Causa Alijew: Gab es Druck auf OMV?

(c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
  • Drucken

Der Staatsanwaltschaft liegt ein E-Mail an OMV-Chef Roiss vor. Roiss sollte sich 2011 für die Strafverfolgung Alijews starkmachen, sonst drohe der OMV wirtschaftliche Unbill aus Kasachstan.

Wien. Adressiert ist das E-Mail an OMV-Generaldirektor Gerhard Roiss, datiert mit 27. Juni 2011 und unterzeichnet mit dem Namen des Wiener Rechtsanwalts Gabriel Lansky. In der Tonalität ist es einigermaßen alarmierend: Eine weitere Brüskierung der Republik Kasachstan durch „quasi demonstrative Untätigkeit der österreichischen Justizbehörden wäre sowohl international als auch von kasachischer Seite nicht nachvollziehbar und auch rechtsstaatlich mehr als problematisch“, heißt es da.

Gemeint ist die Causa Alijew: Kurz zuvor hatte die österreichische Justiz dessen Auslieferung nach Kasachstan abgelehnt. Intention des Mails: Nun müsse Österreich die Strafverfolgung übernehmen, sonst würden drastische Folgen drohen: „Nach uns derzeit vorliegenden Informationen steht sogar zu befürchten, dass in den nächsten zwei Tagen eine dramatische Eskalation insofern eintreten könnte, als die Republik Kasachstan nicht nur erwägt, den bilateralen Botschafter aus Österreich abzuziehen, sondern die diplomatischen Beziehungen zu Österreich gänzlich abzubrechen und auch andere Staaten zu einer solidarischen Haltung gegenüber Österreich zu bewegen“, heißt es in dem Schreiben. Schlusssatz: „Ich bitte Sie daher dazu beizutragen, dass weiterer Schaden von der Republik abgewendet werden kann.“

Von Alijew vorgelegt

Kasachstan ist Öllieferant für die OMV, diese ist auch über ihre Tochter Petrom dort engagiert. Welche „politischen und wirtschaftlichen Implikationen“ der Fall Alijew habe, wird in dem Mail ebenfalls geschildert. Eine der Kernaussagen: Das wirtschaftliche Potenzial Kasachstans sei von besonderem Interesse für die österreichische Wirtschaft – Kasachstan dagegen sei „auf Österreich definitiv nicht angewiesen“.

Anfang Februar 2015 wurde dieses Mail, das der „Presse“ vorliegt, von Rachat Alijew der Staatsanwaltschaft Wien übermittelt. Vergangenen Dienstag wurde Alijew tot in seiner Zelle aufgefunden. Er saß wegen Mordverdachts in U-Haft. Ihm wurde vorgeworfen, am Mord an zwei kasachischen Bankern beteiligt gewesen zu sein.
Alijew war aber auch Privatbeteiligter im sogenannten Spionage-Ermittlungsverfahren, das gegen Lansky und weitere Personen läuft. Lansky vertritt über den Opferverein Tagdyr die Hinterbliebenen der mutmaßlichen Mordopfer. Bei den Ermittlungen gegen Lansky geht es um den Vorwurf nachrichtendienstlicher Tätigkeit für den kasachischen Geheimdienst. Alle Beschuldigten – für die die Unschuldsvermutung gilt – bestreiten die Vorwürfe vehement.

Laut den der Staatsanwaltschaft vorgelegten Unterlagen hat eine Mitarbeiterin aus Lanskys Kanzlei in dessen Auftrag das Mail an Roiss verschickt. Erweist es sich als authentisch, würde das belegen, dass auf österreichische Manager Druck gemacht wurde. Roiss sagte auf Anfrage der „Presse“, er könne sich an das Schreiben nicht erinnern und schließe zumindest für sich persönlich aus, darauf reagiert zu haben.

„Müssen Mail erst prüfen“

Auch in Lanskys Kanzlei könne man zu dem Mail ad hoc nichts sagen, hieß es auf „Presse“-Anfrage. Man müsse es erst prüfen. Nachsatz: Vonseiten Alijews seien im Verfahren auch schon gefälschte Unterlagen vorgelegt worden. Betont wird außerdem, das Mandat der Kanzlei betreffe ausschließlich die Aufklärung der Morde und die Verfolgung der Ansprüche der Opfer – nicht auch Lobbying für Kasachstan.

Sehr wohl aber sehe man sich dazu berufen, „Informationen über das Verfahren“ zu verbreiten, betonte man in der Anwaltskanzlei. Mit einer diesbezüglichen Kampagne wurde die Agentur Mhoch3 beauftragt. Alijew fühlte sich durch anonyme Postings in Internetforen vorverurteilt. Lansky sagte bereits Anfang Dezember zu diesen Vorwürfen, man prüfe, ob Mhoch3 gegen Usancen der Branche verstoßen habe. Gegenüber der „Presse“ hieß es dazu gestern aus seiner Kanzlei, Mhoch3 habe in einer schriftlichen Stellungnahme klargestellt, dass Lanskys Kanzlei keine Verantwortung für die Postings und eventuelle Verletzungen der Unschuldsvermutung treffe.

Um einen behaupteten Versuch, die OMV in der Causa Alijew für kasachische Interessen zu gewinnen, gab es schon einmal Aufregung: Im September des Jahres 2010 kursierte ein Schreiben, das angeblich von der kasachischen Botschaft in Wien an den kasachischen Außenminister gerichtet war und in dem es um einen Besuch einer Delegation der OMV in Kasachstan ging. Und in dem ersucht wurde, dass auf die Delegation politischer Druck bezüglich Alijews Auslieferung ausgeübt werden solle. Die kasachische Botschaft reagierte damals prompt: Das Schreiben sei eine Fälschung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.02.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Österreich

Energie: Wie wichtig Kasachstan für die OMV ist

Das rohstoffreiche Land ist immer noch Österreichs wichtigster Öllieferant. Doch die große Euphorie ist längst vorbei. Der niedrige Ölpreis treibt Kasachstan zunehmend in die Enge. Auch die heimische OMV musste dort zuletzt über hundert Millionen Euro abschreiben.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.