U-Ausschuss: Die Lehrstunde des Kanzlers über den Kanzlerberuf

Bundeskanzler Werner Faymann im U-Ausschuss: „Bin nicht der Experte für alles.“
Bundeskanzler Werner Faymann im U-Ausschuss: „Bin nicht der Experte für alles.“(c) APA/HERBERT NEUBAUER
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Bundeskanzler Werner Faymann erklärt seine Rolle bei der Hypo – und warum er nicht mehr Einfluss genommen hat.

Wien. Welche Rolle spielte Bundeskanzler Werner Faymann bei der Notverstaatlichung der Hypo Alpe Adria? Um diese Frage drehte sich am Donnerstag der Untersuchungsausschuss im Parlament. Im Gegensatz zum letzten U-Ausschuss, als die Frage einer Ladung des Bundeskanzlers wochenlang die Diskussion bestimmte und die Koalition selbige mit ihrer Mehrheit verhindert hat, war es diesmal kein Thema, ob Faymann vor dem U-Ausschuss erscheinen wird. Erstens, weil inzwischen die Minderheit bestimmt, wer geladen wird. Und zweitens, weil Faymann diesmal wenig zu befürchten hatte.

Dass der Bundeskanzler in der Nacht der Notverstaatlichung zwar informiert war, aber nicht aktiv eingegriffen hatte, wusste man schon zuvor. Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny hatte im U-Ausschuss geschildert, wie er Faymann von der getroffenen Lösung überzeugt hat. Und Faymann steht heute noch dazu. Am Donnerstag referierte er die bekannte Argumentationslinie für die Verstaatlichung der Bank: Das wirtschaftliche Umfeld nach der Pleite der Lehman Brothers im September 2008 habe befürchten lassen, dass es durch eine Pleite der Hypo Alpe Adria zu einem Dominoeffekt kommen könnte. Die österreichischen Banken hätten ebenso in Bedrängnis kommen können wie das Bundesland Kärnten mit seiner 19-Milliarden-Euro-Haftung für die Bank. Und man habe auf die Reputation Österreichs achten müssen. Es habe die Gefahr bestanden, dass Österreich wie Griechenland und Irland zu einem Krisenstaat wird.

Verantwortung der Eigentümer

Die volle Dramatik der Bank sei erst am Verstaatlichungswochenende im Dezember 2009 ausgebrochen. Zuvor hätten er und das Finanzministerium mehrmals nach verschiedenen Besprechungen die Bayern aufgefordert, ihre Verantwortung für die Hypo Alpe Adria Bank wahrzunehmen. „Wir haben immer gesagt, es handelt sich um einen Handlungsbedarf der Eigentümer.“

Selbst mitverhandelt hat Faymann nicht. Und er war auch nicht in alle Details und Entwicklungen eingebunden, was zu etlichen kritischen Nachfragen führte. Faymann antwortete mit einem Vortrag über die Rolle des Bundeskanzlers in der Regierung: Die Entscheidungen müssten bei den zuständigen Stellen getroffen werden – in dem Fall im Finanzministerium mit Unterstützung durch die Nationalbank. Als Bundeskanzler lasse er sich informieren, er habe aber kein Weisungsrecht und im Bundeskanzleramt auch nicht die Expertise, um selbst die fachlichen Entscheidungen zu treffen. „Der Bundeskanzler ist nicht der Experte für alle Fragen in der Republik“, so die Begründung für das Nichteingreifen in die Verhandlungen. Oder, noch plastischer: „Ich greife auch nicht im Spital in eine Herzoperation ein.“

Umstrittener Dominoeffekt

Neos-Abgeordneter Rainer Hable stellte die These eines Dominoeffekts bei einer Hypo-Pleite infrage: Weder seien die anderen österreichischen Banken existenziell gefährdet gewesen, noch hätte die Haftung Kärntens schlagend werden müssen. Wäre über die Hypo die Geschäftsaufsicht verhängt worden, was bei einem Scheitern der Verhandlungen der nächste Schritt gewesen wäre, so hätte man Zeit gehabt, die Probleme zu lösen, so die Ansicht des Neos-Mandatars: „Einen Dominoeffekt gibt es nur, wenn der erste Dominostein fällt.“

Faymann widersprach: Bei Geschäftsaufsicht wären die Haftungen auf jeden Fall schlagend geworden. Wenn nicht sofort, dann eben zu einem späteren Zeitpunkt. Und er verwies auf die psychologischen Auswirkungen einer Verhängung der Geschäftsaufsicht. Da würden bei der Bevölkerung Ängste ausgelöst, das sei alles zu berücksichtigen gewesen.

Nach Faymann ist am Donnerstag auch dessen Vertrauter, Kanzleramtsminister Josef Ostermayer befragt worden. „Die Hypo Alpe Adria war jahrelang ein Sorgenkind, zugespitzt gesagt ein Ärgernis“, erklärte der damalige Staatssekretär im Kanzleramt und Koordinator innerhalb der Regierung. Die Bank habe einen „Stempel von Misswirtschaft“ erworben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.01.2016)

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