Banken verdienen trotz Negativzinsen

Themenbild
Themenbild(c) bilderbox - Fotolia
  • Drucken

Die negativen Folgen der Negativzinsen halten sich laut einer OeNB-Untersuchung in Grenzen. Banken sind bei der Suche nach Profitquellen kreativ und erhöhen etwa die Gebühren.

Wien.Seit der Finanzkrise haben die Notenbanken weltweit verschiedene, bisher nicht gesehene Maßnahmen ergriffen, um das Wachstum anzukurbeln und eine Deflation zu verhindern. Einer der dramatischsten Schritte war die Senkung bestimmter Zinssätze unter den Nullpunkt. Diese Negative Interest Rate Policy (NIRP, die vor allem in Europa besonders verbreitet ist, hat es in der Geschichte noch nie gegeben. Ihre Aus- und Nebenwirkungen sind also nicht bekannt.

NIRP ist – wie andere extravagante Ideen der Währungshüter, etwa Quantitative Easing – Teil des größten geldpolitischen Live-Experiments, das die Welt je gesehen hat. Eine Folge von NIRP: Staatsanleihen im Wert von mehr als elf Billionen Euro rentieren auf dem Markt negativ. Das bedeutet, dass Anleger bereit sind, Geld zu verlieren, wenn sie es in sicheren Staatspapieren wie deutschen Bunds parken. Andere befürchtete Folgen der Politik negativer Zinsen seien bisher aber nicht eingetreten – zumindest gäbe es dafür bisher keine Hinweise. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Untersuchung der Oesterreichischen Nationalbank, die die Erfahrungen mit Negativzinsen in der Schweiz, Schweden und Dänemark analysiert. Konkret hat man sich die Frage gestellt, ob die negativen Zinsen Auswirkungen auf die Profitabilität der Banken haben. „Wir kommen zu dem Schluss, dass sich bisher die von manchen befürchteten negativen Effekte nicht eingestellt haben: Weder haben die Negativzinsen zu einem Einbruch der Profitabilität der Banken noch deren Zinseinkommen geführt.“

Keine Flucht ins Bargeld

Andere Befürchtungen im Zuge der Negativzinsen waren gewesen, dass Privatpersonen oder Firmen anfangen könnten, Bargeld zu horten, da dies im Gegensatz zu negativ verzinsten Einlagen weniger kosten würde. Oder dass es, in krassem Gegensatz zum Ziel von NIRP, nicht zu einem Anstieg, sondern zu einer Eindämmung der Kreditvergabe kommen könnte. Beides sei aber in den untersuchten Ländern nicht geschehen, schreiben die OeNB-Ökonomen in ihrer Untersuchung.

Was das Bargeld betrifft, könnten größere Trends die negativen Effekte der negativen Zinsen aber kaschieren. So gibt es in Schweden einen generellen gesellschaftlichen Trend weg vom Bargeld. In der Schweiz ist es umgekehrt. Die Nachfrage nach Franken-Banknoten hat bereits nach der Krise 2008 deutlich angezogen, weshalb zusätzlicher Bedarf an Bargeld durch die Politik negativer Zinsen möglicherweise statistisch nicht besonders auffallen würde.

Was bei der Untersuchung, die sich auf die Frage konzentriert, ob Banken noch genug Geld verdienen können, nur zwischen den Zeilen zu lesen ist: Für die Konsumenten sind die negativen Zinsen keineswegs angenehm. Denn um sinkende Einnahmen durch Kreditzinsen auszugleichen, wurden durch die Bank die Gebühren erhöht.

Zinsen einfach angehoben

Den schwedischen Banken sei sogar die Quadratur des Kreises gelungen: „Banken in Schweden konnten sowohl ihre Nettoeinnahmen aus Zinsen als auch ihre Nettoeinnahmen aus Gebühren steigern. Der Effekt der Gebührenanhebungen für die Sparer würde einer versteckten Zinssenkung entsprechen“, schreiben die Experten. Allerdings: Zinsen gibt es für Sparer ohnehin keine. Zumindest hat keine Bank sogar negative Zinsen an Privatkunden weitergegeben.

Ein überraschendes Ergebnis: Die beiden Schweizer Großbanken UBS und Credit Suisse hatten ursprünglich die Zinsen für Immobilienkredite gesenkt – sie aber einfach wieder angehoben, weil die Nachfrage sowieso gleich blieb. So konnte die Profitabilität trotz negativer Leitzinsen sogar gesteigert werden. (jil)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.07.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.