AK-Chef Kaske will Zustrom zum Arbeitsmarkt stoppen

Austrian working council Arbeiterkammer president Kaske addresses a news conference in Vienna
Austrian working council Arbeiterkammer president Kaske addresses a news conference in Vienna(c) REUTERS (HEINZ-PETER BADER)
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Die Zahl der Arbeitslosen soll bis 2020 um 100.000 sinken. Das würde dem Staat 3,3 Mrd. Euro bringen.

Wien. Zum Vorschlag seines Parteikollegen, Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ), billiglohnbedrohte Branchen in Österreich für ausländische Arbeitskräfte überhaupt zu schließen, will Rudolf Kaske nicht Stellung beziehen. Obwohl dem Arbeiterkammer-Präsidenten die Entsenderichtlinie, die seiner Meinung nach Lohn- und Sozialdumping Vorschub leistet, ebenfalls ein großer Dorn im Auge ist.

Die grenzüberschreitenden Entsendungen von Arbeitskräften aus anderen EU-Staaten hätten 2015 von 106.000 auf 134.000 zugenommen und die angespannte Lage auf dem Arbeitsmarkt weiter verschärft, sagte Kaske am Freitag. Im Gegenzug hätten österreichische Firmen 2014 genau 48.815 Beschäftigte in andere EU-Länder geschickt. Kaske wiederholte daher im Klub der Wirtschaftspublizisten seine Forderung nach schärferen Kontrollen gegen Sozialbetrug und die Beseitigung von Lücken in der Entsenderichtlinie bzw. bei der Durchsetzung von Maßnahmen gegen Lohn- und Sozialdumping. Die Finanzpolizei müsse von 500 auf 1000 Beamte aufgestockt werden.

„Wir – Politik und Wirtschaft gleichermaßen – müssen die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zum obersten Ziel erklären“, betonte Kaske mit Hinweis auf das Ungleichgewicht am Arbeitsmarkt. Zwar sei in den vergangenen Jahren die Beschäftigung gestiegen, noch mehr sei das Angebot an Arbeitskräften und die Arbeitslosigkeit gewachsen – trotz zum Teil guten Wirtschaftswachstums. 2014 sei das Arbeitskräfteangebot um 12,5 Prozent über dem Niveau von 2004 gelegen. 438.000 Menschen seien im März arbeitslos gewesen, jeder Dritte sei einmal im Jahr ohne Job.

Die Gründe hat Kaske schnell zur Hand: Immer mehr Frauen arbeiteten, das Pensionsantrittsalter steige, und dazu kämen die Flüchtlinge. Wobei „wir jenen 90.000, die im Vorjahr kamen, eine Chance bieten müssen“, macht sich Kaske für rasche Asylverfahren stark.

Kürzere Arbeitszeit

Das zugegebenermaßen äußerst ambitionierte Ziel des AK-Präsidenten: Die Zahl der Arbeitslosen soll bis 2020 um 100.000 sinken. Das würde rund 3,3 Mrd. Euro bringen. Dazu müsse gleich an mehreren Schrauben gedreht werden. Einerseits gehe es um mehr öffentliche Investitionen. Andererseits um „sinnvolle Formen der Verknappung des Angebots an Arbeitskräften“.

Darunter versteht Kaske, neben der erwähnten Eindämmung der Beschäftigung von Ausländern, eine Verkürzung der Arbeitszeit, unter anderem durch die Erweiterung der Freizeitoption in den Kollektivverträgen, oder die sechste Urlaubswoche. Das würde das Arbeitskräfteangebot umgerechnet auf Vollzeitstellen um rund 30.000 reduzieren, rechnet Kaske vor.

Bei Investitionen sei nicht nur hierzulande, sondern EU-weit, die öffentliche Hand gefordert. „Selbst im konservativen Lager erkennt man, dass die neoliberale Austeritätspolitik gescheitert ist“, konnte sich Kaske einen ideologischen Seitenhieb nicht verkneifen. Die „goldene Investitionsregel“: Die EU-Länder sollen heuer und 2017 ihre öffentlichen Investitionen koordiniert und kreditfinanziert um ein Prozent des BIP erhöhen. In Österreich sollte das Geld in Schulen, den sozialen Wohnbau und den öffentlichen Verkehr fließen.

Aber auch Unternehmen müssen ihre Kassen öffnen: Statt hohe Dividenden auszuschütten, sollen sie investieren. „Wenn es gelingt, die neu geschaffenen Arbeitsplätze mit Arbeitslosen zu besetzen, ist das eine Doppeldividende.“ (eid)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.04.2016)

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