Arbeitsmarktgipfel: Lohnkosten runter, Malus vom Tisch

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Die Regierung präzisiert den Plan zur stufenweisen Senkung der Lohnnebenkosten. Bei der Beschäftigung Älterer sagt die ÖVP Strafen für säumige Betriebe ab.

Wien. Fast 400.000 Menschen sind in Österreich arbeitslos gemeldet, im Winter könnte die Marke von 500.000 überschritten werden. Vizekanzler und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) musste nach bereits monatelangen ständigen Verschiebungen Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) geradezu zur Abhaltung eines Arbeitsmarktgipfels der Regierung mit den Sozialpartnern zwingen. Heute, Freitag, ist es nun so weit.

Ein Schwerpunkt wird dabei auf Maßnahmen liegen, wie mit zusätzlich aufgetriebenem Geld die nicht in Schwung kommende Wirtschaft angekurbelt werden kann. Nur kleinere Änderungen sind beim Wirtschaftswunsch nach flexibleren Arbeitszeiten zu erwarten. Zugleich ist vor allem die ÖVP auf positive Signale an die Unternehmen bedacht. Es sollen daher weitere Etappenschritte für die bereits in der Budgetrede von Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) Mitte Oktober ankündigte Senkung der Lohnnebenkosten vorgelegt werden. Schelling ist beim Arbeitsmarktgipfel ebenfalls dabei.


Lohnnebenkosten: Nach Informationen aus Regierungskreisen ist ein Stufenplan zur Senkung ab 2017 vorgesehen. Demnach sollen die Lohnnebenkosten um 0,1 Prozent, dann um 0,4 und schließlich um weitere 0,3 Prozent sinken. Im Vordergrund stehen dabei Beiträge der Arbeitgeber zum Familienlastenausgleichsfonds (Flaf). Aus diesem Topf werden unter anderem die Familienbeihilfen bezahlt. Noch klafft im Fonds allerdings ein 2,5-Milliarden-Euro-Loch, das erst 2018/19 gestopft werden kann. Durch eine Beitragssenkung würden jedoch Einnahmen wegfallen.


Beschäftigung Älterer: Das ist ein politisch besonders brisantes Thema. Mitterlehner hat nach dem strikten Nein der Wirtschaftsvertreter zu einem Bonus-Malus-System dieses Streitthema vom Verhandlungstisch genommen. Der Widerstand der Wirtschaft richtete sich dagegen, dass Firmen, die weniger als eine bestimmte Zahl älterer Arbeitnehmer beschäftigen, mit einem Malus, einer Strafzahlung bei Sozialbeiträgen, belegt werden, wie das SPÖ und Gewerkschaft seit Langem verlangen. In den „Salzburger Nachrichten“ bestätigte Mitterlehner erstmals offiziell das Nein zur „Alten-Quote“, die freilich ohnehin erst ab 2017 einen Malus zur Folge gehabt hätte. Als Alternative ist schon seit Längerem die gestaffelte Erhöhung der sogenannten Auflösungsabgabe bei der Kündigung eines Arbeitnehmers im Gespräch. Wird auch das von der Wirtschaft abgelehnt, könnten SPÖ und Gewerkschaft aber im Gegenzug die Zustimmung zur Senkung der Lohnnebenkosten verweigern.


Wohnbauoffensive: Damit die Regierung nach dem Arbeitsmarktgipfel Freitagmittag nicht mit leeren Händen dasteht, hat Mitterlehner das seit der Regierungsklausur im März angekündigte und Mitte Oktober mit Hundstorfer paktierte Wohnbaupaket vorerst zurückgehalten. Wie „Die Presse“ bereits berichtete, sollen mit der Aktion innerhalb von höchstens sieben Jahren 30.000 leistbare Wohnungen und bis zu 20.000 Arbeitsplätze geschaffen werden. Drehscheibe dafür soll eine neu geschaffene Wohnbauinvestitionsbank, für die der Bund Haftungen übernimmt, sein.


Arbeit für Asylwerber: Um das Fehlen von Arbeitskräften in Branchen wie der Gastronomie zu kompensieren, wird der Sozialminister für Flüchtlinge den Zugang zur Lehre und zur Arbeit in Mangelberufen erleichtern. Für die Unterbringung von Flüchtlingen auf dem Arbeitsmarkt gibt es schon länger vereinbarte 70 Millionen Euro. (ett)

AUF EINEN BLICK

Arbeitsmarktgipfel. Nach mehrfachen Verzögerungen trifft die Bundesregierung (Bundeskanzler Faymann, Vizekanzler Mitterlehner sowie die Minister Hundstorfer und Schelling) heute, Freitag, im Kanzleramt mit den Spitzen der Sozialpartner zusammen. Gegen Mittag sollen dann die Ergebnisse verkündet werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.10.2015)

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