Was Donald Trump von seinen Versprechen wirklich umsetzen wird, ist unklar. Sicher ist: Der Immobilienmann will massiv in die Infrastruktur investieren. Das soll Jobs schaffen – und wird Schulden sowie Inflation antreiben.
Wien. Der Schreck währte nur kurz: In Asien stürzten die Börsenkurse Mittwochfrüh noch ab, nachdem der Sieg Donald Trumps bei der Wahl um das Weiße Haus endgültig feststand. Auch der US-Dollar zeigte sich schwächer. Und die Krisenwährung Gold stieg um 1,6 Prozent im Kurs. Aber der ganz große Schock, den manche im Fall eines Trump-Siegs befürchtet hatten, der blieb am Mittwoch aus.
Zwar waren die Börsen noch am Dienstag mehrheitlich auf einen Sieg von Hillary Clinton eingestellt – aber nach Trumps eher sanfter Siegesrede, in der er Investments in die Infrastruktur ankündigte, entspannte sich die Stimmung rasch. Zu merken war das im wichtigsten Markt überhaupt: bei den US-Staatsanleihen. Da stiegen am Mittwoch die Zinsen.
Der Grund: Wir wissen noch nicht viel über die kommende Wirtschaftspolitik des Präsidenten, Donald Trump. Aber was wir wissen: Er will den Zementmischer anwerfen. „Wir werden die Innenstädte reparieren und unsere Highways, Brücken, Tunnel, Flughäfen, Schulen und Krankenhäuser“, sagte Trump in seiner ersten Rede. „Wir werden unsere Infrastruktur aufbauen. Und wir werden so Jobs für Millionen Menschen schaffen.“
In den Ohren der Geldmanager heißt das: Wir werden noch mehr Schulden machen und die Inflation anheizen. Auch die Ausgaben für das Militär und etwa die Veteranen der US-Armee will Trump erhöhen. Gleichzeitig will er die Steuern senken, was ebenfalls mehr Schulden und mehr Inflation bedeutet. Denn die fehlenden Staatseinnahmen aus den Steuern müssen ersetzt werden – und die Menschen haben nach einer Steuerreform mehr Geld für Konsum in der Geldbörse. Die heimische Steuerreform hat auf dasselbe Prinzip gesetzt.
„Nimmt man Trump beim Wort, so plant er deutlich niedrigere Steuern und höhere Ausgaben. Das liefe auf ein stattliches staatliches Konjunkturprogramm hinaus“, so die Analysten der Deutschen Bank: „Sollte dies nur annähernd so umgesetzt werden, würde das kurzfristig höheres Wachstum bringen – gefolgt von höherer Inflation und höheren Zinssätzen.“
Auswirkungen auf Europa?
Kleine Ironie am Rande: Auch das Wirtschaftsprogramm der Verliererin Hillary Clinton wäre auf Staatsausgaben und Inflation ausgelegt gewesen. Es war allerdings deutlich weniger ambitioniert. So erwartet etwa das Committee for a Responsible Federal Budget, dass Trumps geplante Maßnahmen den US-Schuldenstand von aktuell rund 19 Billionen Dollar auf mindestens 25 Billionen treiben würden. Zum Vergleich: Unter Obama sind die Schulden der USA binnen acht Jahren um rund neun Billionen gestiegen und haben sich damit verdoppelt.
Die Ratingagentur Fitch hat am Mi
twoch angekündigt, dass Trumps Politik die Top-Note der USA mittelfristig gefährden könnte. Freilich: Bei anderen Agenturen hat Washington das Top-Rating längst verloren. In jedem Fall dürften sich Donald Trumps frühe Pläne, den Schuldenstand der USA zu verringern (oder sogar einen Staatsbankrott einzuleiten) in Luft aufgelöst haben. Aber andere von ihm im Wahlkampf angekündigte Maßnahmen machen die Ökonomen weiterhin nervös.
So befürchtet etwa Clemens Fuest, Chef des Münchner Ifo-Instituts auch Auswirkungen auf Europa. „Wenn Trump die Handelsschranken durchsetzen könnte, die er angekündigt hat, wäre der Schaden groß. In Deutschland hängen 1,5 Millionen Arbeitsplätze vom US-Geschäft ab. Die USA sind der wichtigste Handelspartner Deutschlands.“ Auch für den Ökonomen Lüder Gerken, Vorstand des Centrum für Europäische Politik (CEP) in Freiburg, bedeutet die Wahl Trumps zuallererst einmal eines: Unsicherheit.
Die von Trump angekündigten Reformen lassen kaum einen Bereich unberührt. So will er die Wirtschaft ankurbeln, indem er die Steuern für Unternehmen senkt. Auch die Regulierung der Banken soll zurückgerollt werden. Selbst die Klimapolitik soll im Zeichen der Entbürokratisierung dran glauben: Trump will das Pariser Abkommen kündigen – was die globalen Klimaschutzbemühungen komplett begraben könnte.
Völlig unklar ist auch, ob Trump seine Ankündigung wahr machen wird, internationale Handelsabkommen aufzukündigen und Zölle auf Importe (etwa aus China) einzuführen. Solch protektionistische Maßnahmen hätten nur einen sehr fragwürdigen ökonomischen Effekt und wären langfristig wohl auch für die USA schädlich. Trumps kontroverse Einwanderungspolitik könnte die Wirtschaft ebenfalls schwächen.
Ultimativ könne man einen Tag nach der Wahl aber nicht wissen, wohin die Reise der USA unter Präsident Trump wirklich geht, sagt CEP-Chef Gerken: „Wofür Trump wirklich steht und ob er die vielen, zum Teil widersprüchlichen Ankündigungen auch umsetzen wird, weiß niemand. Vermutlich auch Trump selbst nicht“, so Gerken. Grund zur Panik bestehe aber keiner. „Trump ist im Wahlkampf hochgradig populistisch aufgetreten. Aber er ist keineswegs dumm.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.11.2016)