Heta: Zeichen stehen auf Insolvenz Kärntens

(c) APA/MICHAEL WALCHER
  • Drucken

Das am Freitag ablaufende Rückkaufangebot für die landesgarantierten Heta-Anleihen dürfte scheitern. Die Folge wären jahrelange Rechtsstreitigkeiten, die schlussendlich eine Insolvenz des Bundeslandes Kärnten bringen können.

Wien. Wohl kaum jemand wurde in der Heta-Causa so oft zitiert wie Commerzbank-Chef Martin Blessing: Die Gans werde erst in den letzten fünf Minuten knusprig, meinte er vor einigen Wochen. Damit befeuerte er die Erwartung, dass es kurz vor Ablauf des Rückkaufangebots für die landesgarantierten Anleihen der Hypo-Bad-Bank Heta noch eine Einigung zwischen Heta-Gläubigern und Finanzminister Hans Jörg Schelling sowie Kärnten geben werde. Heute, Freitag, ist der letzte Tag des Angebots gekommen – und alles deutet darauf hin, dass diese letzte Einigung doch ausbleiben und das Angebot somit scheitern wird. Was heißt das für die Heta, Kärnten, die Gläubiger und die Steuerzahler? „Die Presse“ hat die Antworten:

1. Warum dürfte das Angebot aller Voraussicht nach scheitern?

Vielen Gläubigern ist das vom Bund unterstützte Angebot Kärntens, die zu 100 Prozent garantierten Anleihen um 75 Prozent zurückzukaufen, zu niedrig. Daran änderte auch das jüngste Zusatzangebot von Schelling nichts, wonach das Geld in Bundesanleihen investiert werden könne, um in 18 Jahren wieder 100 Prozent des Ursprungswertes zurückzuerhalten. Für Schelling ist jetzt Schluss, „das Angebot wird nicht verbessert“, sagte er Donnerstagabend. „Wenn es scheitert, werden wir nichts mehr tun. Und der Haircut der FMA wird noch viel dramatischer sein.“ Die Gläubiger lassen sich davon nicht beeindrucken, sie sind darüber verärgert, dass man in Klagenfurt Verhandlungen verweigert hat.

2. Wann wird das Ergebnis des Rückkauf-Angebots feststehen?

Heute um 17 Uhr läuft die Frist ab. Erst danach wird mit der Auswertung begonnen. So wollte man im Vorfeld Zwischenergebnisse verhindern, die Entscheidungen hätten beeinflussen können. Durchgeführt wird die Auswertung von JP Morgan und der Citigroup. Kommenden Montag in der Früh sollen die Kärntner Landesregierung und danach die Öffentlichkeit informiert werden.

3. Was wird nach einem Scheitern des Angebots weiter passieren?

Vorerst gar nichts. Die Anleihen verbleiben bei ihren Haltern und können weiterhin gehandelt werden. Im Frühjahr wird dann die FMA einen Schuldenschnitt für die Heta verfügen. Dieser dürfte ziemlich tief gehen, da man bei der Behörde die Sicherheit haben will, am Ende nicht zu wenig Geld zu haben. Lieber zahlt man den Gläubigern nach Abwicklung der Heta im Jahr 2020 übrig gebliebenes Geld nach. Erwartet wird daher ein Schnitt zwischen 50 und 55 Prozent. Außerdem könnte die FMA auch die Laufzeiten der Anleihen verändern. Derzeit laufen nämlich überproportional viele Anleihen im Jahr 2017 ab, wenn noch wenig Geld aus der Abwicklung da ist. Überlegt wird daher etwa, die Laufzeit aller Anleihen auf einen Punkt in weiterer Zukunft zu erstrecken. Dies kann für die Haftungen Kärntens wichtig sein. Denn die Gläubiger werden so schnell wie möglich Klage gegen Kärnten einreichen und auf die Haftung pochen. Ab wann diese gilt, ist jedoch umstritten. Zudem will Kärnten die Haftungen auch grundsätzlich bestreiten.

4. Was geschieht, wenn Kärnten in Insolvenz gehen muss?

Auch wenn Kärnten von jahrelangen Prozessen ausgeht, wird allgemein erwartet, dass die Haftungen irgendwann einmal schlagend werden und Kärnten in Insolvenz gehen müsste. Dann würde ein Masseverwalter eingesetzt werden, der das frei verfügbare Finanzvermögen Kärntens zu Geld machen muss. Was davon umfasst sein könnte, ist jedoch völlig offen. Heimische Rechtsexperten kamen – abhängig von ihren Auftraggebern – zu unterschiedlichen Ergebnissen. Während etwa die Gutachter Georg Kodek und Michael Potacs nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten sahen, könnten laut Heinz Mayer Firmenbeteiligungen, Grundstücke und sogar das Klagenfurter Landhaus verkauft werden. Auch Ansprüche aus dem Finanzausgleich wären pfändbar. Klar ist nur, dass dem Land alles bleiben muss, wofür es eine „gesetzliche Betriebspflicht“ gibt – also etwa Schulen, Kindergärten und Krankenhäuser.

5. Was bedeutet eine Insolvenz Kärntens für die Republik und die anderen Bundesländer?

Für die Republik wäre eine Insolvenz eines Landes zwar kein Ruhmesblatt, die direkten Auswirkungen – bei der Refinanzierung auf dem Kapitalmarkt – dürften jedoch gering bleiben. Anders sieht das für die anderen Bundesländer und deren Hypobanken aus. Schon nach der Einführung des Hypo-Moratoriums im Vorjahr schnellten die Zinsen für Anleihen der Länder und Landeshypos nach oben. Inzwischen hat sich die Lage zwar wieder etwas beruhigt. Bei einer Insolvenz Kärntens würde die Aufnahme neuer Schulden aber beispielsweise auch in Innsbruck, St. Pölten oder Graz empfindlich teurer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.03.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

General view of the headquarters of defunct Austrian lender Hypo Alpe Adria  in Klagenfurt
Österreich

Heta: Länder spielen Ball den Gläubigern zu

Die Investoren sollen ein Kaufangebot abgeben.
Österreich

Heta: Neuer Anlauf für Einigung

Bund und Länder hoffen auf „Beweglichkeit“ der Gläubiger und warten auf ein Angebot. Jede außergerichtliche Lösung sei besser als ein langjähriger Rechtsstreit.
Heta-Vorstandschef: Verfahren sollte zum EuGH
Österreich

Heta-Vorstandschef: Verfahren sollte zum EuGH

Der Europäische Gerichtshof sollte Rechtssicherheit über die Abwicklung der Heta schaffen, meint Sebastian Schoenaich-Carolath.
General view of the headquarters of defunct Austrian lender Hypo Alpe Adria  in Klagenfurt
Österreich

Heta-Pleite vorerst abgewendet

Ein Gerichtsurteil könnte in einer Kettenreaktion zu massiven Vermögensverlusten führen, warnte die Hypo-Bad-Bank. Das deutsche Gericht vertagte daraufhin den Prozess.
K�RNTEN: PK AUSSERORDENTLICHE REGIERUNGSSITZUNG MIT BERICHT DER FINANZREFERENTIN: KAISER / SCHAUNIG / BENGER / HOLUB
Österreich

Kärnten will seine Haftungen loswerden

Das Land bereitet sich auf die juristischen Auseinandersetzungen vor: Zunächst wird rechtlich geprüft, ob die Haftungen für die Hypo überhaupt rechtsgültig sind, und ob die Gläubiger ein Mitverschulden trifft.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.