Mehr als ein heißer Ofen

Nohava versucht seine Kunden von der Leistungsfähigkeit ihres schmucken Designstücks zu überzeugen.
Nohava versucht seine Kunden von der Leistungsfähigkeit ihres schmucken Designstücks zu überzeugen.(c) Die Presse/Clemens Fabry
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Im Feuerhaus in der Wiener Gumpendorfer Straße räumen Harald Nohava und seine Kollegen mit Vorurteilen und romantisch verklärten Bildern von Kaminöfen auf.

Das Allererste, was Harald Nohava seine Kunden fragt, die sich bei ihm nach einem Kaminofen umsehen, ist: „Wie leben Sie denn eigentlich?“ So direkt und unverblümt würde er es natürlich nicht formulieren. Aber die vielen kleinen Randbemerkungen, die er ihnen im Lauf eines Gesprächs über ihre Wohngewohnheiten entlockt, geben ihm den notwendigen Einblick, um den richtigen Ofen für den richtigen Raum zu empfehlen.

Denn so ein Kaminofen will gekonnt bedient werden. Die Fallen, die sich hier aufgrund der Vielzahl an Modellen auftun können, werden einem bewusst, wenn man den Ofenhändler eine Stunde durch sein farbenfrohes Feuerhaus in der Wiener Gumpendorfer Straße begleitet.

Wer sich in eines der zwei Geschäfte verirrt, die Nohava mit seinen beiden Partnern in Mariahilf und Wiener Neudorf seit Anfang der 2000er-Jahre betreibt, hat seiner Erfahrung nach fast immer eine romantische, verklärte Vorstellung vom Einheizen. Kunden erzählten oft, wie sie es sich in der Übergangszeit vor dem Kamin gemütlich machen wollen, während der Regen gegen die Scheibe peitscht. „Es geht den meisten um die Optik und die Atmosphäre – quasi um ein Feuer, das ein bisschen größer ist als eine Kerze. Dann erst kommen sie drauf, dass der Ofen ja auch wirklich heizt.“


Schihütte oder Passivhaus?
Hier kommt Nohava mit seinen deutschen und skandinavischen Edelöfen aus Gusseisen, Stahl und Keramik ins Spiel. Kostenpunkt: rund 3000 Euro. Er stellt dann gezielt Fragen wie: Wie groß ist Ihr Wohnraum? Wann wurde er saniert? Und was wollen Sie eigentlich beheizen – eine zugige Schihütte, ein vollisoliertes Passiv- oder ein steinernes Bauernhaus?

Nichts sei schlimmer als ein Kunde, der nach einer Weile mit anklagendem Blick zurückkommt und ihm vorwirft, der Kaminofen funktioniere nicht richtig, denn das Feuer sei hinter den schwarz verrußten Glasscheiben kaum noch sichtbar. Dass der Ofen an diesem Zustand meist die geringste Schuld trage, sei im Nachhinein schwierig zu kommunizieren.

80 Prozent der in der Gumpendorfer Straße versammelten Öfen sind für den klassischen 30 bis 50 Quadratmeter großen, tendenziell vollisolierten Wohnraum dimensioniert und brennen schon mit einem Holzscheit, erklärt Nohava. Würde man sich in so einen Raum einen Monsterofen mit riesigen Glasscheiben und überdimensionierter Brennstelle hineinstellen, muss man zwangsläufig ständig Holz nachlegen. Resultat: „Die Hitze bringt Sie um.“ Weshalb die Kunden aufhören, Holz nachzulegen – und der Ofen verrußt. Zum Glück seien 95 Prozent der Käufer aber bereits vor der Anschaffung einsichtig. Dem Rest würde er manchmal gern eine Feuer-DVD für ihren Flatscreen in die Hand drücken. „Aber das könnte uns beim Passivhaus das Geschäft abgraben.“

