Die Ökostromnovelle soll 200 Millionen Euro zu den Bauern spülen. Auch das rote Wien ginge nicht leer aus. Auf dem Weg zu den globalen Klimazielen bringt sie Österreich nicht weiter.
Wien. Es war ein starkes Zeichen zum Abschluss des Klimagipfels in Marrakesch: 45 Staaten kündigten an, komplett auf Kohle, Erdöl und Erdgas verzichten zu wollen. Zugegeben, es waren Länder wie Haiti, Äthiopien oder die Marshallinseln, die zu den größten Opfern des Klimawandels zählen. Aber auch Österreich hat sich mit dem Pariser Abkommen verpflichtet, seinen Teil beizutragen, um die Erderwärmung auf unter zwei Grad Celsius gegenüber der vorindustriellen Zeit zu halten. Sonderlich groß ist das Interesse daran bisher offenbar nicht.
Die Energie- und Klimastrategie entwickelt sich gerade zum zahnlosen Papiertiger. Und die angekündigte Novelle des Ökostromgesetzes erfüllt nach Informationen der „Presse“ nur eines wirklich gut: Sie spült frisches Geld an die Stammklientel der Regierungsparteien. Auf dem Weg zu den Klimazielen von Paris bringt sie Österreich keinen Schritt weiter.
SPÖ signalisiert Widerstand
Der größte Brocken im aktuellen Entwurf des Wirtschaftsministeriums fiele dabei an die Bauernschaft ab. Konkret geht es um die Rettung von 300 Biogasanlagen, die trotz Förderungen in wirtschaftliche Bedrängnis gekommen sind. Die meisten von ihnen gehören Landwirten, und deren Lobby macht in der ÖVP seit Monaten Druck, das Problem mit ein paar Millionen zu lösen. Der Entwurf hält dafür gleich zwei Vehikel parat: Einerseits soll es eine Abwrackprämie geben, wenn Biogasanlagen eingemottet werden. Als Zuckerl soll auch ein Teil der „nicht konsumierten Förderungen“ ausbezahlt werden. Doch nicht einmal der Bauernbund ist sich sicher, dass diese Variante in Brüssel hält. Deshalb gibt es alternativ dazu auch die Verlängerung der Förderungen von 13 auf zwanzig Jahre. Kostenpunkt: 200 Millionen Euro extra für 300 Biogasanlagen.
Der Gewinn für das Klima? Relativ klein. (Neue) Biogasanlagen könnten zwar einen Beitrag leisten, doch genau die hat die eigene Lobby mit dem vorliegenden Entwurf selbst geschädigt. Denn nach der Novelle gäbe es keine Förderungen mehr für neue Biogasanlagen, weil die alten mit 200 Millionen am Leben gehalten werden müssen.
Der Koalitionspartner SPÖ ist dem Vernehmen nach „not amused“ über den Vorschlag. Immerhin würden hier 300 Bauern just mit der Summe gestützt, um die sich die Koalition bei der Mindestsicherung seit Monaten streitet. Nicht, dass die ÖVP der SPÖ nicht etwas zu bieten hätte. Die Ökostromnovelle sieht ein Revival der KWK-Punkte vor. Das ist eine Förderung für fossile Gaskraftwerke, von der beinahe ausschließlich die roten Wiener Stadtwerke profitieren. Zudem soll ein Paragraf dafür sorgen, dass die (ebenfalls roten) Wiener Linien künftig weniger Zählpunkte haben – und damit weniger Ökostrombeiträge. Auffangen müssten diese Kosten die Klein- und Mittelbetriebe. Für das Ökostromlager – und damit den Klimaschutz – bleibt wenig übrig. Die Windkraft soll ihre verbliebenen Förderungen gar mit der Wasserkraft teilen (was wiederum den teilstaatlichen Verbund freut). Die Branche baut nur noch darauf, über die Oppositionsparteien bessere Deals aushandeln zu können, da die Regierung eine Zweidrittelmehrheit braucht.
„Dirty deal“ bleibt möglich
Selbst in der ÖVP ist die Meinung zum Entwurf im besten Fall zwiespältig. „Dieses Gezerre ist absurd, niemand will das haben“, sagt ein Insider zur „Presse“. Das bedeutet freilich nicht, dass die Novelle damit begraben ist. Um wie angekündigt heuer durchzugehen, müsste das Gesetz am Dienstag in den Ministerrat. Zum Lieblingsprojekt der Regierung wird die Ökostromnovelle nicht mehr. Ein „dirty deal“ könnte sich aber allemal ausgehen.