Der Konzern schreibt im dritten Quartal hohe Verluste. Von den Projekten mit der Gazprom erhofft sich Konzernchef Seele in Zukunft jedoch hohe Renditen. Über Details hält er sich bedeckt.
Wien. Der Ölpreisverfall macht dem österreichischen Öl- und Gaskonzern OMV stark zu schaffen. Auf 495 Millionen – also um ein Viertel – ist der um Lagereffekte bereinigte Gewinn im dritten Quartal eingebrochen. Das teilte das börsenotierte Unternehmen am Donnerstag mit. Dabei lief es für die OMV in den vergangenen drei Monaten operativ besser als erwartet.
Allerdings schlugen sich die Abschreibungen des Konzerns von einer Milliarde Euro negativ zu Buche. Sie hatte die OMV aufgrund des Ölpreisverfalls vornehmen müssen. Lässt man den Einmal-Sondereffekt außer Betracht, stieg der Überschuss um 31 Prozent auf 367 Mio. Euro. Im Vorjahr hatte die OMV im Zeitraum Juli bis September noch einen positiven Quartalsüberschuss von 232 Mio. Euro zu verzeichnen, vor Sondereffekten waren es damals 281 Mio. Euro gewesen. Diese Kennzahlen fielen heuer besser aus als von Analysten erwartet. Das hat vor allem mit der Performance der OMV im Raffineriegeschäft (Downstream) des Konzerns zu tun, das seit dem Absturz des Ölpreises zu einem wichtigen Standbein für den Konzern geworden ist. „In diesem niedrigen Ölpreisumfeld profitierten die Ergebnisse weiterhin vom integrierten Geschäftsmodell“, sagte OMV-Boss Rainer Seele, der sich gemeinsam mit Finanzvorstand David Davies via Webcast an die Öffentlichkeit wandte. Die entsprechende Raffineriemarge stieg im dritten Quartal auf 7,84 (Vorjahr: 4,90) Dollar je Barrel. Für das Schlussquartal erwartet die OMV aufgrund einer saisonal niedrigen Nachfrage und bestehender Überkapazitäten jedoch einen Rückgang der Marge. Nicht erfreulich lief das Geschäft im Explorations- und Förderungsbereich (Upstream): Hier lag die Gesamtproduktion im dritten Quartal sechs Prozent unter dem Vorjahreswert. Der Rückgang sei auf die Produktionsstillstände in Libyen und im Jemen zurückzuführen.
Schweigen zum Asset-Swap
Derzeit sei er mit seinen Kollegen dabei, eine Strategieprüfung aller Geschäftssegmente der OMV durchzuführen, sagte Seele. Die Übernahme der Gashandelsgesellschaft EconGas sei schon die „erste sichtbare Aktivität“ der neu aufkommenden OMV-Vision. Das Ergebnis der Neuausrichtung könne er aber erst am 18. Februar präsentieren: „Einmal mehr muss ich Sie um Geduld bitten.“
Auch als es darum ging, Näheres zu dem geplanten Asset-Tausch zwischen der OMV und der russischen Gazprom zu sagen, gab sich Seele verschlossen. Die OMV will sich mit 24,98 Prozent an dem russischen Gasfeld in Urengoy beteiligen, und die Russen wollen dafür Vermögenswerte (Assets) der OMV. Welche das sind, wollte Seele nicht verraten. Es gäbe bereits eine Shortlist, die – so die Vereinbarung mit der Gazprom – „sehr vertraulich“ sei. Das soll auch noch eine Zeit lang so bleiben. Erst im ersten Halbjahr 2016 werde er Resultate zum Asset-Tausch bekannt geben, und zwar mit der Gazprom gemeinsam.
Auskunftsfreudiger zeigte sich der OMV-General bei seinem zweiten Großvorhaben mit der Gazprom, dem Gaspipeline-Projekt Nord Stream 2. Die OMV will sich mit anderen europäischen Versorgern am Ausbau der Pipeline beteiligen, die von Russland durch die Ostsee bis zum deutschen Greifswald führen soll. Von diesem Investment erwartet sich Seele „eine signifikant attraktivere Rendite“ als jene, die etwa mit dem Gasleitungsnetz der OMV-Tochter Gas Connect Austria zu erzielen sei. Deshalb wird die OMV auch 49,9 Prozent daran verkaufen. Doch sind Milliardeninvestitionen in eine russische Pipeline mit den EU-Sanktionen gegen Russland überhaupt kompatibel? „Ja“, ist Seele überzeugt. Mit den Sanktionen sei man mit dem Projekt „in voller Übereinstimmung“. Die Projektgesellschaft werde in Kürze einen intensiven Dialog mit der EU-Kommission aufnehmen. Auch die Kritik der osteuropäischen Staaten lässt er nicht gelten. Sie könnten von Gas aus dem Westen profitieren, glaubt Seele.
Auf die Frage an Davies, ob er das Unternehmen verlassen werde („Die Presse“ berichtete), ließ Seele ihn nicht selbst antworten: „Ich werde das machen“, sagt er. „Lassen Sie mich klarstellen: Ich persönlich genieße es sehr, mit David zusammenzuarbeiten.“ Was er aber „wirklich nicht genieße“ seien Spekulationen in den Medien über sein Ausscheiden. Im Übrigen falle es in die Verantwortung des Aufsichtsrates, dazu Kommentare abzugeben. Deshalb werde auch kein Vorstandsmitglied irgendetwas anderes sagen als er gerade eben.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.11.2015)