ATX-Chefs: Mehr Lohn, weniger Profit

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Im Vorjahr sind die Gewinne der führenden Unternehmen an der Wiener Börse um durchschnittlich 42 Prozent gesunken, trotzdem erhielten die Firmenchefs höhere Gagen.

Wien. Die Situation ist paradox: Im Vorjahr sind in Österreich die durchschnittlichen Gewinne der größten börsenotierten Unternehmen (ATX-Firmen) um knapp 42 Prozent zurückgegangen. Gleichzeitig stiegen die Gehälter der Chefs dieser Firmen um durchschnittlich 4,7 Prozent auf 1,6 Millionen Euro. Denn die rückläufige erfolgsabhängige Vergütung wurde durch eine Erhöhung der fixen Gehaltsbestandteile kompensiert. So stiegen die fixen Anteile um durchschnittlich 14 Prozent.

Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung der deutschen Unternehmensberatung HKP-Group, die am Dienstag veröffentlicht wurde. Die Studienautoren üben Kritik an der österreichischen Praxis. Das Prinzip der erfolgsabhängigen Bezahlung sei „ganz offensichtlich noch nicht konsequent in den Vergütungssystemen von ATX-Vorständen verankert“, sagt Studienautor Björn Hinderlich.

OMV-Chef ist Spitzenreiter

Auch Michael Kramarsch von der HKP-Group zeigt sich über die österreichischen Vorgänge überrascht: „Wer in guten Jahren zu Recht erfolgsbedingt höhere Vergütungen für sich reklamiert, der muss auch in schlechten Jahren damit leben, dass Vergütungen sinken.“ Wenn aber genau in schlechten Jahren breitflächig die fixen Gehaltsbestandteile steigen, sei das laut Kramarsch den Aktionären und der Öffentlichkeit „zu Recht nicht mehr vermittelbar“.

Verantwortlich sind die Aufsichtsräte, die über die Vorstandsgagen entscheiden. Bereits zuvor hat die Arbeiterkammer die Chefgehälter der österreichischen ATX-Firmen als zu hoch kritisiert. Laut einer Arbeiterkammer-Untersuchung erhalte ein ATX-Vorstand das 47-Fache eines Durchschnittsverdieners.

Ganz oben bei den Gagen lag im Vorjahr OMV-Chef Gerhard Roiss mit 2,69 Millionen Euro, auf Platz zwei schaffte es Andritz-Boss Wolfgang Leitner mit 2,649 Millionen Euro. Dann folgten Voestalpine-Chef Wolfgang Eder (2,46 Millionen Euro) und Immofinanz-Chef Eduard Zehetner (2,17 Millionen Euro). Unten im Ranking lagen CA-Immo-Chef Bruno Ettenauer (700.000 Euro) und die beiden Chefs des Wiener Flughafens (mit jeweils 450.000 Euro).

Wilhelm Rasinger, Präsident des österreichischen Interessenverbands für Kleinanleger, hält die Untersuchung der HKP-Group für einen „Schnellschuss“. Denn man dürfe nicht alle ATX-Unternehmen über einen Kamm scheren. Der durchschnittliche Gewinneinbruch von 42 Prozent klinge zwar dramatisch, doch das habe unter anderem mit Sonderfaktoren bei den Banken zu tun. So habe allein die Erste Group nach Abschreibungen in Osteuropa einen Verlust von 1,44 Milliarden Euro erwirtschaftet. Auch die Raiffeisen Bank International verbuchte 2014 ein Minus von 493 Millionen Euro, nach einem Gewinn von 557 Millionen Euro im Jahr zuvor. Die Telekom Austria ist 2014 ebenfalls in die Verlustzone gerutscht.

Die ATX-Unternehmen seien nur ein kleiner Ausschnitt der österreichischen Wirtschaft, heißt es beim Wirtschaftsforum der Führungskräfte (WdF). Schließlich beschäftigen die ATX-Unternehmen, anders als die meisten Firmen, tausende Mitarbeiter und erwirtschaften Umsätze von mehreren Milliarden Euro. Das WdF hat am Dienstag eine eigene Studie über Managergehälter veröffentlicht. Dazu wurden 513 der 3000 WdF-Mitglieder befragt.

Herausgekommen ist, dass Österreichs Führungskräfte (wie Vorstände und Geschäftsführer) 2014 im Durchschnitt 194.200 Euro brutto verdient haben. Das entspricht einem Plus von vier Prozent im Vergleich zum Jahr zuvor. Das genaue Gehalt hängt klarerweise von der Unternehmensgröße ab.

In Firmen mit einem Umsatz von unter fünf Millionen Euro verdienten die Führungskräfte durchschnittlich 135.500 Euro brutto. In Konzernen mit einem Umsatz von über 500 Millionen Euro lagen die Jahresgagen bei durchschnittlich 313.400 Euro brutto.

Im Gegensatz zur Arbeiterkammer ist Karl Javurek, Bundesvorsitzender des WdF, der Ansicht, dass Österreichs Manager „fair“ bezahlt werden. Und anders als bei den ATX-Konzernen kam bei der Befragung des WdF heraus, dass die durchschnittlichen erfolgsabhängigen Gehaltsbestandteile bei den österreichischen Führungskräften zuletzt von 59 Prozent auf 62 Prozent gestiegen sind.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.04.2015)

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