Pauschalreisen: Frühbuchern droht Nachzahlung

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Themenbild(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Eine EU-Richtlinie sieht vor, dass man Preiserhöhungen nach der Buchung hinnehmen muss. Bis 20 Tage vor der Reise kann der Veranstalter die Preise erhöhen, wenn seine Kosten steigen.

Wien. Der lang gebuchte Pauschalurlaub steht endlich vor der Tür. Doch nun folgt die böse Überraschung: Der Veranstalter erhöht die Preise. Ein Szenario, auf das sich Reisende künftig verstärkt einstellen müssen.

Der Grund ist eine EU-Richtlinie zu Pauschalreisen, die bis zum Jahr 2018 umgesetzt werden muss. Demnach kann der Reiseveranstalter bei Vertragsabschluss festlegen, dass er bis spätestens 20 Tage vor Reisebeginn den ursprünglichen Preis erhöhen darf. Etwa, weil der Treibstoff teurer geworden ist, Gebühren am Reiseort erhöht oder Wechselkurse ungünstiger geworden sind. Die Erhöhung darf bis zu acht Prozent des Preises der Pauschalreise betragen, ohne dass man als Konsument vom Vertrag zurücktreten darf.

Der Reiseveranstalter darf mit der Erhöhung des Preises aber auch noch darüber hinausgehen, also zum Beispiel 20 Prozent Zuschlag fordern. In diesen Fällen könnte der Verbraucher aber kostenfrei vom Vertrag zurücktreten. Das Problem: Kurz vor dem geplanten Urlaub wird man nicht so einfach und nicht so günstig eine Alternative finden.

Aber auch der Konsument hat nach der EU-Richtlinie das Recht, eine Preisänderung zu verlangen und zwar zu seinen Gunsten, falls die Kosten im Urlaubsort inzwischen gefallen sind. Der Beweis dafür dürfte für den Normalbürger aber schwer zu führen sein.

Momentan sind in Österreich Preisänderungen bei Pauschalreisen kein großes Thema. Manchmal gebe es aber Beschwerden darüber, sagt Reinhold Schranz, Jurist beim Europäischen Verbraucherzentrum Österreich. Auch das jetzige Gesetz erlaube Preiserhöhungen bei Pauschalreisen, solange die Erhöhung nicht „erheblich“ ist. Eine konkrete Prozentzahl dafür wird im bisherigen Gesetz aber nicht genannt. Wobei Reiseveranstalter laut Konsumentenschützern schon zehn Prozent als Erhöhungsmöglichkeit in ihre Reisebedingungen hineinschrieben.

Doch die Veranstalter haben momentan noch schlechte Karten. Denn ob eine Preiserhöhung tatsächlich zulässig ist, muss im Einzelfall geklärt werden. Und hier habe der Oberste Gerichtshof (OGH) eine derart strikte Rechtsprechung an den Tag gelegt, dass Preiserhöhungen bei gebuchten Pauschalreisen „totes Recht“ sind, sagt Rechtsanwalt und Reiserechtsexperte Armin Bammer zur „Presse“. Denn der OGH verlange, dass der Reiseveranstalter die genaue Formel seiner Preiskalkulation darlegen müsse. Das würden Veranstalter aber mit Blick auf ihre Konkurrenz nicht wollen. Tatsächlich gebe es auch jetzt einzelne Reisebüros, die Preiserhöhungen einfordern, in der Hoffnung, der Kunde zahle. Aber eben, ohne gute Chancen für die Einbringung der Forderung zu haben. Nach Umsetzung der EU-Richtlinie wäre das anders, meint Bammer: Dann werden Nachforderungen von Reiseveranstaltern durchsetzbar.

Die EU-Richtlinie selbst hält der Experte allerdings für „nicht unschlüssig“. Dass nun in Deutschland, wo es im Gegensatz zu Österreich bereits einen ersten Gesetzesentwurf zur Umsetzung gibt, Verbraucherschützer Nachbesserungen fordern, kann Bammer nicht ganz nachvollziehen. Denn die EU-Richtlinie sei eindeutig und lasse dem einzelnen Staat kaum Spielraum. Überdies sei eine Pauschalreise etwas anderes als sonstige Geschäfte, weil man nur maximal 20 Prozent anzahle. Grund ist, dass man wegen möglicher Insolvenzen eines Reisebüros nicht zu viel anzahlen können soll.

Auch Vorteile für Konsumenten

Dass der Preis sich noch ändern könne, gebe es auch in anderen Branchen, etwa bei Baumeistern, analysiert der Anwalt. Und die Richtlinie bringe eine europaweite Vereinheitlichung, zumal in den verschiedenen EU-Ländern bisher unterschiedliche Regeln bei der Frage galten, ob und um wie viel die Preise bei Pauschalreisen steigen dürfen.

Zudem sei die Richtlinie ein Kompromiss zwischen Verbraucherschützern und Reiseveranstaltern, sagt Bammer. Denn sie beinhaltet auch Verbesserungen für Konsumenten. So fallen künftig nicht nur klassische Pauschalurlaube (man bucht Flug und Hotel bewusst in einem), sondern auch „Click-Through-Buchungen“ unter den Begriff der Pauschalreise. Click-Through-Buchungen sind im Internet abgeschlossene Verträge, bei denen man erst nur den Flug buchen will, dann aber im Zuge des Buchungsvorgangs etwas Zusätzliches, etwa ein Mietauto, angepriesen bekommt und dazunimmt. Da dies künftig als Pauschalreise qualifiziert wird, gilt auch hier die damit verbundene Insolvenzabsicherung des Kunden, falls das Reisebüro pleitegeht. Überdies kann man bei Pauschalreisen vom Vertrag zurücktreten, wenn der Grund der Reise wegfällt. Also, wenn man zu einem bestimmten Event in eine Stadt wollte, dieses aber ausfällt. Einen einzeln gebuchten Flug kann man nicht so einfach stornieren.

Informationspflichten noch unklar

Bleibt die Frage, ob Kunden künftig explizit bei Vertragsabschluss darauf hingewiesen werden müssen, dass der Preis noch steigen kann, oder ob ein versteckter Hinweis auf allgemeine Regeln des Reisebüros reicht. Um das beurteilen zu können, muss man aber noch die legistische Umsetzung in Österreich abwarten. Im Justizministerium will man sich zu Details nicht äußern: Man werde die Richtlinie aber wie vorgeschrieben bis Anfang 2018 umsetzen, heißt es zur „Presse“.

AUF EINEN BLICK

Eine EU-Richtlinie sieht vor, dass bei Pauschalreisen Preiserhöhungen nach der Buchung möglich sind. Bis zu acht Prozent Steigerung muss man als Kunde hinnehmen. Gehen die Mehrkosten darüber hinaus, kann man die Reise stornieren. Eingefordert werden darf der Betrag bis spätestens 20 Tage vor Reisebeginn.

Bei EU-Richtlinien bleibt es dem einzelnen Staat überlassen, wie genau er die Vorschriften in sein nationales Recht umsetzt. Er muss die Richtlinie aber umsetzen. Und in den zentralen Punkten lässt die Pauschalreisen-Richtlinie des Europäischen Parlaments und Rates den Staaten keinen inhaltlichen Spielraum. Die Vorschriften sind bis zum Jahr 2018 ins nationale Recht zu übertragen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.07.2016)

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