ÖBB-Schulden: Rückzahlung auf Pump

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die Kosten für den Schienenausbau sollen bis 2050 zurückgezahlt werden. Da dies durch staatliche Zuschüsse erfolgt, wird die Staatsverschuldung entsprechend steigen.

Wien.Im Jahr 2004 wurden die ÖBB von 10,4 Mrd. Euro auf 3,8 Mrd. Euro entschuldet. Allerdings war das nicht der Neubeginn in eine schuldenfreie Zukunft. Seither ist der Schuldenstand nämlich wieder kontinuierlich auf knapp elf Mrd. Euro angeschwollen.

Grund ist der Ausbau der Infrastruktur. Zur Zeit werden pro Jahr rund 2,2 Mrd. Euro „verbaut“. Dies soll bis zum Jahr 2025 so weitergehen. Dann soll das Netz, das laut ÖBB immer noch von der Bautätigkeit der Monarchie zehrt, „auf ein wettbewerbsfähiges Niveau des 21. Jahrhunderts“ gebracht sein. Der ÖBB-Schuldenberg wird allerdings bis 2023 auf 26 Mrd. Euro wachsen.

Kosten tragen die Steuerzahler

Laut Infrastrukturministerin Doris Bures (SPÖ) ist die Tilgung dieser Schulden aber gesichert, da die Bundesregierung heuer erstmals einen verbindlichen Vertrag für die Rückzahlung unterzeichnet hat. In den vergangenen Jahren wurde nämlich auf Pump gebaut, ohne Konzept, wie die Milliardenschulden zurückgezahlt werden sollen. Nun sollen die Schulden bis 2050 getilgt werden.

Die Kosten dafür übernimmt jedoch wieder einmal großteils der Steuerzahler. Denn nur 30 Prozent aller Baukosten werden von den ÖBB selbst getragen. Das Geld dafür stammt vor allem aus der Schienenmaut, die vom Güter- und Personenverkehr gezahlt wird. Die restlichen 70 Prozent der Kosten übernimmt der Staat mittels jährlicher Zahlungen. Diese betragen aktuell 200 Mio. Euro, werden in den nächsten Jahren aber steil ansteigen und im Jahr 2038 mit 1,8 Mrd. Euro den – nicht inflationsbereinigten – Höchststand erreichen.

Das „System Bahn“ kostet den Steuerzahler darüber hinaus allerdings noch weitere vier Mrd. Euro pro Jahr. Rund die Hälfte davon fließt in den operativen Betrieb zum Erhalt des Schienennetzes und für gemeinwirtschaftliche Leistungen (unrentable Nebenstrecken, Schülerfreifahrt). Die anderen zwei Mrd. Euro fließen an die ÖBB-Pensionisten.

Taugt das Konzept?

Wie funktionstüchtig ist nun das Rückzahlungskonzept? Im Gegensatz zu den vergangenen Jahren ist es einmal ein Fortschritt, dass es überhaupt transparente Planrechnungen für die Entwicklung der Schulden und deren möglichen Abbau gibt. Bislang wurde diese Frage von der Politik mit „Wir werden uns ein Rückzahlungskonzept überlegen“ beantwortet.

Die Frage, warum der Schienenausbau mittels Schuldenaufnahme finanziert wird, beantwortet die Politik folgendermaßen: Die nun gebaute Infrastruktur könne in den nächsten 50 bis 80 Jahren genutzt werden. Daher sei es logisch, die Kosten auf eine längere Rückzahlung zu verteilen. Auch bei privaten Unternehmen würden große Investitionen mittels Fremdkapital finanziert und in kleinen Happen zurückgezahlt.

Bei der Bahn stimmt dieser Vergleich jedoch nicht ganz, da diese – anders als etwa die Asfinag – nur 30 Prozent der Baukosten mit dem subventionierten Betrieb über die Maut zurückverdienen kann. Den Rest zahlt ja der Staat. Und dieser muss, da er selbst kaum ein Jahr ohne Defizit auskommt, dafür wieder neue Schulden aufnehmen.

Allerdings hat ein ausgebautes Bahnnetz auch einen volkswirtschaftlichen Nutzen. Daher gilt der Ausbau des Schienennetzes als staatliche Aufgabe und wird in nahezu allen Ländern so gehandhabt. Bei einzelnen teuren Projekten wie dem Koralmtunnel wird dieser volkswirtschaftliche Nutzen jedoch stark hinterfragt.

Das Resümee lautet also: Wenn alles glattgeht, werden die ÖBB 2050 zwar wieder weitgehend schuldenfrei sein. Die Staatsverschuldung wird im Gegenzug jedoch um einen zweistelligen Milliardenbetrag gestiegen sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.07.2009)

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