Sonnenstrom für alle

Mehrparteienhaus mit Solarkollektoren
Mehrparteienhaus mit Solarkollektoren(c) www.BilderBox.com (www.BilderBox.com)
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Ein geplantes Gesetz soll es Städtern ermöglichen, Solarstrom von den Dächern ihrer Wohnanlagen endlich auch selbst zu nutzen.

Wien. Europas Energiewende bringt einen neuen Verbrauchertyp hervor: den Selbstversorger. Immer mehr Menschen in Österreich sehnen sich danach, ihren Strombedarf zumindest zum Teil mit selbst erzeugtem Ökostrom zu decken. Wer aber kein Haus in sonniger Lage besitzt, dem bleibt dieser Traum bis dato verwehrt. So können die Besitzer von Zinshäusern zwar Solaranlagen auf dem Dach installieren lassen, sie dürfen den dort erzeugten Strom aber laut Gesetz nicht an die eigenen Mieter oder Nachbarn weiterverkaufen.

Das soll sich nun ändern. Wie „Die Presse“ in Erfahrung bringen konnte, arbeitet das Wirtschaftsministerium an einer Novelle des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes (Elwog), die den Eigenverbrauch von Sonnenstrom erleichtern und bürokratische Hürden abbauen soll. Konkret sieht der Entwurf vor, dass Fotovoltaikanlagen in Mehrfamilienhäusern künftig auch gemeinsam genutzt werden dürfen. Bis dato war der Besitzer einer solchen Anlage gesetzlich gezwungen, den Sonnenstrom über eine eigene Leitung, an den Bewohnern vorbei, direkt ins öffentliche Netz einzuspeisen. Künftig soll der Solarstrom direkt in die hauseigene Steigleitung eingespeist und von dort an die jeweiligen Bewohner im Haus weitergeleitet werden dürfen. Nur ein etwaiger Überschuss an Solarstrom landet im öffentlichen Netz.

„Gewaltiger Schritt nach vorn“

„Das erleichtert den Eigenverbrauch im urbanen Bereich massiv“, sagt Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP). Für Mieter und Wohnungseigentümer brächte das Gesetz zwei große Vorteile: Sie können endlich eigenen Solarstrom verbrauchen. Und sie sparen damit auch noch Geld. Denn für die selbst verbrauchte Elektrizität fallen keine Gebühren für das öffentliche Netz an. Sie machen immerhin bis zu einem Drittel der Stromrechnung aus.

Die Solarlobby, die sich ebenso wie die Bundesländer Wien und Salzburg für eine Lösung eingesetzt hat, ist vorsichtig optimistisch: „Wenn es so kommt, ist es ein gewaltiger Schritt nach vorn“, heißt es etwa auf Nachfrage beim Branchenverband Photovoltaic Austria. Neben den Erleichterungen im städtischen Bereich sieht der Gesetzesentwurf auch eine Ausnahme von Gebühren für Fotovoltaikkleinstanlagen vor. Geplant ist zudem, dass Landeshauptleute nur noch bei rohstoffabhängigen Ökostromanlagen mitreden dürfen. Betreiber von Wind- und Solaranlagen ersparen sich einen zusätzlichen Antrag beim Landeskaiser.

Aber nicht alle Forderungen der Solarlobbyisten wurden erfüllt. So werden etwa die Hunderten Unternehmen im Land, die sich (angelockt von großzügigen Förderungen) überdimensionierte Solaranlagen auf das Dach geschraubt haben, ihren selbst erzeugten Strom auch weiterhin nicht in Eigenregie an ihre Nachbarn verkaufen dürfen. In Deutschland sind Modelle, in denen Industriebetriebe Unternehmen in der Nachbarschaft mit Elektrizität versorgen, durchaus üblich. In Österreich dürften sie das auch künftig nicht ohne Konzession als Energieversorger.

Um die lang geforderte Novelle wahr werden zu lassen, braucht Mitterlehner die Zustimmung von Sozialminister Alois Stöger (SPÖ). Bis Mai ist der Ministerratsvortrag geplant; die zum Beschluss notwendige Zweidrittelmehrheit im Parlament soll bis Sommer stehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.03.2016)

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