„Ohne Elektrifizierung geht bald nichts mehr“

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E-Mobility. Der Ausstieg aus den fossilen Energieträgern gewinnt langsam, aber sicher auch im Automobilbereich an Fahrt. Führend in Europa ist Norwegen, und in Österreich könnte ab 2020 eine Verbrennungsmotorsteuer erhoben werden.

Man stelle sich vor, Autohändler dürften keine Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren verkaufen. Illusorisch? Nicht, wenn es nach dem heimischen Umweltbundesamt geht. „Der Ausstieg aus fossilen Energien, so wie es nach dem Klimavertrag von Paris vorgesehen ist, ist in Österreich durchaus möglich“, glaubt Jürgen Schneider von der Wiener Behörde. Und das nicht erst in ferner Zukunft, sondern bereits ab 2020. Benziner und Diesel könnten ab dann zwar weiter in Betrieb sein, würden jedoch ebenso wie Gebäude mit einer CO2-Strafsteuer belegt werden.

Was von der Wirtschaftskammer als „Scherz“ eingestuft und vom Autofahrerclub ÖAMTC als „unrealistisch, teuer und wirkungslos“ abgekanzelt wird, darin sehen Umweltverbände eine Chance, Klimaschutz und Wirtschaftswachstum unter einen Hut zu bringen. Schließlich laufe die Zeit der fossilen Energieträger ab, und die volle Zuwendung zu erneuerbaren Energieträgern bringe ökologische wie ökonomische Dynamik in den Markt, betonen sie. Dass es sich bei der Idee eines verordneten Aus für Verbrennungsmotoren um kein rein österreichisches Hirngespinst handelt, zeigt ein Blick über die Landesgrenzen. In Deutschland forderten kürzlich hochrangige Politiker, ab 2030 keine Diesel- und Benzinautos mehr zuzulassen. In den Niederlanden liegen politische Pläne parat, ab 2025 auf Elektromobile umzusteigen. Staatliche Zuschüsse für Geschäftskunden, die mit Strom fahren, gibt es bereits, Tankstellen mit Ladekabel statt Zapfsäulen sind im Vormarsch.

Norwegen zeigt den Weg

Als europaweiter Vorreiter dieser Entwicklung gilt Norwegen. Ein Regierungsentwurf, wonach ab 2025 nur mehr abgasfreie Fahrzeuge verkauft werden, wurde bereits vorgestellt. Die Regelung soll nicht nur für Autos, sondern auch für Busse und leichte Nutzfahrzeuge gelten. Wer sich in Norwegen aktuell ein Stromauto kauft, wird mit steuerlichen Erleichterungen von bis zu 10.000 Euro geködert. Eine Förderung, die in den nächsten Jahren stufenweise abgebaut werden soll. Die Begründung der Experten: E-Mobile werden sich zeitnah auf dem Markt durchsetzen und finanzielle Anreize zum Kauf somit obsolet machen. In Norwegen scheint das zu gelingen. Bereits 23 Prozent der Neuzulassungen waren 2015 Elektroautos.

Diskutiert wird international weniger über das voraussehbare Ende fossiler Brennstoffe als vielmehr über den realistischen Zeitraum für die angestrebte Energiewende. „Die Basis des Antriebs im Automobil bleibt noch für lange Zeit der Verbrennungsmotor. Klar ist aber auch: Ohne Elektrifizierung des Verbrennungsmotors geht in Zukunft nichts mehr“, sagt etwa Hans Peter Lenz, Vorsitzender des ÖVK (Österreichischer Verein für Kraftfahrzeugtechnik). Welche Entwicklungen in diese Richtung weltweit im Gang sind, zeigte sich im April in Wien beim 37. Internationalen Wiener Motorensymposium im Kongresszentrum der Hofburg.

Ken Washington, Vizepräsident für Forschung und Vorentwicklung bei der Ford Motor Company, erläuterte dort die Pläne des Automobilunternehmens, bis 2020 rund 4,5 Milliarden Dollar in die Elektromobilität zu investieren und in diesem Zeitraum dreizehn neue Elektrofahrzeuge einzuführen. Auch Gilles Le Borgne, Vorstandsmitglied Forschung und Entwicklung der PSA-Gruppe mit den Marken Peugeot und Citroën, kündigte an, neue batterieelektrische Fahrzeuge und Plug-in-Hybride auf den Markt zu bringen. „Lithium-Ionen-Zellen der jüngsten Generation lassen herausragende Effizienz und robuste Reichweiten im reinen E-Betrieb erwarten“, so Le Borgne. Stefan Knirsch, Audi-Vorstand für Technische Entwicklung, erzählte von der Absicht, 2018 das erste batterieelektrisch angetriebene Audi-Serienmodell vorzustellen – „mit einer Reichweite von 500 Kilometern und drei Elektromotoren, die gemeinsam auf 320 kW für sehr sportliche Fahrleistungen kommen“.

Brückentechnologien

Noch ist der Marktanteil von Elektroautos an den Pkw-Neuzulassungen mit 1,4 Prozent in den EU- und Efta-Staaten gering. Gearbeitet wird indes parallel an der Optimierung von Ottomotoren, etwa der Wassereinspritzung, die nach den Plänen des Automobilzulieferers Bosch für eine Anwendung in der Großserie prädestiniert sei. Der Kühlungseffekt soll die Tendenz des Motorklopfens reduzieren, was sich in niedrigeren CO2-Emissionen niederschlägt. „Es gibt eine Fülle großartiger Fortschritte“, fasst Lenz, Gründer und Leiter des Motorensymposiums, zusammen. „Cirka zehn Prozent Verbrauchssenkung gegenüber dem Vorläufermotor werden fast alle Motorenentwicklungen bringen.“

INFO

Leuchttürme der E-Mobilität heißt das neueste Förderprogramm des Klima- und Energiefonds. In Kooperation mit dem Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (bmvit) werden Forschungs- und Entwicklungsprojekte im Bereich der Elektromobilität unterstützt. Der Schwerpunkt liegt 2016 auf der Senkung von Produktionskosten sowie der Elektrifizierung von Spezialfahrzeugen. Fünf Millionen Euro stehen dafür zur Verfügung. Zielgruppen sind Unternehmen und Forschungseinrichtungen. www.ffg.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.05.2016)

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