Bawag-Prozess: Elsners Rückkehr in den Gerichtssaal

Ruth Elsner hilft ihrem Mann über die Stiegen zum Gerichtssaal. Der 80-Jährige wurde von der Bawag vor Gericht gebracht.
Ruth Elsner hilft ihrem Mann über die Stiegen zum Gerichtssaal. Der 80-Jährige wurde von der Bawag vor Gericht gebracht.(c) APA/HELMUT FOHRINGER
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Kampf um die seinerzeitige Millionen-Pensionsabfindung von Ex-Bawag-Generaldirektor Helmut Elsner: Die Bawag zitiert den 80-Jährigen vor Gericht. Und verliert.

Wien. Das Ganze wirkt wie eine Wiederholung eines Kapitels österreichischer Justizgeschichte: Es war der 16. Juli 2007, ein extrem heißer Tag, an dem Helmut Elsner wegen der Spekulationsverluste der seinerzeitigen Gewerkschaftsbank Bawag vor seine Richterin Claudia Bandion-Ortner trat (117 Verhandlungstage und eine Verurteilung später sollte diese Justizministerin werden). Gestern, Montag, war es wieder soweit: Elsner, mittlerweile 80 Jahre alt, musste auf der hölzernen Anklagebank Platz nehmen. Doch diesmal wurde er am Ende freigesprochen.

Er war allein. Der einzige Angeklagte. Ein mittlerweile gebrechlicher Mann, der verloren wirkte – im weiträumigen Großen Schwurgerichtssaal des Straflandesgerichts Wien. Ebendort wurde auch 2007 verhandelt. Doch damals gehörten außer dem einstigen Bawag-General noch acht Männer, darunter der später freigesprochene Investmentbanker Wolfgang Flöttl, zur Riege der Angeklagten. Und nun? Worum ging es noch, wenn das eigentliche Bawag-Verfahren längst rechtskräftig erledigt ist, wenn Elsner längst zur Höchststrafe, nämlich zu zehn Jahren Haft, verurteilt wurde? Kurz gesagt: Das Nachzügler-Verfahren drehte sich ums Geld.

Anklagebehörde verzichtet

Es war ein Mini-Bawag-Prozess, den es – ginge es nach der Staatsanwaltschaft – nie gegeben hätte. Diese trat nämlich gar nicht (mehr) als Anklägerin auf. Mehr als die Höchststrafe, verhängt wegen Untreue, konnte sowieso nicht herausschauen. Und auf einen möglichen Zusatz-Schuldspruch kommt es der Anklagebehörde nicht an.
Es war die Bawag, die als Subsidiaranklägerin auftrat. Und die Pensionsabfindung, auf die sich Elsner Ende 2000 mit der Bawag einigte, zurückhaben wollte. Diese Abfindung betrug 6,8 Millionen Euro (damals 93 Millionen Schilling). Fünf Millionen Euro davon wurden in eine Privatstiftung eingebracht. Elsner kaufte eine Villa in Südfrankreich. Doch die Stiftung wurde von der Justiz eingefroren.

Die Bawag, vertreten durch Anwalt Martin Dohnal, beantragte nun eine Bestrafung Elsners wegen schweren Betruges. Und einen Zuspruch des Geldes. Ihre Argumentation: Als Elsner die Abfindung seiner Pension begehrte und damit den Aufsichtsrat befasste, habe Elsner schon gewusst, dass der von ihm beauftragte Spekulant Flöttl viele Millionen Bawag-Geld durch hochriskante Karibikgeschäfte in den Sand gesetzt hatte. Dohnal rhetorisch: „Hätte Aufsichtsratspräsident Günter Weninger damals gesagt: ,Ich weiß, Herr Elsner hat Untreue begangen, dafür belohnen wir ihn!‘?“ Weiter: „Elsner täuschte den Aufsichtsrat über Untreue-Handlungen hinweg.“

Ex-Aufsichtsrats-Chef Weninger (75) trat danach gestützt auf zwei Stöcke in den Zeugenstand: „Ich hätte der Pensionsabfindung nicht zugestimmt, wenn ich von Elsners Malversationen gewusst hätte.“ Damit meinte er die Verluste aus 2000, frühere Verluste Flöttls (1998) waren Weninger damals sehr wohl schon bekannt. Aber war dieses mutmaßliche „Darüber-Hinwegtäuschen“ des Aufsichtsrats wirklich Betrug? Bandion-Ortner sagte im Ersturteil: Ja. Doch dafür holte sie sich beim OGH seinerzeit eine Rüge ab: Die Höchstrichter bestätigten damals zwar die Untreue (die zehn Jahre Haft kann Elsner wegen Haftunfähigkeit nicht zur Gänze absitzen, viereinhalb Jahre saß er aber bereits in U-Haft), hoben aber die Betrugs-Verurteilung auf. Ohne klar festgestellten Schaden zum Zeitpunkt der mutmaßlichen Täuschung – kein Betrug, hieß es sinngemäß. Man müsse die Geldflüsse kennen, um Betrug nachzuweisen.

Bawag blitzte ab

Elsner meinte: Von dem viel zitierten Totalverlust könne damals keine Rede gewesen sein. 221 Millionen US-Dollar hätten sich noch auf Flöttls Broker-Konten befunden. Deshalb hat Elsner, wie berichtet, schon vor Monaten Antrag auf Wiederaufnahme des Bawag-Strafverfahrens eingebracht. Nun legte er nach: „Ich bekenne mich selbstverständlich nicht schuldig. Ich kann nachweisen, dass geschwindelt wurde – von der Bawag.“ Doch nun ging es allein um die Subsidiaranklage. Weil Elsner im deutschen Bad Reichenhall lebt und für die Justiz schwer greifbar war, harrte diese ihrer Erledigung. Elsner hatte sein Fernbleiben bei früheren Gerichtsterminen mit gesundheitlichen Problemen erklärt. Nun war er doch gekommen. Und wurde freigesprochen. Die Bawag wurde auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Zudem gab das Gericht die Privatstiftung frei. Richter Christian Böhm ließ in seiner Urteilsbegründung aufhorchen: Als Dienstnehmer sei Elsner nicht verpflichtet gewesen, seinem Dienstgeber (Bawag) eventuelle Entlassungsgründe mitzuteilen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.12.2015)

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