In Tirol und Oberösterreich rufen die Wirtschaftskammern die Unternehmen auf, arbeitsunwillige Arbeitslose zu melden. Die Daten werden weitergeleitet, damit das Arbeitslosengeld reduziert oder gestrichen wird.
Wien. Die Zahl der Arbeitslosen steigt, doch gleichzeitig suchen viele Firmen nach Mitarbeitern. Ende Juli gab es beim Arbeitsmarktservice (AMS) rund 43.800 gemeldete offene Stellen. Das ist im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von 40,8 Prozent. Doch laut Auskunft der Wirtschaftskammer will nicht jeder Arbeitslose tatsächlich arbeiten. Daher haben die Kammern in Oberösterreich und in Tirol eine Aktion scharf gestartet. Sie rufen die Unternehmen auf, arbeitsunwillige Arbeitslose zu melden. Die Wirtschaftskammern leiten die Angaben an das Arbeitsmarktservice weiter. Dort werden die Fälle überprüft. Falls sich die Vorwürfe bewahrheiten, soll das Arbeitslosengeld reduziert oder gestrichen werden. „Das Feedback der Unternehmen auf unsere Aktion ist positiv“, sagte Ursula Krepp am Montag der „Presse“. Krepp ist die Vertreterin der Wirtschaftskammer Oberösterreich im Direktorium des Arbeitsmarktservice Oberösterreich.
Krepp ist als Reinigungsunternehmerin tätig. „Gerade im Sommer ist es für uns unmöglich, neue Mitarbeiter zu finden. Wir müssen sogar Aufträge ablehnen“, so Krepp. Einzelne Arbeitslose sagen, ihnen sei die Arbeit zu anstrengend oder sie wollen nicht am Samstag arbeiten. Dabei werden in der Reinigungsbranche gerade Jobs für Geringqualifizierte angeboten.
Wird das System ausgenutzt?
Viele freie Stellen gibt es auch in Tiroler Tourismusbetrieben. Die Bezirksstelle der Wirtschaftskammer in Kufstein hat daher einen Newsletter an ihre Mitglieder ausgeschickt. Denn im Bezirk Kufstein gibt es über 700 offene Stellen, aber gleichzeitig über 2000 Arbeitslose.
„Wir wollen uns, auch im Interesse der großen Mehrheit der redlichen Arbeitssuchenden, nicht damit abfinden, dass einzelne Arbeitslose das System ausnützen, grund- beziehungsweise sanktionslos gute Jobs ablehnen und lieber im Status der Arbeitslosigkeit/Mindestsicherung verbleiben“, steht im Newsletter. Die Firmen sollen jene Arbeitslose melden, „die sich nur den berühmten ,Stempel‘ abholen beziehungsweise von vornherein gar nicht an einer Arbeitsaufnahme interessiert sind und dies auch mehr oder weniger deutlich zum Ausdruck bringen“. Mittlerweile haben in Tirol andere Bezirksstellen der Wirtschaftskammer einen ähnlichen Aufruf gestartet.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.08.2016)