Air Berlin wertet Niki auf

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Die Österreich-Tochter soll aufgrund der besseren Kostenstruktur mehr Flüge übernehmen. Sie könnte bis zu zehn Flugzeuge dazubekommen.

Wien. Ein neuer Chef, ein neues Sanierungskonzept – und nur eine einzige Chance, das Steuer bei der schwer angeschlagenen deutschen Fluglinie Air Berlin herumzureißen. „Wir haben nur einen Schuss“, sagte der neue Airline-Chef Stefan Pichler am Montagabend bei einem Besuch in Wien. Was das heißt? „Wenn wir heuer unser Ziel, das Ergebnis um rund 300 Mio. Euro zu verbessern, verfehlen, dann haben wir ein Problem.“ Denn der arabische Großaktionär Etihad hat ganz klar gemacht, dass er zu den bisher investierten 800 Mio. Euro keinen weiteren Cent geben werde.

Die Ausgangslage ist jedenfalls beinhart: Air Berlin hat im Vorjahr mit 377 Mio. Euro den höchsten Verlust ihrer Geschichte eingeflogen. Das Eigenkapital war mit 415 Mio. Euro negativ, der operative Cashflow betrug minus 260 Mio. Euro. Dennoch ist der gebürtige Münchner, der von sich sagt, er sei kein Controller-Typ, sondern ein „kreativer Manager“, zuversichtlich: 2016 will er ein positives Betriebsergebnis schaffen. Vorerst freut er sich aber auch über kleine Gewinne: Der Streik der deutschen Eisenbahner bringt der Air Berlin täglich rund 200.000 Euro an Mehreinnahmen.

Kostenstruktur von Niki als Asset

Pichlers auf mehreren Säulen ruhendes Konzept bedeutet nicht nur, dass er die ganze Airline – vom Management über die Netzwerkplanung bis zum Preismanagement und dem Buchungssystem – umgekrempelt. Wobei nicht er allein das Rad neu erfindet, sondern alle 180 Führungskräfte gefordert sind, an den Stellschrauben zu drehen. Pichler wertet vor allem die österreichische Tochter Niki massiv auf. „Niki hat eine wesentlich bessere Kostenstruktur, die Stückkosten liegen um 13 bis 15 Prozent unter der Air Berlin. Sie soll daher künftig mehr Flüge übernehmen.“ Die einst von Niki Lauda gegründete Airline könnte bis zu zehn Flugzeuge dazu bekommen.

Für das neue Niki-Führungsduo Thomas Suritsch und Christina Hackl sind das gute Aussichten. „Solange Niki so niedrige Kosten hat, hat sie als autonome Firma eine gute Zukunft“, sagt Pichler. Vorerst denkt er an touristische Ziele in Europa, etwa in Griechenland. „Die Air Berlin-Gruppe hat im touristischen Verkehr aus Deutschland, Österreich und der Schweiz einen Marktanteil von 65 Prozent – den wollen wir ausbauen.“

Allerdings muss die Übernahme von Flügen durch Niki nicht nur mit dem Air-Berlin-Personal abgestimmt werden. Eine Vereinbarung sieht auch vor, dass Niki derzeit nur bis zu 30 Prozent des Nachbarschaftsverkehrs (mit Deutschland) fliegen darf.

"Zu viele Tickets zu billig verkauft"

Über mögliche Fehler oder Versäumnisse seiner Vorgänger möchte Pichler nicht sprechen – sehr wohl aber nennt er das größte Problem der zweitgrößten deutschen Airline: „Es wurden zu viele Tickets zu billig verkauft.“ Deshalb seien die Durchschnittserlöse jährlich um rund acht Prozent verfehlt worden. Pichler führt deshalb ein neues System zur Kalkulation der Ticketpreise ein: Für Nachfragespitzen sollen mehr – teurere – Tickets zur Verfügung stehen. Dazu kommt das neue, modulares Buchungssystem, das ab Dienstag gültig ist: Aufbauend auf dem günstigsten Tarif JustFly (ohne Gepäck) können Passagiere in vier Stufen Leistungen und Service dazu buchen.

Darüber hinaus wird die Netzwerkplanung umgekrempelt. Bis Juli soll feststehen, welche Strecken mit wie vielen Flugzeugen bedient werden. Erst wenn das feststehe, will Pichler über Personalmaßnahmen sprechen. Derzeit hat die Air Berlin in Summe 8500 Mitarbeiter. Durch die Reduktion der Kapazitäten um sieben Flieger gebe es schon 200 Piloten zuviel. Ihnen würden Jobs bei Kooperationspartnern angeboten – und sie könnten auch bei Niki zum Einsatz kommen – „wenn sie das niedrigere Gehaltsniveau akzeptieren“.

(eid)

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