Übernahme-Poker: „Lufthansa Austria“ im Landeanflug

(c) AP (Ronald Zak)
  • Drucken

Nach wochenlangem Feilschen um die Genehmigung der AUA-Übernahme haben Lufthansa und EU-Kommission einen Kompromiss gefunden. Der Verkauf der AUA scheint damit besiegelt zu sein.

Brüssel/Frankfurt/Wien. Ein Krimi ist dagegen eine Gutenachtgeschichte: In wochenlangen Verhandlungen kommen sich die EU und die Lufthansa in Sachen AUA-Übernahme nicht näher – die Fronten werden im Gegenteil immer härter. Die Lufthansa macht Zugeständnisse – EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes bohrt nach und gibt sich nicht zufrieden. Die Lufthansa bewegt sich in einigen Punkten, zieht jedoch in anderen Bereichen wieder zurück. Die EU bleibt hart. So geht es tagelang. Die Nerven liegen blank, als die EU mitteilt, dass sich eine offizielle Entscheidung bis 31.Juli nicht ausgeht. An diesen Termin hat die Lufthansa ihr Übernahmeangebot geknüpft.

Vergangene Woche geht fast gar nichts mehr. Der Deal, der für die angeschlagene AUA überlebenswichtig ist, droht tatsächlich zu platzen. Der österreichische Staat und die AUA rüsten schon für PlanB: eine massive Reduktion der AUA und/oder die Insolvenz – beides Szenarien, die weit mehr als eine Mrd. Euro kosten würden.

Dann, am Wochenende, kommt Bewegung in die Sache. Die Lufthansa gibt sich offenbar noch einmal einen Ruck – Konzernchef Wolfgang Mayrhuber will auf die AUA und vor allem den Österreich-Osteuropa-Markt nicht verzichten. Hektische Verhandlungen in Frankfurt und Brüssel folgen. Dienstagfrüh kommt dann die erlösende Nachricht: „Es zeichnet sich eine materielle Einigung mit der EU ab“, teilt die Lufthansa mit. Der Verkauf der AUA scheint damit so gut wie besiegelt zu sein.

Zuvor hatten die Deutschen ein neues formelles Angebot mit Zugeständnissen eingereicht, bestätigt die EU. Diese sollen sich Verhandlerkreisen zufolge auf 20 Verbindungen im Flugverkehr zwischen Österreich und Deutschland beziehen. Es gehe aber keineswegs nur um Wien–Frankfurt, wie immer kolportiert.

Stellungnahme der „Gegner“

Der Ball liegt nun bei der EU: Kommissarin Kroes hat regelkonform die Fluglinien, die Beschwerde gegen die AUA-Übernahme eingelegt haben, noch einmal zur Stellungnahme gebeten. Dieser neue „Markttest“ ist bis Donnerstag befristet.

Da bis Freitag möglicherweiseauch eine informelle Freigabe durch die EU nicht zustande kommt, hat die Lufthansa bei der österreichischen Übernahmekommission um Fristverlängerung bis 31.August angesucht („Die Presse“ berichtete am 28.Juli). Die Übernahmekommission wird noch diese Woche entscheiden und dabei vor allem die Interessen der Minderheitsaktionäre berücksichtigen, teilte die Kommission mit. Da die Aktionäre im Fall einer AUA-Pleite leer ausgehen würden, deutet dies darauf hin, dass die Kommission die Fristerstreckung genehmigen wird. Auch die Lufthansa sieht das so.

Auch wenn sich die EU, die neben kartellrechtlichen Fragen auch die 500 Mio. Euro schwere Staatsbeihilfe für die AUA prüft (Verkehrskommissar Antonio Tajani hat seine Entscheidung im Gleichschritt mit Kroes angekündigt), bedeckt hält, scheint der Übernahme nichts mehr im Wege zu stehen.

Entsprechend deutlich war die Erleichterung Vizekanzler und Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) ins Gesicht geschrieben. „Wir sind in die Zielgerade eingebogen, jetzt ist noch ein Sprint notwendig“, sagt Pröll am Dienstag nach dem Ministerrat. Er habe sich „Tag und Nacht“ eingesetzt, dass der „Vertrag, der für die AUA und ihre Beschäftigten vorrangiges Ziel ist“, zustande komme. Dem Vernehmen nach war Pröll selbst Ende vergangener Woche in Brüssel. Pröll machte auch klar, dass die AUA kein weiteres Geld vom Staat erhalten werde. „Es bleibt bei den 500 und den 200 Mio. von der ÖIAG.“ ÖIAG-Chef Peter Michaelis meinte im ORF-Mittagsjournal: „Ich hoffe, dass wir sagen können, es geht nur noch um Formales.“ Die AUA-Aktie reagierte mit einem Luftsprung auf die gute Nachricht: Das Papier, das zuletzt deutlich unter dem Lufthansa-Angebot von 4,46 Euro lag, stieg um knapp sieben Prozent.

Für die AUA ist jeder Tag wichtig: Die rot-weiß-rote Fluglinie verbrennt täglich eine Mio. Euro. Die Halbjahresbilanz, die die AUA nächsten Dienstag präsentiert, dürfte angesichts wegbrechender Passagierzahlen tiefrot ausfallen. Aber auch die Lufthansa, die profitabelste Airline Europas, schreibt rote Zahlen. Sie veröffentlicht ihre Bilanz morgen, Donnerstag.

AUF EINEN BLICK

Die Übernahme der AUA durch die Lufthansa ist in greifbare Nähe gerückt: Die Lufthansa hat einen neuen Kompromissvorschlag unterbreitet, den die EU offenbar goutiert.

Die EU-Kommission wird bis zum 31. Juli möglicherweise auch keine informelle Entscheidung fällen. Deshalb hat die Lufthansa bei der Übernahmekommission um eine Fristverlängerung bis 31.August angesucht. Diese dürfte genehmigt werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.07.2009)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.