Post-Chef Pölzl: „Die Post hat die schnelleren Leute“

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PK �STERREICHISCHE POST AG ´ERGEBNIS 1. HALBJAHR´: P�LZL(c) APA/GEORG HOCHMUTH
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Post-Chef Georg Pölzl möchte weg von der Amtsmentalität. Auf Kosten der Leistung zu sparen sei aber dumm. Die deutsche Paket-Konkurrenz will er mit Service und Tempo schlagen.

Die Presse: Wann trägt der letzte Briefträger den letzten Brief aus?

Georg Pölzl: Das werden wir alle nicht erleben. Es wird wohl immer physische Dokumente geben. Aber das Briefgeschäft geht zurück, im letzten Jahr beschleunigt. Wir rechnen mit drei bis fünf Prozent Rückgang pro Jahr. Im Moment sind wir eher an der oberen Zahl.

Schreiben Sie selbst gern Briefe?

Ich schreibe fast täglich Geburtstagskarten, mit der Hand. Das ist ein Zeichen von großer Wertschätzung. Ich freu' mich auch selbst über jedes Poststück.

Da schwingt Nostalgie mit. Wollen Sie die alten Zeiten zurück?

Nein, das geht nicht. Wir müssen uns nach den Kunden richten, auch wenn das im Postwesen eine Neuigkeit ist. Dabei sehen wir aber: 80 Prozent wollen wichtige Dokumente wie etwa Rechnungen brieflich. Erst 20 Prozent wollen alles elektronisch. Die Versender von Rechnungen sind nicht gut beraten, über den Kunden drüberzufahren, indem sie sagen: „Die Telefonrechnung gibt's eh am Server.“

Das haben Sie früher anders gesehen, als Chef von T-Mobile . . .

Damals haben wir vergünstigte Tarife für Kunden eingeführt, die sich mit einer Onlinerechnung begnügen. Das ist gar nicht mehr erlaubt, aus Gründen des Konsumentenschutzes. Was auch gut ist. Es ist eine Zumutung. Durch die schriftliche Rechnung weiß ich, dass ich etwas kontrollieren muss. Ich hoffe, dass der Gesetzgeber einen Riegel vorschiebt. Natürlich habe ich als Postchef ein Eigeninteresse, das möchte ich gar nicht verhehlen. Aber ich setze mir hier die Brille des Konsumenten auf.

Was sind Produkte der Zukunft?

Digitale Dokumente, die wir gesichert befördern. Etwa Behördenpost, für die man eine Bestätigung der Zustellung braucht. Das Paketgeschäft erweitert sich durch eigene Angebote im E-Commerce.

Wie geht sich die Rechnung aus?

Das Briefgeschäft ist noch immer fünfmal so groß wie das Paketgeschäft. Wir haben also ein echtes Problem, wenn das Briefgeschäft um fünf Prozent schrumpft und das Paketgeschäft nur um fünf Prozent wächst. Aber wir konnten Kosten senken, ohne Abstriche bei der Qualität, so beim Kuvert für Werbepost: Der Kunde hat Ordnung, wir sparen uns 9000 manuelle Sortierstunden pro Tag und machen Umsatz mit der Werbung auf dem Kuvert. Auf Kosten der Leistung zu sparen ist dumm und fantasielos.

Mit Shöpping.at wollen sie künftig heimische Onlinehändler stärken. Aus Patriotismus?

Nein. Österreich liegt im Onlinehandel weit zurück. Das Pro-Kopf-Volumen liegt 50 Prozent unter dem deutschen. Und 60 Prozent der Pakete kommen aus dem Ausland. Also muss es Potenzial geben. Das wollen wir ausschöpfen.

Wird es in 20 Jahren überhaupt noch Postämter geben?

Ich hoffe schon. Wir haben unser Filialnetz ausgeweitet, auf rund 1800. Aber wir haben nur noch 500 eigene Postämter, der Rest sind Postpartner. Wir könnten uns heute 1800 Postämter gar nicht mehr leisten, da würden wir hohe Verluste schreiben. Das Service der Postpartner ist anders, aber besser, schon wegen der längeren Öffnungszeiten. Man wirft uns vor, dass wir die Versorgung auf dem Land ausdünnen. Das Gegenteil ist der Fall. Der wirtschaftliche Hintergrund interessiert niemanden.

Die deutsche DHL macht Ihnen auf dem Heimmarkt Konkurrenz. Wie ist die erste Zwischenbilanz?

Wir spüren das schon beim Paketvolumen. Die Konkurrenz investiert ja auch einiges. Aber ihre Rechnung geht nicht auf, weil wir jetzt die Hälfte der Pakete direkt in Deutschland abholen. Wir wehren uns, vor allem durch Service. Die Deutschen haben die tieferen Taschen. Aber wir haben die kreativeren und schnelleren Leute.

Amazon ist Ihr größter Kunde. Was, wenn Sie ihn verlieren? In vielen Ländern liefert er selbst.

Das können wir nicht ausschließen. Aber wir tun viel, damit sie sich das lieber dreimal überlegen.

Auch die deutsche Trans-o-flex hat Kummer gemacht. Hätten Sie sie früher verkaufen sollen?

Wenn ich gewusst hätte, dass es so ausgeht: ja. Es ist uns in zehn Jahren nicht gelungen, das Unternehmen in einem Umfeld von ständigen Preisrückgängen zu restrukturieren. Es tut mir sehr leid, weil es Teil unserer internationalen Wachstumsstory war. Es war aber noch ein Ende mit einem sehr überschaubaren Schrecken.

Mitarbeiter wehren sich meist gegen Veränderungen. Sind die bösen Grabenkämpfe vorbei?

Es ist viel ruhiger geworden. Wir haben bei der Führung viel investiert und ausgewechselt, bis zu den Filialleitern. Mit Jungen durchmischt, weg von der Amtsmentalität. Wir müssen Personal abbauen, bis zu 800 pro Jahr, und zugleich für Blutauffrischung sorgen. Wenn uns die Briefmenge einmal um zehn statt um fünf Prozent jährlich einbricht, schaffen wir es nicht mehr. Dann kommen wir mit dem Restrukturieren nicht mehr nach.

Haben Sie mit der Gewerkschaft Frieden geschlossen?

Nein. Es ist ein laufendes Gefecht. Sie kommen aus einer anderen Perspektive, was auch gut ist. Es wäre aber falsch, wenn die Gewerkschaft die Post führte. Eine glatte Themenverfehlung, wie auch ein Herr Pölzl in der Gewerkschaft.

ZUR PERSON

Georg Pölzl (59) ist seit 2009 der Vorstandschef der Österreichischen Post AG. Davor war der Absolvent der Montan-Uni an der Spitze von T-Mobile, erst in Österreich, dann in Deutschland. Erfahrungen als Manager sammelte der Steirer beim Anlagenbauer Binder+Co. Das Rüstzeug dazu holte er sich bei der Unternehmensberatung McKinsey.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.04.2016)

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