Politiker wollen bei der OMV mitregieren

The headquarters of Austrian energy group OMV are seen in Vienna
The headquarters of Austrian energy group OMV are seen in Vienna(c) REUTERS (HEINZ-PETER BADER)
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Die Politik entdeckt ihren alten Spielball OMV. Zwischenrufe und unverhohlene Einflussnahme nehmen zu. Gut beobachten lässt sich das am geplanten Teilverkauf des Gasnetzes.

Wien. Am morgigen Mittwoch ist es so weit. Der Aufsichtsrat des teilstaatlichen Energiekonzerns OMV wird entscheiden, ob und an wen das Unternehmen 49 Prozent des Gasnetzes (gebündelt in der Gas Connect Austria) verkaufen darf. Das Bieterverfahren läuft seit Monaten, die Angebote liegen seit Wochen vor. Doch nun droht die Entscheidung des börsenotierten Konzerns auf der Zielgeraden zum Politikum zu verkommen. Insider berichten über die Rückkehr politischer Reflexe beim Energieriesen. Sowohl die Kommentare von der Seitenlinie als auch die direkte politische Einflussnahme hätten in den vergangenen Monaten zugenommen.

SPÖ-Mehrheit im Aufsichtsrat

Die Sozialdemokraten wittern im Verkauf eine verpönte Privatisierung und wettern seit Monaten via Presseaussendungen lautstark gegen den Deal. Zuletzt mahnte SPÖ-Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter, man dürfe den Zugriff auf Gasinfrastruktur „nicht allein ausländischen Investoren überlassen“. Dabei gehört die OMV – und damit das Gasnetz – schon heute nur noch zu einem knappen Drittel der Republik. Auch der Koalitionspartner ÖVP hat allen Grund, nervös zu sein. Immerhin stellen SPÖ-nahe Aufsichtsräte erstmals seit Mai die Mehrheit im OMV-Kontrollgremium. Umso mehr verwundert die demonstrative Gelassenheit, mit der die schwarze Regierungshälfte dem morgigen Mittwoch entgegensieht. Kein Grund zur Aufregung, versichert man im Hintergrund. Der Verkauf werde reibungslos über die Bühne gehen. Schließlich sei alles mit Kanzler Christian Kern akkordiert. Während die SPÖ also ganz offen versucht, Einfluss auf die Geschicke eines Börsenkonzerns zu nehmen, baut die ÖVP eher auf politische Absprachen im Vorfeld. „Auf die Idee, Vorstand und Aufsichtsrat in Ruhe arbeiten und anhand wirtschaftlicher Fakten selbst entscheiden zu lassen, kommt scheinbar niemand“, heißt es aus dem Konzernumfeld. Die OMV wollte sich nicht äußern.

Sinkt der Preis um hundert Millionen?

Dabei könnte es durchaus sein, dass der geplante Teilverkauf morgen – auch aus nichtpolitischen Gründen – platzt. Denn seit sich die OMV zum Verkauf entschieden hat, haben sich die Dinge doch etwas verändert. Ziel von Vorstandschef Rainer Seele war vor allem, die Finanzkraft des Unternehmens zu stärken, damit sich die überschuldete OMV die anstehenden Investitionen leisten kann. Dafür sollte knapp die Hälfte der Gas Connect Austria (GCA) an einen neuen Eigentümer wandern. Idealerweise an einen Pensionsfonds, der wenig Interesse am operativem Geschäft hat, sondern sich mit den stabilen Renditen aus dem Durchleitungsgeschäft begnügt. Nach diesem Szenario hätte die OMV immer noch maximalen Einfluss auf die Tochterfirma – aber rund 600 Millionen Euro mehr auf der hohen Kante.

Doch von diesem Szenario ist wenig übrig. Erstens ist der Verkaufsdruck der OMV etwas gesunken. Das Unternehmen hat 30 Prozent des britischen Offshore-Ölfelds Rosebank verkauft, Milliarden an Folgekosten fallen damit weg. Zweitens dürfte die GCA nicht das einbringen, was ursprünglich veranschlagt war. Grund dafür ist eine Entscheidung des Regulators E-Control: Wie berichtet, dürfte dieser die Renditen für den Betrieb von Gasleitungen in Österreich deutlich senken, was den Kauf der GCA weniger interessant macht. Der bisherige Bestbieter, ein Konsortium aus dem italienischen Netzbetreiber Snam und dem deutschen Allianz-Konzern, ist daher bereits zurück am Verhandlungstisch, um den Preis um 100 Millionen Euro zu drücken. Der Traum der OMV, einen reinen Finanzpartner ohne strategisches Interesse an den Gasleitungen zu finden, scheint ohnedies geplatzt zu sein. Auch die Nummer zwei im Bieterrennen, der australische Fonds Macquarie und die slowakische EU Stream mit besten Verbindungen nach Russland, verfolgt womöglich mehr als rein finanzielle Ziele.

Dennoch ist es für die OMV nicht leicht, auf eine halbe Milliarde Euro zu verzichten. Einerseits passt der Verkauf ideal in Rainer Seeles Strategie, wonach der Energiekonzern mehr Risiko und mehr Rendite braucht. Andererseits wird das Unternehmen in Zukunft auch ohne Rosebank über jeden Cent an liquiden Mitteln dankbar sein. Etwa, um den geplanten Tausch von OMV-Anteilen in Norwegen für eine Beteiligung an einem sibirischen Gasfeld zu retten. Derzeit torpediert Oslo den Deal, da man die russische Gazprom bestenfalls als Viertelpartner im Land haben will. Hält die OMV am (Tausch-)Geschäft mit den Russen fest, muss sie vermutlich viel Geld drauflegen. Ganz trivial ist die Entscheidung am Mittwoch also nicht. Aber egal, wie sie ausgeht, die nächsten politisch motivierten Zwischenrufe von der Seitenlinie sind schon programmiert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.09.2016)

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