht die deutsche Hotelkette, die im Jahr 2007 in Kooperation mit der Verkehrsbüro Group (Austria Trend Hotels, Ruefa) den Schritt nach Österreich gewagt hat und mittlerweile neben bald vier Hotels in Wien auch zwei in Salzburg führt, zu einer ernst zu nehmenden Konkurrenz für die ansässige Hotellerie. Und das, obwohl Motel One „auf die Sterne-Kategorisierung pfeift“, wie Verkehrsbüro-Group-Chef Harald Nograsek es ausdrückt. Mit dem neuen Standort direkt neben der Staatsoper positioniert sich Motel One nun ganz frech im Dunstkreis der noblen Ring-Hotellerie.

„Damit fischen sie definitiv im Vier- und sogar im Fünfsternbereich“, meint Michaela Reitterer, Präsidentin der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV) und Inhaberin des Wiener Boutiquehotels Stadthalle. Reitterer blickt mit einiger Sorge auch auf den bevorstehenden Eröffnungsboom am Wiener Hauptbahnhof. Denn nicht ein weiteres Luxushotel wie das Park Hyatt sei die Herausforderung für die Branche, sondern günstige Bettenburgen, die die Zimmerpreise weiter drücken – gut für den Gast, schlecht für die Profitabilität der Hotels.

Diesen Druck spürt just auch die an Motel One Österreich mit 49 Prozent beteiligte Verkehrsbüro Group. „Sie hat genau die Fehler gemacht, unter denen Hotels heute leiden“, sagt Motel-One-Chef Dieter Müller über seinen Joint-Venture-Partner. Mit den 29 Austria Trend Hotels schreibt der Touristikkonzern seit 2013 rote Zahlen. Jetzt versucht die Hotelgruppe sich nach längst fälligen Renovierungen an einer Schärfung der Marke – und trennt das Angebot in die Kategorien Premium, Comfort und Smart (letztere erinnert stark an Motel One). Punkten will man mit Extras wie einem Biofrühstück. Verkehrsbüro-Group-Chef Nograsek rechnet 2016 mit einer Wende zum Positiven: „Bis dahin hat der Markt auch das neue Angebot am Wiener Hauptbahnhof verdaut.“ Die Rentabilität will Nograsek dann durch höhere Zimmerpreise steigern.

Expansionshunger nicht gestillt

„Niemand will mehr für etwas bezahlen, das er nicht nutzt“, sagt Motel-One-Chef Müller. Jedes Hotel brauche heute seine eigene Nische, und nicht ein möglichst breites Angebot für alle Bedürfnisse. Derzeit führt die rasch expandierende Kette 54 Hotels, etliche sind in der Pipeline. Den Umsatz konnte Motel One 2014 mit 256 Mio. Euro um 25 Prozent steigern.

Außerhalb Deutschlands und Österreichs ist Motel One derzeit auch zweimal in Großbritannien, in Prag und Brüssel vertreten. Die Kette fokussiert auf Städte mit über einer Million Nächtigungen im Jahr und siedelt sich bevorzugt in bester Innenstadtlage an. Der Expansionshunger in Wien und Salzburg sei vorerst gestillt, sagt Müller. In Linz, Graz und Innsbruck schaue man sich derzeit aber aktiv um.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.02.2015)

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