Papier gegen Biomasse: Der Kampf ums Holz eskaliert

(c) Clemens Fabry
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Aus Angst vor Holzknappheit greift die Papierindustrie zu allen Mitteln: Sie wollte der Biomasse-Konkurrenz den Baugrund wegkaufen.

Wien. Für die Gläubiger des im Vorjahr in Konkurs geschlitterten Villacher Unternehmers Hans Griesser war gestern, Dienstag, ein ausgesprochen guter Tag. Denn an diesem Tag wurde ein 3200 Quadratmeter großes Grundstück im Norden Klagenfurts versteigert. Schätzwert laut Masseverwalter: 323.000 Euro. Verkauft wurde das Stück Land für 1,55 Mio. Euro. Grund für die Verfünffachung war ein Bieterstreit zwischen dem Papierkonzern Mondi und der RZ-Gruppe, die auf diesem Grund ein umstrittenes Biomasse-Kraftwerk bauen will.

Begonnen hatte das Ganze bereits vor einem Monat. Am 3. März wurde von der Gläubigerversammlung des Griesser-Konkurses erstmals über das Grundstück beraten. Bis dahin liegt das Höchstgebot bei im Rückblick bescheidenen 340.000 Euro. Geboten von der RZ-Gruppe. Plötzlich taucht ein neuer Bieter auf. Eine in Wien beheimatete Handels-GmbH namens Sulbit – eine Tochter des Papierkonzerns Mondi.

Mondi will Fakten schaffen

Der südafrikanische Konzern läuft seit Jahren Sturm gegen das Biomasseprojekt. Unwirtschaftlich sei es und ökologisch nicht nachhaltig. Vor allem aber würde es – gestützt durch massive Ökostrom-Förderungen – die Konkurrenz um den begehrten Rohstoff Holz erhöhen. Worte alleine genügen Mondi-Chef und OMV-Aufsichtsratschef in spe Peter Oswald nicht mehr. Er will Fakten schaffen. Sulbit soll der RZ-Gruppe das Grundstück wegkaufen – eine für einen Industriekonzern ungewöhnliche Entscheidung.

Am 3. März wird der Verkauf des Grundstückes von der Gläubigerversammlung aber noch einmal vertagt. Es soll geprüft werden, ob Masseverwalter Johann Jalovetz die Option zieht, die RZ-Gruppe in den „Baurechtsvertrag“ einsteigen zu lassen. Sulbit reagiert darauf einige Tage später mit einem lukrativen Angebot: 1,2 Mio. Euro sei man bereit, für das Grundstück zu bezahlen, wenn die Option nicht gezogen werde. Gestern, am 31. März, soll die Entscheidung fallen. In einer öffentlichen Tagsatzung treffen die Gegner aufeinander. In 50.000-Euro-Schritten steigern sie sich nach oben.

Bis bei 1,5 Mio. Euro das Pouvoir des Mondi-Vertreters endet. Die RZ-Gruppe erhielt für 1,55 Mio. Euro den Zuschlag für 3200 Quadratmeter Klagenfurter Wiese. „Natürlich tut es weh, dass wir so viel Geld bezahlen mussten“, sagt Dietmar Riegler, Chef der RZ-Gruppe, zur „Presse“. „Es wäre noch vertretbar, wenn Mondi ein Projekt geplant hätte. Aber die sagen ja offen, dass sie nur so hoch bieten, um unser Projekt zu verhindern.“

„Unser Projekt“, das sind jene zwei Biomassewerke, die ab heuer die Wärmeversorgung von Klagenfurt sichern sollen. Jene zwei Kraftwerke, die seit Monaten nicht nur die Papierkonzerne, sondern auch Politiker, Anwälte und Gerichte beschäftigen. Seit den Betreibern im Sommer ein Bescheid um die Ohren flog, ist das Projekt in Schwebe.

Entsprechend schwer gestaltet sich auch die Finanzierung der 94 Millionen Euro teuren Kraftwerke. Da hilft es auch nicht, dass die RZ-Gruppe der Heta noch etliche Millionen schuldet und eben ein Sägewerk schließen und Holz verkaufen musste, um die Liquidität zu stärken. Mit dem teuren Zukauf (und einer Genehmigung in Sicht) sieht Riegler aber endlich Licht am Horizont. Auch ein Investor sei schon an der Angel. „Fonds“, sagt er. Viel konkreter wird es nicht. Der Kärntner weiß: Durchhalten könnte sich auszahlen. Dafür sorgen Österreichs Stromkunden. Sobald RZ Pellets die Kraftwerke bauen darf, rieseln hunderte Millionen Euro an Ökostrom-Förderung in die Kassen des Unternehmers. Rund 250 Millionen Euro in 15 Jahren könnten es sein, so erste Schätzungen. Die Wärmeversorgung für Klagenfurt wäre dann nur ein Nebenprodukt.

20 Prozent teureres Holz

Genau das will Mondi auch nach verlorenem Bieterverfahren mit aller Kraft verhindern. „Mondi handelte in der Bietersitzung auch im Interesse anderer Unternehmen, die sich ebenfalls gegen das falsche energiewirtschaftliche Konzept des Klagenfurter Biomasse-Kraftwerkes aussprechen.“ Das bestätigt auch Alfred Heinzel, Papierindustrieller und Präsident des Branchenverbands Austropapier: „Wir hätten uns die Kosten geteilt, wenn es den Zuschlag gegeben hätte.“ Neben Mondi (Frantschach) sei nämlich vor allem sein Unternehmen (Pöls) und Sappi (Gratkorn) von dem Klagenfurter Kraftwerk betroffen. „Wir haben ja nichts gegen hohe Holzpreise. Aber wir haben etwas dagegen, wenn mittels Ökostromtarifen diese Preise getrieben werden.“ Schon heute sei das Holz hierzulande um bis zu 20 Prozent teurer als in anderen europäischen Ländern. „Wir werden daher weiter alles daran setzen, um das Kraftwerk zu verhindern“, so Heinzel.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.04.2015)

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