Die politischen Wirren nach dem versuchten Putsch in der Türkei ändern nichts am Plan der Post, bei der türkischen Tochter Aras aufzustocken – wenn sie darf.
Wien. Die Türkei – das war noch bis vor Kurzem für viele Unternehmen ein riesiger, von guten Wachstumsraten getriebener Expansionsmarkt. Jetzt hat sich die Situation dramatisch geändert, und dem riesigen Land zwischen Mittel- und Schwarzem Meer droht wegen der politischen Wirren auch ein wirtschaftlicher Rückschlag. Die rund 80 österreichischen Firmen, die Niederlassungen oder Beteiligungen in dem Land betreiben, müssen daher genau abwägen, wie sie weiter vorgehen.
Nichts wäre also einfacher, als die derzeitige ungewisse Lage zu nützen, das Land wieder zu verlassen – zumal, wenn es alles andere als rund läuft. So wie bei der Österreichischen Post. Sie hat sich Mitte 2013 beim Logistiker Aras Kargo eingekauft. 50 Mio. Euro hat die Post für 25 Prozent des Familienunternehmens auf den Tisch gelegt. Jetzt geht es um die vereinbarte Aufstockung auf 75 Prozent. Leichter gesagt als getan. Am nötigen Kleingeld, konkret rund 120 Mio. Euro, mangelt es nicht. Vielmehr spießt sich der Zukauf am Widerstand der Familie Aras. Sie übt nicht nur harsche Kritik am österreichischen Partner, sondern hat schon Anfang Juli unmissverständlich wissen lassen, dass sie den Spieß am liebsten umdrehen und den Anteil von der Post wieder zurückzukaufen würde.
Warum ergreift Post-General Georg Pölzl also nicht diese Gelegenheit zu einem Rückzug aus dem Land, dessen politische und wirtschaftliche Zukunft ungewiss ist? „Wir haben die Option in der Türkei fristgerecht gezogen, ein Teil der Eigentümerfamilie will nun nachverhandeln“, sagt Pölzl zur „Presse“. Er ist selbst gerade zwei Tage in Istanbul, um sich ein Bild von der politischen und wirtschaftlichen Lage im Land zu machen. Seine Einschätzung: „Die Situation ist von der Wirtschaftslage her stabil. Hier läuft business as usual.“
„Die Prognosen bleiben stabil“
Er rechnet deshalb auch nicht mit einem Rückschlag: „Die Prognosen für das Wirtschaftswachstum bleiben gut, der Paketmarkt entwickelt sich stark.“ Auch die massive Abwertung der türkischen Landeswährung Lira bereitet Pölzl keine Sorgen: „Wir haben ein in sich gehedgtes Geschäft“, erklärt er. Das heißt: Sowohl die Kosten als auch die Umsätze würden in Lira anfallen. Wie lang Pölzl mit Aras verhandeln will, bevor er ein Schiedsgericht anruft, ist nicht bekannt.
Klar ist, dass von der einst gefeierten Partnerschaft nicht viel übrig geblieben ist. Evrim Aras, die Chefin des Unternehmens, wirft der Post vor, weniger investiert zu haben, als vertraglich vereinbart war. Es fehlten der Post die Visionen und das Engagement, um Aras Kargo zu einem global tätigen Unternehmen auszubauen, sagte sie in unmissverständlicher Härte. Auch habe die Post nicht die kulturelle Vielseitigkeit, technologische Innovationskraft, Leidenschaft und Vision, um ein großes Unternehmen wie Aras Kargo führen zu können.
Die Post weist diese Vorwürfe zurück.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.07.2016)