Klug: „Ich komme nach Hause zur Industrie“

Gerald Klug (SPÖ)
Gerald Klug (SPÖ)(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Der neue Infrastrukturminister, Gerald Klug (SPÖ), will den Industriestandort Österreich stärken. Bei den ÖBB sieht er keinen Einsparungsbedarf, die Musikkapellen der Eisenbahner dürfen bleiben.

Die Presse: Die SPÖ sieht das Infrastrukturministerium gern als „ihr“ Wirtschaftsministerium. Wie wollen Sie als Ex-Gewerkschaftssekretär diese Aufgabe angehen?

Gerald Klug: Für mich ist dieser Schritt wie ein Nach-Hause-Kommen zur Industrie und zur Standortpolitik. Ich habe als Jugendlicher eine Chance in der Industrie bekommen, habe den Beruf des Drehers gelernt, dann durch meine Tätigkeit in der Gewerkschaft aber auch die Veränderungen erlebt. Heute ist es mein Ziel, die vorhandene Industrie in Österreich zu stärken und idealerweise neue anzulocken. Deshalb investieren wir in den nächsten fünf Jahren 25 Milliarden Euro in Schiene, Straße, Breitband. Diese Infrastruktur ist der maßgebliche Standortvorteil.

Wie sehen Sie die Bedeutung der Sozialpartnerschaft? Diese verliert ja real an Einfluss und wird oft nur mehr als Klotz am Bein angesehen.

Diese Argumente habe ich auch 1984 bereits gehört. Die klassische Aufgabenstellung hat sich für Gewerkschaft, Arbeiter- und Wirtschaftskammer nicht verändert. Was sich verändert hat, sind die Rahmenbedingungen. Um es wie einst Fred Sinowatz zu sagen: Es ist alles sehr kompliziert geworden. Der Austro-Keynesianismus hat messbare Erfolge gehabt. Und diese Erfolge sind maßgeblich von der Sozialpartnerschaft geprägt. Es geht dabei aber nicht nur um die Vergangenheit. Meiner Meinung nach hat die Sozialpartnerschaft nach wie vor hohe Lösungskompetenz.


Beim Thema Arbeitszeitflexibilisierung kommen die Sozialpartner bereits seit Jahren zu keiner Lösung. Ihr Ministerkollege, Finanzminister Hans Jörg Schelling, will daher sogar per Gesetz einführen, dass die Politik den Sozialpartnern Themen nach einem halben Jahr erfolgloser Verhandlungen wieder wegnimmt. Eine gute Idee?

Die Qualität der Lösung muss im Vordergrund stehen, nicht die Dauer der Verhandlungen. Ich kann diesem Vorschlag also eigentlich nichts abgewinnen.

Hat die Politik heute weniger Spielraum als früher? Manche beklagen, dass man nicht mehr einfach in die Schatulle greifen kann, um Firmen zu retten.

Das geht aufgrund der EU-Wettbewerbsbedingungen im Jahr 2016 einfach nicht mehr. Dass man dadurch als Staat einen kleineren Aktionsradius bekommen hat, ist nachvollziehbar. Ich werde daher stark darauf schauen, dass unsere Infrastruktur für die heimischen Unternehmen weiterhin gut aufgestellt ist. Denn wer die Industrie hat, hat die Jobs.

Die Frage ist, wie lange noch? Was sagen Sie etwa zur Causa Telekom Austria? Die Gewerkschaft beklagt den „Ausverkauf“ an die Mexikaner. Wo sehen Sie die rote Linie für die Republik?

Strategische Netze – das sind Telekom, Schiene, Straße und Energie – müssen in öffentlicher Hand bleiben. Nur wenn ich diese aufeinander abstimmen kann, funktionieren sie so gut, wie wir sie brauchen.

Das heißt, wir brauchen doch die seit Jahren diskutierte staatliche Infrastrukturholding?

Ich bin dafür, dass man diese strategischen Netze stark im Handlungsradius der öffentlichen Hand halten soll. In welcher Aufstellung das bestmöglich geschehen kann, darüber habe ich mir noch keine endgültige Meinung gebildet.

Der geplante Verkauf des heimischen Gasnetzes (Gas Connect) durch die OMV an jemand anderen als den Staat oder einen staatsnahen Betrieb wäre also ein Fehler?

Herrlich. Fünf Minuten, und die ganzen heißen Themen sind schon da. Man muss alle Vor- und Nachteile für die Republik gut abwägen. Das klingt sehr allgemein. Aber es gilt hier wie bei der Telekom: Das sind alles wichtige Entscheidungen, die ich nicht allein treffe. Ich kann nicht nach drei Wochen im Amt sagen: Bei der OMV machen wir das so und bei der Telekom so. So weit bin ich noch nicht.

Als Verteidigungsminister waren Sie für Einsparungen bekannt. Haben Sie sich schon angesehen, wie viele Blasmusikkapellen die ÖBB haben?

In der Landesverteidigung waren wir mit Strukturanpassungen konfrontiert, die nicht leicht umzusetzen waren. Warum ich für Reduktionen bei der Militärmusik war, habe ich lang genug dargelegt. Die ÖBB sind für mich hingegen ein Erfolgsbeispiel für strategische Infrastruktur in Händen der Republik.

Die Zahlungen an die ÖBB sind aber der größte Posten in Ihrem Budget. Sehen Sie wirklich keinen Einsparungsbedarf?

Im Moment sehe ich die ÖBB als Unternehmen sehr gut aufgestellt und professionell geführt. Insofern kann ich aktuell keinen Einsparungsbedarf erkennen.

Finden Sie es als Eigentümervertreter der ÖBB eigentlich gut, dass es auch private Konkurrenz auf der Schiene gibt?

Ein bisserl Konkurrenz belebt das Geschäft.

Die private Westbahn beschwert sich allerdings über Benachteiligungen – auch durch die Politik. Durch Direktvergaben an die ÖBB würden Vergabevorschriften umgangen. Wie ist das zu rechtfertigen?

Wir haben uns im Regierungsprogramm für Direktvergaben entschieden, und dazu stehe ich.

Das heißt aber auch, dass Konkurrenz ausgeschaltet wird.

Ja und nein. Klar ist, dass für jedes Mitglied der Regierung das Regierungsprogramm die Vorgaben darstellt, die einzuhalten sind.

Neben der Schiene sind Sie auch für Straßen zuständig. Braucht Österreich überhaupt noch neue Straßen? Viele argumentieren, dass neue Straßen nur mehr Verkehr bringen würden.

Jedes größere Straßenprojekt wird hinsichtlich seiner Auswirkungen auf Umwelt und Verkehr sowie der anfallenden Kosten gut überlegt. Und auch künftig kann der Bau neuer Straßen sinnvoll sein. Ich habe dabei keine Vorbehalte.

Gilt das auch für den Lobautunnel?

Es ist ein sinnvolles Projekt, das gut überlegt worden ist. Und daher glaube ich, dass es summa summarum die richtige Variante zur Verkehrsentlastung von Wien ist.

ZUR PERSON

Gerald Klug ist seit Ende Jänner Infrastrukturminister. Zuvor war der 47-jährige Weststeirer Verteidigungsminister (seit März 2013). Klug ist gelernter Dreher und startete seine politische Karriere in der steirischen Arbeiterkammer. Parallel dazu studierte er im zweiten Bildungsweg Rechtswissenschaften.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.02.2016)

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