Do it yourself: Österreichisches Brot aus dem Internet

Georg Hochleitner
Georg Hochleitner(c) Panemeo
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Dem großen Bäckersterben wollte sich der Salzburger Bäckermeister Georg Hochleitner nicht kampflos ergeben. Nun schickt er sein Brot bis Berlin. Die Zutaten mixen die Kunden selbst, im Internet.

Wie ein Wilder habe er gekämpft, erzählt Bäckermeister Georg Hochleitner. Seit sogar die Diskonter frisch backen statt bloß trockene Semmeln im Zehnersackerl verkaufen, kommen den kleinen Bäckern die Kunden abhanden. In den Städten leben sie von Snacks, am Land sperren viele zu.

Mit den riesigen Mengen und der billigen Produktion der Großbäckereien und Supermärkte kann Hochleitner mit drei Filialen und 20 Mitarbeitern im Salzburger Lungau nicht mithalten.

Nun probiert er genau das Gegenteil: Jedes Brot wird individuell nach dem eigenen Rezept des Kunden gebacken. Gemixt und bestellt wird im Internet, das Brot bringt der Paketdienst. Die Idee ist nicht neu. Müsli, Schokolade, Tee oder Marmelade, das alles kann man bereits online mischen und bestellen. „Ausgegangen ist alles von den Jungs von Mymuesli“, sagt Hochleitner.

„Die Jungs“, das sind drei Passauer Jungunternehmer, die sich irgendwann im Jahr 2005 gefragt haben, warum man im Internet eigentlich fast alle Inhalte selbst bestimmen kann, am Frühstückstisch aber nicht. Im April 2007 ist dann „mymuesli.com“ online gegangen: Aus 70 Zutaten kann jeder sein eigenes Müsli online mischen.

„So ein Schmarrn. Essen aus dem Internet, das kann doch nicht funktionieren“, das habe er damals oft gehört, erzählt Max Wittrock, einer der drei, die nur mehr „die Jungs“ genannt werden. Mittlerweile ist mymuesli.com ein Unternehmen mit 70 Mitarbeitern, das mit zahlreichen Start-up-Preisen ausgezeichnet wurde. Im ersten Geschäftsjahr hat das Müsli aus dem Netz mehr als eine Mio. Euro Umsatz gebracht, genaue Zahlen werden nicht veröffentlicht.

Georg Hochleitner hat die Geschichte der Müslimischer von Anfang an verfolgt. Vor gut einem Jahr hat er „den Jungs“ seine Idee, Brot via Internet zu verkaufen, vorgestellt. Seit gut 14 Tagen ist die virtuelle Backstube „Panemeo“ nun online. 200 Kunden haben sich ihr individuelles Brot bisher bestellt. 20 Prozent aus Österreich, 80 Prozent aus Deutschland.

Anbieter von „Customized Food“ sprießen aus dem Netz.

Sie suchen online einen der drei Natursauerteige und ihre ganz speziellen Zutaten, von Macadamia-Nüssen über Feigen bis zu Trüffelöl aus, bestellen, und sobald das Geld angekommen ist, legt der Bäcker los. Im Tamsweg wird frühmorgens gebacken, um acht kommt das Brot aus dem Ofen, am Vormittag macht es sich auf die Reise. Am nächsten Morgen, sagt Hochleitner, sei das Brot via Paketdienst an der Wohnungs- oder Bürotüre. Selbst bei Kunden aus Berlin würde das Brot binnen 24 Stunden ankommen. „Bei einer Großbäckerei ist das Brot genauso alt, bis es im Regal steht“, sagt der Bäckermeister. Allerdings wäre das ohnehin nicht so wichtig, denn durch den Natursauerteig bleibe das Panemeo tagelang frisch. Hochleitner ist weltweit der erste Onlinebäcker, der jedem Kunden sein eigenes Brot bäckt. Dabei sind seit dem Wirbel um die Müslimischer die Anbieter von Customized Food nur so aus dem Internet geschossen: Schokolade, Tee, Säfte, Cocktails, Marmelade, Pralinen, die Liste der Start-up-Unternehmen ist lang. Manche der Mymuesli-Klone sind schnell wieder verschwunden. MyCornflakes etwa, oder meinhundefutter.de.

Ein schneller Hype? Der Versuch, kleine Nischen im Internet zu Geld zu machen? In der Blogger-Szene sind hitzige Diskussionen im Gang, ob die vielen Anbieter noch genügend Kunden finden und ob der Trend, so schnell er da war, auch wieder vorbei sein könnte.

Zukunftsforscher bescheinigen dem Customized Food eine große Zukunft. Die Trends Gesundheit, Globalisierung, Neo-Ökologie oder Individualisierung würden unsere Essgewohnheiten massiv beeinflussen, heißt es in einer Studie des deutschen Zukunftsinstituts aus dem Jahr 2007. Auf diesen Trend springen die Start-ups auf. Wie viele Anbieter es mittlerweile gibt, das wisse niemand mehr, so Wittrock. „Aber es ist nur eine Handvoll, die wirklich was kann“, meint der Customized-Food-Pionier.

Seine Kunden, das sind Allergiker, die typischen Biokunden, Ernährungsbewusste oder einfach aufgeschlossene Internet-User, die Spaß daran haben, Neues auszuprobieren, erzählt Hochleitner.

»Es sind die Anbieter von Delikatessen, die überleben.«

Derzeit verschickt „Panemeo“ 20 bis 30 Packungen mit mindestens je zwei Laib Brot am Tag. Ab 1000 Paketen pro Woche wäre „die Sache richtig spannend und rentabel“, sagt der Bäckermeister, der den Familienbetrieb in zweiter Generation führt. Schließlich braucht ein Bäcker ungefähr doppelt so lang wie für ein Standardbrot, um ein maßgeschneidertes „Panemeo“ zu backen. Die Kunden zahlen für einen Laib zu 800 Gramm im Schnitt 4,50 Euro, bei speziellen Zutaten wird es teurer. Bestellt werden müssen mindestens zwei, dazu kommen 3,80 Euro für den Versand.

„Es sind die Anbieter von Delikatessen, das Premiumsegment, das überlebt“, meint Wittrock. Aber „Food, das ist im Internet noch total unterschätzt“. Nur ganz frische Ware, die werde man wohl nie im Netz bestellen. „Rindfleisch, zum Beispiel.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.05.2009)

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