Konjunktur: Arbeitslosigkeit noch lang hoch

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Das wachsende Angebot von Arbeitskräften sorgt auch in den nächsten Jahren für eine steigende Arbeitslosenquote, sagt das Wifo. Erst ab 2018 soll es Entspannung geben.

Wien. Österreichs Wirtschaft wird sich in den kommenden Jahren nur sehr langsam erholen – und auch die Arbeitslosigkeit bleibt erst einmal hoch. Das ist der Sukkus der neuesten Prognose des Wirtschaftsforschungsinstituts Wifo. Das härteste Jahr auf dem Arbeitsmarkt wird demnach 2018. Das Wifo erwartet dann eine Arbeitslosigkeit von 9,9 Prozent. Das entspräche knapp 400.000 arbeitslosen Menschen in Österreich – um 185.000 mehr als im Jahr 2008. Im September lag die Arbeitslosenquote bei 8,3 Prozent.

Wohlgemerkt soll dieser Anstieg der Arbeitslosigkeit bei einer gleichzeitigen Erholung der Wirtschaft stattfinden – auch wenn diese Erholung moderat bleiben soll. Nachdem Österreich in den vergangenen fünf Jahren um jeweils nur ein Prozent pro Jahr gewachsen ist, geht das Wifo ab 2016 von einem jährlichen Wachstum von 1,5 Prozent aus.

Diese Ausweitung der Wirtschaftsleistung würde zwar ein Beschäftigungsplus von einem Prozent pro Jahr bringen – aber gleichzeitig dürfte auch das Angebot an Arbeitskräften weiter wachsen: um 0,9 Prozent pro Jahr.

Konkret resultiert dieser Zuwachs vor allem aus der Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte (vor allem aus Osteuropa). Aber auch die weitere Ausweitung der Erwerbsquote bei den Frauen und die Verschärfung der Bedingungen für einen vorzeitigen Antritt der Pension werden eine Rolle spielen. Danach sollte sich aber auch auf dem Arbeitsmarkt Erholung einstellen, so das Wifo.

Exporte sollen wieder wachsen

„Nach 2018 wird sich der Zustrom an Ausländern etwas abschwächen und damit der Angebotsdruck geringer werden“, sagt Wifo-Ökonom Josef Baumgartner im Gespräch mit der „Presse“. Ein Unsicherheitsfaktor ist aber die Flüchtlingsfrage. Anerkannte Asylanten dürfen in Österreich arbeiten. Die Zahl der Asylanträge habe sich heuer im Zeitraum Jänner bis August gegenüber dem Vorjahr von 13.712 auf 46.133 mehr als verdreifacht.

Angesichts der gegenwärtigen geopolitischen Lage dürfte die österreichische Bevölkerung auch in den nächsten Jahren durch den Zustrom von Asylsuchenden und anerkannten Flüchtlingen stärker wachsen als ursprünglich angenommen, erwarten die Konjunkturforscher. „Wir gehen aber davon aus, dass die aktuelle Flüchtlingswelle erst 2017 und 2018 auf dem Arbeitsmarkt sichtbar wird – und dann wieder abebbt.“

Die zwei anderen Problemstellen der heimischen Konjunktur sind die Exportwirtschaft und der heimische Privatkonsum. Erstere leidet unter der schwachen Weltkonjunktur. „Wenn die Eurozone schwach ist, dann ist auch Österreich schwach“, sagt Baumgartner. Sollte die Konjunktur in den Hauptabnehmerländern anziehen, könne dies nur positiv für Österreich sein. Das Wifo geht bis 2020 von einer Zunahme der Exporte um 3,7 Prozent pro Jahr aus. das wäre um gut ein Prozentpunkt mehr als in der vorhergehenden Fünfjahresperiode. Die Importe sollen ähnlich, aber etwas weniger stark wachsen. Jedenfalls wird der Außenhandel laut Wifo weiterhin einen positiven Beitrag zum Wirtschaftswachstum leisten.

Der Konsum dürfte sich wiederum durch die bevorstehende Steuerreform ein bisschen verbessern. Das Wifo geht ab 2016 wieder von real wachsenden Einkommen aus: plus 1,5 Prozent pro Jahr. In den vergangenen fünf Jahren haben die Reallöhne bestenfalls stagniert – sind aber meist gesunken. Das Ergebnis: weniger Kaufkraft, weniger Konsum und eine geringere Sparquote. Die soll laut Wifo bis 2020 wieder auf 8,5 Prozent klettern – von heute 7,7 Prozent. Vor der Krise war die Sparquote allerdings sehr viel höher: 2007 lag sie noch bei 12,1 Prozent.

Auch der Staat muss nachbessern: Die EU-Vorgabe, das strukturelle Budgetdefizit jährlich um mindestens 0,5 Prozent des BIPs zu verbessern, könne „in den nächsten Jahren voraussichtlich nicht eingehalten werden“, so die Wifo-Ökonomen. Es wäre allerdings möglich, dass die EU-Staaten sich darauf einigen, die Einmalausgaben für die Flüchtlingsbetreuung aus dem strukturellen Defizit zu streichen. Damit würden die Ausgaben zwar nicht rückgängig gemacht – würden sich aber nicht auf das strukturelle Defizit auswirken. Für ihre Berechnungen haben die Wifo-Experten die Ausgaben für Flüchtlinge allerdings noch inkludiert. (jil/ag.)

Auf einen Blick

Die Arbeitslosigkeit in Österreich bleibt laut Wifo noch lange hoch. Im Jahr 2018 soll sie mit 9,9 Prozent dann ihren Höhepunkt erreichen. In den kommenden Jahren soll es mit der Wirtschaft aber wieder moderat bergauf gehen (1,5 Prozent im Schnitt), was ab 2018 auch wieder zu sinkenden Arbeitslosenzahlen führen sollte, so die Experten vom Wirtschaftsforschungsinstitut.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.10.2015)

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