Uniqa-Chef: „Wir sind in Alarmbereitschaft“

Andreas Brandstetter
Andreas Brandstetter(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Uniqa-Vorstand Andreas Brandstetter erzählt, wie seine Versicherung mit den niedrigen Zinsen zurechtkommt und warum ein Branchenfremder alles Bisherige in den Schatten stellen könnte.

Die Presse: Die Uniqa leidet wie andere Versicherungen auch unter den niedrigen Zinsen. Doch was bedeutet das tiefe Zinsniveau eigentlich für Ihr tägliches Geschäft?

Andreas Brandstetter: Unsere Kapitalerträge gehen massiv zurück, das setzt dem Ergebnis zu. Für uns ist das aber kein Anlass zu jammern. Wir nehmen die exogenen Einflüsse so, wie sie sind. Die Frage ist, was wir daraus machen. Wir sind gefordert, Produkte zu konzipieren, die Wert kreieren und nicht vernichten. Was die Geldpolitik langfristig für die Altersvorsorge bedeutet, ist eine andere Frage. Ich denke, die Rechnung wird uns allen noch präsentiert werden.

Woher werden die künftigen Erträge kommen? Die Zinssituation wird noch eine Weile so bleiben.

Es ist im Bereich der Lebensversicherung schwer möglich, Erträge zu erzielen. Wir haben mit der Kranken- sowie der Schaden- und Unfallversicherung aber auch noch andere ertragreichere Geschäftsfelder. Diese Bereiche schaffen es teilweise, Ausfälle in der Lebensversicherung zu kompensieren. Auf Ergebnisseite werden wir aber nicht mehr die Niveaus von 2015 sehen.

Denken Sie daran, die Prämien zu erhöhen?

Nein. Wir können keine Prämien erhöhen, nur weil es uns vielleicht gefallen würde.

Die Uniqa hat eine Lebensversicherung ohne garantierte Zinsen auf den Markt gebracht. Wer kauft das Produkt, wenn andere noch Zinsen zahlen?

Die Lebensversicherung verkauft sich besser als erwartet. Aber klar, wenn man als Kunde mit dem Produkt viel Geld verdienen will, sollte man es nicht kaufen. Wenn einem die Risikovorsorge wichtig ist, schon. Wir glauben, dass man als Versicherung nur Produkte vertreiben sollte, an die man glaubt, die man ökonomisch darstellen kann und bei denen man den Kunden auch noch in der Zukunft in die Augen schauen kann. Die Branche hat sich da in den vergangenen Jahren nicht immer mit Ruhm bekleckert.

Erst kürzlich hat die Raiffeisen Zentralbank angekündigt, einen Teil ihres Uniqa-Aktienpakets zu verkaufen. Sind Sie froh darüber?

Ich hatte nicht den Eindruck, dass die RZB ihr Aktienpaket leichten Herzens reduziert hat. Raiffeisen bleibt nach wie vor ein relevanter Aktionär und Vertriebspartner. Wir arbeiten seit 20 Jahren erfolgreich zusammen.

Die Uniqa Privatstiftung wird mit dem Kauf des RZB-Anteils größter Uniqa-Aktionär. Dort aber sitzen Sie auch im Vorstand. Eine durchaus schiefe Optik.

Ich sehe das Problem und habe nicht vor, diese Doppelfunktion langfristig zu behalten.

Der Aktienkurs der Uniqa hat auch schon besser ausgesehen. Wie zufrieden sind Sie?

Der Kurs ist, wie ihn der Markt macht. Für uns ist das ein Auftrag, besser zu werden. Mir wird vorgeworfen, mit 500 Millionen Euro in Relation zu unserem Umsatz zu viel in Innovation und IT zu investieren. Es gibt auch Kritik daran, dass wir das Geld nicht schon früher in die Hand genommen haben. Aber gerade in den vergangenen drei Jahren hat die Spirale in Richtung Digitalisierung massiv angezogen. Wir machen ein derartiges Investment auch, um mit der New Economy Schritt zu halten.

Das Thema Digitalisierung ist so neu nun auch wieder nicht. Haben Sie den Trend nicht ganz einfach verschlafen?

Versicherungen waren immer eine relativ innovationsfeindliche Branche – da besteht für alle viel Aufholbedarf. Dazu kommt, dass Österreich ein eher relativ abgeschotteter Markt ist, der Druck war also bisher nicht allzu hoch.

Wie wird sich Ihr Geschäft nun verändern?

Es wird nicht reichen, die gleichen Produkte online zu stellen und zu glauben, dass man damit eine Digital-Strategie hat. Vielmehr müssen wir die Art der Arbeit verändern.

Das heißt was?

Ich glaube, dass wir künftig ganz andere Bereiche abdecken werden als bisher. Wenn Sie im Winter ein Auto mit Allradantrieb, im Sommer ein Cabrio fahren und dazwischen die Bahn nutzen wollen, können wir Ihnen vielleicht ein Paket anbieten. Das wäre zumindest eine Möglichkeit. Im Moment fokussieren wir uns besonders auf die Themen Gesundheit, Altersvorsorge, Pflege.

Wollen Sie, dass ich meine Versicherung statt des Arztes anrufe, wenn es mir schlecht geht?

In den USA gibt es bereits solche Unternehmen. Angenommen, Sie erleiden auf der Straße einen Schwächeanfall, dann ist diese Firma Ihre erste Anlaufstelle und organisiert sofort professionelle medizinische Versorgung. Von einem schnellen Termin bei einem nahe gelegenen Arzt bis hin zur Rettung.

Das kann doch nur zum Nachteil für den Versicherten sein.

Man muss sich dabei genau ansehen, was die Konsumenten wollen. Es kann nicht sein, dass Sie nach ein paar Tagen mit schlechten Blutdruckwerten mehr Prämie zahlen müssen. Eine andere Möglichkeit wäre, dass eine Spedition ihre Fernfahrer mit Messgeräten ausstattet, um ihren Ermüdungszustand zu beobachten. Die Versicherung könnte der Spedition einen Prämienrabatt gewähren, wenn der Fahrer seine Ruhepausen einhält. Der Kunde kann also Gewinner sein, aber nur dort, wo das aus dem Gesichtspunkt des Datenschutzes vertretbar ist.

Gerade solche Angebote zahlen sich aber nur bei entsprechender Nachfrage aus.

Man wird nicht jedes Produkt, das sich sexy und toll anhört, anbieten. Weil die Entwicklungskosten mitunter höher als die Zahl potenzieller Abnehmer sind. Vielmehr wollen wir darauf vorbereitet sein, dass ein Branchenfremder kommt und alles Bisherige in den Schatten stellt. So wie das bei Apple mit dem iPhone der Fall war. Wir sind also in Alarmbereitschaft und haben unsere Sensoren verstärkt, um besser und schneller zu verstehen, was die Kunden wollen.

ZUR PERSON

Andreas Brandstetter (*1969) ist seit dem Jahr 2011 Vorstandsvorsitzender der börsenotierten Uniqa Insurance Group. Sein Vertrag wurde heuer vorzeitig bis 2020 verlängert. Brandstetter begann seine Karriere als Mitarbeiter von ÖVP-Vizekanzler Erhard Busek, später leitete er das EU-Büro des österreichischen Raiffeisenverbandes, bevor es ihn zur Uniqa Versicherung verschlug.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.09.2016)

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