Die italienische Konzernmutter UniCredit überlegt einen Verkauf des Privatkundengeschäfts an die Bawag. Das Osteuropageschäft könnte 2016 nach Italien abwandern.
Wien. Wenn sich die gerüchteweise kolportierten Umstrukturierungspläne der Konzernmutter UniCredit bewahrheiten, dann wird die derzeit noch größte österreichische Bank bald nur noch ein Fragment sein: Das Retailbanking (also das Geschäft mit Privat- und kleineren Firmenkunden) der Bank Austria könnte an die Bawag verkauft werden, das Osteuropageschäft soll 2016, nach Ablauf des so genannten Vertrags der Regionen, direkt zur Konzernmutter nach Italien wandern. Die Bank Austria würde dann nur noch aus dem Private Banking für vermögende Privatkunden und dem Corporate Investment Banking bestehen.
Spannend wird es am 11. November: Für diesen Tag hat die UniCredit nicht nur die Präsentation ihres Ergebnisses für das dritte Quartal, sondern auch ein Statement über die Neuordnung des Konzerns angekündigt. Die Bank Austria lehnte eine Stellungnahme gegenüber der „Presse“ mit der Bemerkung ab, die Konzernstruktur sei eine Eigentümerentscheidung, die man nicht kommentieren könne. Die Bank ist in die Überlegungen nicht eingebunden. In einem Statement der UniCredit hieß es, man evaluiere eine Reihe von Maßnahmen zur Verbesserung der Profitabilität. So weit die Bank Austria betroffen sei, gebe es keine Entscheidung und es sei noch keine bevorzugte Variante auf dem Tisch.
Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) hat die Berichte noch nicht kommentiert. Am Dienstag meinte er grundsätzlich, dies sei "Angelegenheit der Bank". Reagiert hat aber die Börse. Die Gerüchte haben die UniCredit-Aktien an der Mailänder Börse beflügelt. Das UniCredit-Papier legte um drei Prozent zu. Damit überschritt die UniCredit-Aktie wieder die Schwelle von sechs Euro.
800 Millionen als Kaufpreis
Nach einem Bericht des „Standard“ soll es aber schon konkrete Sondierungsgespräche zwischen der UniCredit und dem US-Fonds Cerberus, dem die Bawag gehört, geben. Die Zeitung zitiert „Eigentümerkreise“, denen zufolge die Italiener 800 Mio. Euro für das Retailgeschäft der Bank Austria haben wollen.
Den Amerikanern sei der Kaufpreis aber noch zu hoch. Das Retailgeschäft der Bank Austria würde die Bawag deutlich aufwerten und damit den Cerberus beabsichtigten Wiederverkauf der früheren Gewerkschaftsbank erleichtern. Die Bawag allein soll nicht attraktiv genug sein, um den Kaufpreis, den sich die Amerikaner vorstellen, zu erzielen.
Beide Maßnahmen sind, wie gesagt, noch nicht entschieden. Fest steht aber, dass die wirtschaftliche Lage der UniCredit nicht berauschend ist und der Konzern darauf mit einem umfassenden Sparprogramm reagieren wird. Die italienische Großbank hat derzeit knapp 150.000 Beschäftigte, zumindest 10.000 Stellen sollen abgebaut werden.
Die Bank Austria beschäftigt derzeit 7200 Mitarbeiter. Wie stark die Kürzungen hier ausfallen könnten, ist noch nicht bekannt. Sollte der Verkauf des Retailgeschäfts und die Übertragung des Osteuropageschäfts umgesetzt werden, dann werden ohnehin nur mehr sehr wenige Menschen bei der verbliebenen Bank Austria beschäftigt sein. Darunter wohl die noch verbliebenen unkündbaren Mitarbeiter aus der „Zentralsparkasse“-Zeit, die ein neuer Käufer wohl nicht übernehmen würde.
Die Bank Austria ist aus dem Zusammenschluss der Wiener Zentralsparkasse mit Länderbank und später CA entstanden. (Red.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.10.2015)