Hypo Kärnten: Kulterer vielleicht bald wieder frei

Ex-Hypo-Aufsichtsrat Kulterer kann vermutlich seine Zelle früher verlassen. Das verdankt er Ex-Hypo-Chef Tilo Berlin.
Ex-Hypo-Aufsichtsrat Kulterer kann vermutlich seine Zelle früher verlassen. Das verdankt er Ex-Hypo-Chef Tilo Berlin. (c) APA/HANS PUNZ
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2014 wurden Hypo-Chef Tilo Berlin und die Vorstände Kulterer, Grigg und Kircher wegen Untreue verurteilt. Nun hob der OGH die Schuldsprüche und Strafen teilweise auf.

Wien. Für Ex-Hypo-Chef Tilo Berlin, aber auch für die früheren Hypo-Vorstände Wolfgang Kulterer, Josef Kircher und Siegfried Grigg ist die jüngste Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH) vorerst Anlass zum Jubel. Für das Landesgericht Klagenfurt bedeutet sie allerdings einen Schlag ins Gesicht. Der OGH hob nämlich die Schuldsprüche der Genannten wegen Untreue sowie die verhängten Strafen teilweise auf. Während die Urteile im Vorzugsaktiendeal rechtskräftig bleiben, muss der Untreuevorwurf bezüglich der Sonderdividende in einem neuen Verfahren am Landesgericht Klagenfurt neu aufgerollt und geprüft werden. Und das wird dauern, mit einem neuen Urteil ist so bald nicht zu rechnen.

Ein Rückblick: Grigg, Kulterer, Kircher und Berlin waren im Frühling 2014 von einem Schöffensenat schuldig gesprochen worden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Angeklagten durch die Gewährung von Put-Optionen die Bank um Millionen geschädigt hatten und verurteilten sie wegen Untreue. Diese Schuldsprüche wurden vom OGH nicht aufgehoben.

Kulterer war geständig

Bei der Sonderdividende ging es um den Vorwurf, die Bank sei durch eine Ausschüttung in Millionenhöhe geschädigt worden. Nur dieser Aspekt muss in einem neuen Verfahren geklärt werden. Während Kulterer und Kircher im Laufe des Prozesses ein Geständnis ablegten, beteuerten Berlin und Grigg ihre Unschuld. Damals ohne Erfolg: Berlin wurde zu einer Haftstrafe von 26 Monaten, Grigg zu dreieinhalb Jahren unbedingt verurteilt. Kircher fasste drei Jahre (zwei davon bedingt) aus, und Kulterer hatte noch eine Zusatzstrafe von einem Jahr hinzunehmen, nachdem er schon in anderen Verfahren zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden war. Anders als er und Kircher akzeptierten Grigg und Berlin ihre Verurteilungen nicht. Ihre Anwälte brachten gegen die Urteile Nichtigkeitsbeschwerde ein.

Aus diesem Anlass hatte sich der OGH nun mit dem Strafverfahren zu befassen und hob die Urteile schließlich auf. Allerdings von Amts wegen und nicht, weil er der Beschwerde von Berlin und Kircher stattgab. Von Amts wegen darf der OGH nur dann ein Urteil kippen, wenn er der Auffassung ist, das Gericht hat das geltende Strafrecht inhaltlich bzw materiell falsch angewendet, nicht etwa bloß wegen eines Verfahrensfehlers.

Offensichtlich kam der 11. Senat zu dem Ergebnis, dass der vom Landesgericht Klagenfurt festgestellte Sachverhalt dem Tatbestand der Untreue gar nicht entspricht. Jedenfalls aber reicht er nicht aus, um die Angeklagten deshalb schuldig zu sprechen. Und er beseitigte nicht nur die Schuldsprüche und Strafen der Beschwerdeführer Berlins und Griggs, sondern auch gleiche jene von Kircher und Kulterer. Sie profitieren also von dem Widerstand ihrer Mitangeklagten, obwohl sie sich gegen ihre eigenen Strafen gar nicht gewehrt hatten.

Wie das geht? Die österreichische Strafprozessordnung macht es möglich. Sieht der OGH bei seiner Prüfung, dass ein materieller Nichtigkeitsgrund auch auf Angeklagte zutrifft, die gar keine Nichtigkeitsbeschwerde erhoben haben, muss er so tun, als hätten sie es getan. Für Kulterer wirkt sich diese gesetzliche Fiktion äußerst positiv aus.

Kulterer hat bald Halbzeit

Denn er kann nach Auskunft des OGH nun die Justizanstalt Klagenfurt möglicherweise schon in den nächsten Wochen verlassen. Konkret hängt das davon ab, wann er die Hälfte seiner Haftstrafe abgesessen hat. Da die Zusatzstrafe von einem Jahr wegfällt, erreicht Kulterer die Halbzeit nun ein Jahr früher. Und ab diesem Zeitpunkt ist seine bedingte Entlassung möglich. Es sei denn, das Gericht hat Bedenken über sein Wohlverhalten, oder seine Entlassung wäre aus generalpräventiver Sicht das falsche Signal. Doch damit ist nicht zu rechnen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.04.2016)

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