Nohava kam selbst durch seine Liebe für die gemütliche Atmosphäre zu seinem heutigen Beruf. Umgesattelt hatten er und seine zwei Partner, die einander in ihrer Zeit im Sporthandel kennenlernten, als sich mit dem Alter ihre Vorlieben verschoben. „Wir wollten etwas verkaufen, für das wir uns selbst begeisterten.“ Als sie die Vierzig erreichten, waren das eher Kaminöfen als Fahrräder und Tennisschläger. Angefangen habe er im Schauraum des aus dem westdeutschen Städtchen Trier stammenden Ofenherstellers Hase, erzählt Nohava, während er – ganz der Verkaufsprofi – dessen „Mercedes unter den Kaminöfen“ aus handgefertigter Keramik präsentiert.

2001 machten sich Nohava und seine Partner selbstständig. Um als Händler glaubwürdig zu sein, nahmen sie zusätzlich die großen dänischen und schwedischen Traditionsmarken in ihr Programm auf, „die aus Imagegründen nicht im Baumarkt verkaufen“, und reduzierten die Stellung des Betriebs aus Trier auf einen unter ihren sechs Lieferanten. Die Hase-Firmenfarben behielten sie aber bei – weshalb die Räume in der Gumpendorfer Straße 14 auch noch heute in sattem Blau, Rot und Gelb leuchten.

Wenn Nohava und seine Mitarbeiter den Kunden einmal überzeugen konnten, seine kleine Neubauwohnung nicht mit einem Riesenofen zu überheizen, muss die nächste Hürde genommen werden. Nohava nennt es ein „Vorurteil“ der meisten, dass ein Kamin wie früher Schmutz und Arbeit verursache. Der Einbau verlaufe wie beim „Kekserlstechen“ gezielt mit einem Kernbohrer an der Stelle der Wand, wo die Kaminröhre verläuft. Anschließend müsse man die Aschenlade rund fünf Mal im Jahr ausleeren – wiederum vorausgesetzt, man hat seinen Ofen bis dahin richtig bedient.

Noch viel stärker redet Nohava aber gegen den klassischen Kundenwunsch an, den Kamin ausschließlich in der Übergangszeit anzuwerfen. Man könne damit das ganze Jahr über kostensparend und energieautonom heizen. „Mit der Effizienzsteigerung ist es wie beim Auto“, betont er. „Früher brauchten Sie zehn Liter auf 100 Kilometer, heute drei. Genauso bleiben heute bis zu 90 Prozent der Wärme im Raum, nur mehr zehn bis 20 Prozent gehen durch den Rauchfang.“


Unerwartete Sparsamkeit.
Das sei der wirtschaftliche Aspekt des Designstücks Kaminofen. Trotzdem kämen nach wie vor die allerwenigsten Kunden mit dem Wunsch in seine Verkaufsräume, ihre Heizkosten zu senken oder die Wärmeversorgung ihres Hauses von Gas und Strom unabhängiger zu machen. Wenn, dann kämen sie nach ein, zwei Jahren wieder und berichteten ganz überrascht von der Heizeffizienz ihres Einrichtungsgegenstands.

Anfang August lief in der Gumpendorfer Straße die Hauptverkaufssaison an. Wie jedes Jahr ist es wieder an Harald Nohava und seinen Kollegen, ihren Kunden den kostensparenden Nebeneffekt der Kaminatmosphäre zu erklären und sie davon abzuhalten, ihre Wohnungen zu überheizen. Und bei den Uneinsichtigen bliebe noch immer der Rückgriff auf die Feuer-DVD.

Zeit & Ort

Der Kaminofenhandel Feuerhausliegt in der Gumpendorfer Straße 14 in Wien Mariahilf. Ein zweites Feuerhaus befindet sich in Wiener Neudorf in der Triester Straße 10.

Neben Kaminöfen der großen deutschen und skandinavischen Hersteller führt der Händler unter anderem auch Pelletöfen, Feuerschalen, Griller und mit Holz beheizbare Backöfen im Sortiment.

Die Öffnungszeiten variieren je nach Standort. Alle weitere Details finden sich unter: www.feuerhaus.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.08.2016)

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