Heta: Schelling zieht sein letztes Ass

Finanzminister Hans Jörg Schelling.
Finanzminister Hans Jörg Schelling.(c) APA/ROBERT JAEGER
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In knapp einer Woche läuft das von den Gläubigern offen abgelehnte Rückkaufangebot für Anleihen der Hypo-Bad-Bank Heta ab. Nun versüßt Finanzminister Schelling das Offert.

Wien. Am Freitag in einer Woche entscheidet sich, ob die Gläubiger der Hypo-Bad-Bank Heta das Angebot von Bund und Kärnten zum Rückkauf der landesgarantierten Anleihen akzeptieren. Scheitert es, drohen ein jahrelanger Rechtsstreit und sogar die Insolvenz von Österreichs südlichstem Bundesland. Die bisher weiße Weste von Finanzminister Hans Jörg Schelling wäre wohl gehörig angepatzt.

Bisher sah jedoch alles danach aus. Denn ein Gläubigerkonsortium mit einer De-facto-Sperrminorität lehnte den verlangten Abschlag von 25 Prozent kategorisch ab. Der Druck auf das Finanzministerium stieg somit stetig. Dienstagabend erfolgte nun der bereits erwartete Befreiungsschlag von Schelling. Justament in der deutschen Finanzmetropole Frankfurt, wo die meisten Gläubiger ihren Sitz haben, bot der Finanzminister im Rahmen einer Tagung den Investoren eine finanzielle Draufgabe an, wenn sie das Angebot doch annehmen. Was bietet Schelling nun an, und was heißt das für Gläubiger und Steuerzahler? „Die Presse“ hat die Antworten.

1 Was hat Finanzminister Schelling den Gläubigern konkret angeboten?

Bisher bot das Land Kärnten mit Unterstützung des Bundes den Gläubigern lediglich an, die ausständigen Anleihen zu 75 Prozent des Nominalwertes zurückzukaufen. Dies wird von einem Gläubigerpool, der mit rund fünf Milliarden Euro knapp die Hälfte aller Anleihen besitzt, jedoch offen abgelehnt. Die Investoren wollen 100 Prozent zurück, da Kärnten einst auch für die volle Summe die Haftung übernahm.
Schelling bot den Gläubigern nun an, dass sie bei Annahme des Angebots das Geld in eine eigens aufgelegte Bundesanleihe investieren können. Dabei handelt es sich um eine sogenannte Nullcouponanleihe, die zu 75 Prozent des Nominalwertes gekauft und nach 18 Jahren zu 100 Prozent vom Bund zurückgezahlt wird. Die Forderung der Gläubiger nach einer Rückzahlung von 100 Prozent wäre somit – zumindest nominell – erfüllt.

2 Was spricht dafür und was spricht dagegen, dass die Gläubiger das Angebot annehmen?

Für die Annahme spricht, dass die Gläubiger den Wert der Anleihen zu 100 Prozent in ihren Büchern behalten könnten, da sie am Ende der Laufzeit ihr Geld ja vollständig zurückerhalten. Das kann für den einen oder anderen Vorstand wichtig in der Argumentation mit den eigenen Aktionären sein. Außerdem würden sie sich – wie Kärnten – mit einer gütlichen Einigung teure Prozesse sparen.

Allerdings spricht nach wie vor auch eine Reihe von Gründen gegen eine Annahme. So beträgt der heutige Barwert von 100 Prozent im Jahr 2034 nur rund 82 Prozent, wie erste Berechnungen ergeben. Außerdem bleibt bei den Gläubigern die Sorge, dass Kärnten ein Präzedenzfall für andere europäische Gebietskörperschaften sein könnte, die Garantien abgegeben haben, diese aber nicht mehr einhalten wollen. Zu guter Letzt argumentierten die Gläubiger auch immer damit, dass Kärnten mehr zahlen könnte, als es bereit ist zu tun.

3 Wie wahrscheinlich ist es, dass das Angebot nun doch angenommen wird?

Am Mittwoch zeigten sich die Gläubiger sehr zugeknöpft. Das Angebot werde geprüft, mehr wollte man dazu nicht sagen. Auffällig ist jedoch, dass es diesmal – anders als beim ersten Offert im Jänner – keine sofortige Ablehnung gab. Zudem ist ja bekannt, dass sich Schelling in der Vorwoche mit Vertretern der Gläubiger getroffen hat („Die Presse“ berichtete). Offiziell handelte es sich dabei nur um ein Informationstreffen, bei dem keine Verhandlungen geführt wurden. Es deutet jedoch alles darauf hin, dass der grundsätzliche Modus operandi eines möglichen Kompromisses dabei bereits besprochen worden ist.

Offen ist jedoch nach wie vor, ob die Höhe der nun angebotenen Draufgabe auch ausreicht, um die Gläubiger zu überzeugen. Zudem ist unklar, ob der Lock-up, mit dem sich die Gläubiger gegenseitig verpflichtet haben, kein Angebot unter 100 Prozent anzunehmen, mit dem erweiterten Offert nun ausgehebelt worden ist.

4 Was bedeutet das neue Angebot für die heimischen Steuerzahler?

Vorerst bedeutet die jetzt angebotene Draufgabe keine zusätzlichen Kosten, die über jene des bereits im Jänner gelegten Angebots hinausgehen. Dabei wird ja der erwartete Abbauerlös der Heta von Kärnten mit 1,2 Milliarden Euro und vom Bund mit 600 Millionen Euro aufgestockt, um überhaupt auf einen Rückkaufwert von 75 Prozent zu kommen.

Allerdings muss die jetzt angebotene Nullcouponanleihe im Jahr 2034 zurückgezahlt werden. Und der Anstieg von 75 auf 100 Prozent entspricht einer jährlichen Verzinsung von 1,6 Prozent. Damit liegt der angebotene Zinssatz laut Bundesfinanzierungsagentur um rund 0,15 Prozentpunkte höher als der Marktwert vergleichbarer anderen Staatsanleihen. Bei einer Gesamtsumme von etwa acht Milliarden Euro macht dieser Unterschied mehrere Hundert Millionen an Mehrkosten aus.

5 Was bedeutet der neue Vorschlag für Kärnten und das Rating von Bund und Ländern?

Kärnten ist der große Profiteur, da das Angebot verbessert wird, ohne dass das Land einen zusätzlichen Beitrag leisten muss. Die Ratings der Bundesländer, die unter der Causa ordentlich litten, dürften von der zusätzlichen Hilfe des Bundes ebenfalls profitieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.03.2016)

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