Wieviel Fläche verträgt der österreichische Einzelhandel?

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In Salzburg hat die Landespolitik den Bau von großen neuen Verkaufsflächen gestoppt. Ein Einzelhandelsexperte sieht darin einen richtigen Schritt und warnt vor Handelsruinen.

Ganze 25 Kilometer und eine Landesgrenze trennt laut Routenplaner das niederösterreichische Hainburg und Parndorf im Burgenland. In beiden Orten ist am Donnerstag dieser Woche jeweils ein neues Fachmarktzentren eröffnet worden. Die beiden Geschäftsansiedelungen entsprechen mit einer Gesamtfläche von annähernd 20.000 Quadratmeter einem durchschnittlichen Einkaufszentrum. Damit wird Österreich seinem Ruf als Europameister bei Verkaufsflächen wieder einmal gerecht. Denn hierzulande verfüge man bereits über zwei bis drei Mal mehr Verkaufsfläche als im EU-Schnitt, sagte Einzelhandelsforscher Roland Murauer.

Bei einer Diskussionsveranstaltung, bei dem der vorübergehende Stopp für große neue Verkaufsflächen im Einzelhandel in Salzburg im Fokus stand, warnte Murauer vor Einkaufszentren-Ruinen und zerstörten Ortskernen.

Immobilienentwickler als Treiber

Murauer, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens CIMA, wird eigenen Angaben zufolge immer wieder um "Fünf nach Zwölf" von Kommunen geholt, wenn deren Ortskerne bereits kaum noch wiederzubeleben seien. Er sieht eine bedenkliche Entwicklung: "In Leonding steht ein Einkaufszentrum mit 45.000 Quadratmetern leer, in Altheim in Oberösterreich ein Fachmarktzentrum mit 4000 Quadratmetern", nannte er nur zwei Beispiele. Dennoch würden weiterhin laufend neue Verkaufsflächen entstehen.

"Der Handel selber wird nicht mehr weiter expandieren, weil die Kaufkraft ausgeschöpft ist. Nur die Immobilienbranche profitiert", sagte Murauer und stimmt Filmemacherin Ulli Gladik zu, die "die großen Mengen Geld,die für diese Investionen verhanden sind" für diese Entwicklung veranrtwortlich macht. Sie hat für ihre Dokumentation "Global Shopping Village" den europäischen markt untersucht.

Online kostet stationärem Handel Flächen

Murauer untermauerte die aktuellen Entwicklungen mit Zahlen: Im gesamten Bundesland Salzburg stünden pro Einwohner bereits 1,94 Quadratmeter Verkaufsfläche zur Verfügung, im Ballungsraum um die Landeshauptstadt sogar 2,8 Quadratmeter. Salzburg befinde sich damit österreichweit nicht an der Spitze, habe aber zwei bis drei Mal mehr Verkaufsfläche als der EU-Schnitt. "Die Verkaufsflächen-Problematik wird sich noch verschärfen", warnte der Berater, und zwar nicht nur durch weitere Neubauten: "Der Online-Handel wird 15 bis 20 Prozent der Flächen kosten." Weitere Ruinen seien daher zu befürchten.

Stets wird das Arbeitsplatzargument in die Diskussionen um neue Handelsflächen ins Spiel gebracht. Dieses widerlegte Gladik anhand des Beispiels des Einkaufszentrums "Arena" im steirischen Fohnsdorf und den umliegenden Gemeinden. Nach dem Startboom im Fachmarktzentrum seien innerhalb weniger Jahre aber in den Zentren der Nachbargemeinden - etwa in Judenburg oder Zeltweg - mehr Arbeitsplätze verschwunden.

Politik gefordert

Für den Einzelhandelsforscher Murauer kann der Ausweg nur "qualitative statt quantitative Entwicklung" heißen, weil die Kaufkraft nur einmal verteilt werden könne. Ähnlich sieht es die Salzburger Raumordnungsreferentin LHStv. Astrid Rössler (Grüne), die für ihren vorübergehenden Stopp für weitere Einkaufszentren von einzelnen Seiten auch scharf kritisiert wird. Sie will den Konsens in der Raumordnungspolitik - vor allem mit den Gemeinden - über die das Ziel "Eindämmung der Zersiedelung" erreichen. Rössler träumt von Siedlungsräumen mit Fußläufigkeit, von "lebbaren, schönen Orten, wo ich beim Bäcker oder im Schreibwarengeschäft einkaufen kann, mit familiengeführten Unternehmen und persönlicher Begegnung".

(APA)

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