Kärnten: Nach dem Poker ist vor dem Poker

Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser.
Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser.(c) APA/GERT EGGENBERGER
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Das Angebot an die Hypo-Gläubiger ist gescheitert. Jetzt werden die Karten neu gemischt. Dem Land Kärnten droht mehr denn je die Pleite.

Noch ist das Scheitern nicht offiziell. Aber wenn der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser Montagnachmittag vor die Medien tritt, wird ihm wohl nichts anderes übrig bleiben, als einzugestehen, dass sein Angebot an die Gläubiger der Hypo Alpe Adria auf wenig Gegenliebe gestoßen ist und das Land Kärnten seine Haftungen über elf Milliarden Euro immer noch nicht losgeworden ist. Rund 24 Millionen Euro hat der Spaß gekostet: 7,3 Millionen hat Kärnten für den Ausgleichsfonds aufgewendet, der das Angebot offiziell erstellt hat, 17 Millionen der Bund für die Investmentbanken, die den Deal begleitet haben.

Angesichts der Milliarden, die die Hypo schon gekostet hat, ist das wohl eines der geringeren Probleme der Protagonisten. Schwerer wiegt: Sowohl Schelling als auch die Kärntner Landesspitze um Kaiser und Finanzlandesrätin Gaby Schaunig sind nach Ablehnung ihres Plans schwer angeschlagen. Und da hilft es auch nichts, dass beide jetzt mit schweren Geschützen gegen die Gläubiger auffahren. Kaiser hat schon im Vorfeld angekündigt, jetzt die Boxhandschuhe anziehen und mit harten Bandagen kämpfen zu wollen. Schelling hat die Gläubiger gewarnt: Das, was sie jetzt bekommen werden, ist weniger, als sie gerade ausgeschlagen haben.

Für die Gläubiger ist die Situation zweifellos auch mit Risken behaftet. Sie haben ein Angebot abgelehnt, das mit rund 85 Prozent gar nicht so schlecht dotiert war und müssen jetzt jahrelange Rechtsstreitigkeiten führen, um mehr herausholen zu können – mit der Gefahr, dass es auch deutlich weniger werden kann. Aber für Kärnten und den Bund sind die Risken deutlich höher, da geht es ans Eingemachte.

Das weitere Prozedere ist absehbar: Die Finanzmarktaufsicht wird in den nächsten Wochen einen Schuldenschnitt für die Hypo-Nachfolgegesellschaft Heta bekannt geben, der kräftig ausfallen und vermutlich irgendwo zwischen 40 und 50 Prozent liegen wird. Die Gläubiger werden sich daraufhin aufgrund der Haftungen an das Land Kärnten wenden – und der Rechtsstreit kann beginnen. Kärnten wird zunächst einmal die Haftungen bestreiten. Laut einem Gutachten des Linzer Rechtsprofessors Bruno Binder – er agiert auch als Verfahrensanwalt im Hypo-U-Ausschuss – sind die Haftungen nicht rechtswirksam zustande gekommen und auch verfassungswidrig.

Sollte man damit nicht durchkommen, droht tatsächlich eine Pleite des Landes. Wie sich diese genau auswirken wird, kann heute noch niemand sagen, da es weder klare Regelungen für die Insolvenz einer Gebietskörperschaft gibt, noch einen Präzedenzfall. Gutachter kommen zu völlig unterschiedlichen Auffassungen, welche Folgen eine Zahlungsunfähigkeit des Landes hätte. In der für das Land freundlichsten Auslegung wäre kaum etwas pfändbar, weil praktisch alle Mittel für die Erfüllung der verfassungsmäßigen Aufgaben benötigt werden. Wohl aber könnte der Masseverwalter Personal entlassen. In der unfreundlichen Variante wären sowohl die Anteile am Landesenergieversorger Kelag als auch die Wohnbauförderungsmittel weg. Und die Abgeordneten müssten das repräsentative Landhaus räumen und in Billigbüros an der Peripherie übersiedeln.

Milliardenkosten für den Bund. Aber auch für den Bund hätte das Pleiteszenario unangenehme Folgen. Denn erstens würden dann ja sämtliche Verbindlichkeiten des Landes von einem Schuldenschnitt betroffen sein. Und von den drei Milliarden Euro, die Kärnten derzeit an Krediten offen hat, ist ein beträchtlicher Teil über die Bundesfinanzierungsagentur aufgenommen worden. Und zweitens sind auch rechtliche Schritte Kärntens gegen den Bund zu erwarten: Da ein beträchtlicher Teil des Schadens durch die Untätigkeit der jeweiligen Finanzminister nach der Notverstaatlichung passiert ist, könnte das Land Schadenersatz geltend machen.

Kärnten hat jedenfalls schon am Wochenende einen Krisenstab eingesetzt, der sich mit den Folgen der Nicht-Annahme des Angebots beschäftigt. Und auch in den anderen Bundesländern macht sich Nervosität breit. Da damit zu rechnen ist, dass sich die Länder und ihre Hypos im Falle einer Pleite Kärntens am freien Markt nicht mehr finanzieren werden können, haben schon mehrere Landeshauptleute gefordert, der Finanzminister möge rasch eine Lösung mit den Gläubigern finden.

Schelling und der Kärntner Landesspitze wird wohl nichts anderes übrig bleiben, als jetzt jene Verhandlungen mit den Gläubigern aufzunehmen, die man in den vergangenen Monaten tunlichst vermeiden wollte. Das wird vermutlich parallel zu den ersten gerichtlichen Auseinandersetzungen stattfinden und von entsprechendem Theaterdonner begleitet sein. Der Poker um das Angebot an die Gläubiger ist am Freitag beendet worden. Die nächste Pokerrunde kann beginnen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.03.2016)

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