Studie: Jeder zweite Tourismusbetrieb macht Verluste

Die Presse (Clemens Fabry)
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Laut einer Studie der Wirtschaftskammer liegen die Gewinne in der Hotellerie und Gastronomie deutlich unter anderen Branchen.

Trotz aktueller Rekordwerte bei den Nächtigungen und Gästezahlen dürften die heimischen Tourismusbetriebe wohl nur verhalten jubeln. Denn die guten Zahlen spiegeln sich nicht im Ertrag der Unternehmen wider. Die Gewinne liegen im Schnitt deutlich unter jenem anderer Branchen. Außerdem macht jeder zweite Betrieb Verluste, wie eine aktuelle Studie im Auftrag der Wirtschaftskammer Österreich ergab.

Das Institut KMU Forschung Austria hat rund 8000 Bilanzen aus Hotellerie und Gastronomie über mehrere Jahre hinweg analysiert. Das Ergebnis ist ernüchternd. Gerade 1,6 Prozent des Umsatzes bleiben den Unternehmen im Schnitt als Gewinn nach Finanzergebnis (EGT). "Davon kommt noch die Ertragsteuer weg. Der Spielraum für Schuldentilgung und Neuinvestitionen ist damit sehr eng. Da darf nicht viel passieren", erklärte Peter Voithofer, Direktor des Forschungsinstitutes bei der Präsentation der Studie am Donnerstagabend in St. Johann im Pongau. "Im Vergleich dazu verzeichnen kleine und mittlere Unternehmen in anderen Branchen im Schnitt 3 Prozent Gewinn. Fast alle anderen Sektoren der österreichischen Wirtschaft stehen besser da."

"Wert war schon einmal höher"

52 Prozent der Tourismusbetriebe schreiben laut Studie zudem rote Zahlen. "Der Wert war zwar schon einmal höher, von einer wirklichen Verbesserung ist man aber weit entfernt." Voithofer verwies allerdings auf die extreme Bandbreite bei den Betrieben. So würden ergebnisstarke Tourismus-KMU ein positives EGT (Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit) von beinahe 14 Prozent, ergebnisschwache ein negatives Ergebnis von fast 18 Prozent ausweisen. "Eine Durchschnittsbetrachtung wird der Vielfalt im Tourismus nicht gerecht. Aber insgesamt geht es nach unten." Das spiegelt sich auch beim Betriebserfolg vor dem Finanzergebnis wider. Er sank von 5,5 Prozent in der Saison 2010/2011 auf 4,8 Prozent in der Saison 2013/2014.

Die Gründe für die negative Entwicklung seien vielfältig. Neben dem intensiven Wettbewerb in der Branchen und der immer kürzeren Aufenthaltsdauer der Urlauber sind es laut Voithofer vor allem die hohen Personalkosten, die auf das Ergebnis drücken. In Relation zum Umsatz lagen sie zuletzt bei 37,5 Prozent, Tendenz steigend. Auch die Eigenkapitalquote im österreichischen Tourismus sei mir durchschnittlich 17 Prozent vergleichsweise gering. "Das erhöht die Risikoanfälligkeit." Dazu kommt eine hohe Bankverschuldung. Die lang- und kurzfristigen Bankverbindlichkeiten lagen 2013/14 bei hohen 59 Prozent des Gesamtkapitals.

Wie Wolfgang Kleemann, Geschäftsführer der Österreichischen Hotel- und Tourismusbank (ÖHT), sagte, helfe das extrem niedrige Zinsniveau zwar der Branche. Das Problem sei aber weniger die schwache Eigenkapitalquote der Betriebe, sondern die der Banken. "Die Basel-III-Kriterien fordern hohe Eigenkapitalreserven für schlechte Ratings. Und Tourismusunternehmen werden von Ratingagenturen unverständlicherweise klar schlechter bewertet als andere Unternehmen." Dabei würden Betriebe, die investieren und eine zeitgemäße Infrastruktur bieten, besser auf saisonale Probleme reagieren können. "Sie erzielen auch einen höheren Durchschnittspreis."

"Stimmung in der Branche sehr schlecht"

"Die Stimmung in der Branche ist nach wie vor sehr schlecht", berichtete Petra Nocker-Schwarzenbacher, die Bundesobfrau der Sparte Tourismus in der Wirtschaftskammer. Sie forderte - mit einem Seitenhieb auf die Registrierkassen- und Belegerteilungspflicht - von der Politik weniger Bürokratie, in erster Linie aber eine Senkung der Lohnnebenkosten. Buchungsplattformen im Internet spielen für sie eine ambivalente Rolle. "Diese sind Fluch und Segen zugleich. Sie reißen einen großen Teil des Ertrags an sich, helfen aber dabei, auf neuen Märkten Fuß zu fassen und eine bessere Auslastung zu erzielen."

(APA)

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