Vergaberecht: Kritik an Billigvergaben

Rudi Kaske im management club: Es gibt keine einfachen Antworten!
Rudi Kaske im management club: Es gibt keine einfachen Antworten!(c) Management Club/ APA-Fotoservice/ (Ludwig Schedl)
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Arbeiterkammer und Gewerkschaft Vida wollen das Bestbieterprinzip nicht nur im Baubereich.

Wien. Arbeiterkammer-Präsident Rudi Kaske und Roman Hebenstreit, stellvertretender Chef der Gewerkschaft Vida, wollen das verpflichtende Bestbieterprinzip bei öffentlichen Auftragsvergaben über den Baubereich hinaus ausdehnen. Die vom Ministerrat beschlossene Vergaberechtsnovelle, die das Bestbieterprinzip für öffentliche Bauaufträge ab einer Million Euro und damit zusammenhängende Dienstleistungen vorsieht, lobten sie gestern vor Journalisten als „wichtigen Schritt“. Man brauche das jetzt aber auch in anderen Bereichen, wie Personennahverkehr, Gesundheitsbereich und Reinigung.

Hebenstreit nannte Busunternehmen als Beispiel: Durch die Bruttoverträge, die Verkehrsverbünde meist mit den Anbietern abschließen, komme es zu einem starken Druck auf die Personalkosten: Gezahlt werde pro gefahrenem Kilometer, Fahrpläne, Fahrpreis und Busausstattung seien vorgegeben, Versicherungs- und Spritkosten für alle Mitbewerber praktisch gleich. Gespart werden könne nur beim Personal. Vergaben nach dem Billigstbieterprinzip zwingen demnach die Anbieter, mit den niedrigstmöglichen Personalkosten – also den Einstiegskollektivvertragslöhnen – zu kalkulieren.

Altersdiskriminierung?

Wer ältere Mitarbeiter beschäftigt, die mehr verdienen, habe unter solchen Bedingungen kaum Chancen, bei Auftragsvergaben zum Zug zu kommen. Arbeitgeber seien faktisch gezwungen, erfahrenere Mitarbeiter zu kündigen. Sie könnten sie höchstens zum Einstiegslohn – unter Verzicht auf die Anrechnung der Vordienstzeit– wieder neu einstellen.

Hier stelle sich die Frage, ob das Vergaberecht altersdiskriminierend sei, sagte Hebenstreit. Die Rechnung bezahle der Steuerzahler – durch höheren AMS-Aufwand, wenn Ältere den Job verlieren, und Entgang höherer Steuereinnahmen, die aus höheren Löhnen resultieren würden. (cka)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.07.2015)

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