Donald Trump setzt sich als Retter von US-Jobs in Szene. Seine Eingriffe ernten Kritik von allen Seiten.
Wien/Washington. Es klingt wie ein naives Märchen: Im Wahlkampf hat Donald Trump etwa den Technologiekonzern United gegeißelt, weil dieser eine Klimaanlagenfabrik von Indiana nach Mexiko verlagern wollte. Nach seiner Wahl rief der künftige US-Präsident bei Konzernchef Greg Hayes an und erklärte ihm, dass die Jobs im Land bleiben müssen. „Greg war unglaublich, er sagte: Ich verstehe das“, erzählte Trump nun vor den Arbeitern der Fabrik. Der Manager beklagte zwar, dass die neue Fabrik in Mexiko fast fertig sei. Aber Trump konnte ihn überzeugen: „Greg, das ist mir egal. Vermiete sie, verkaufe sie, reiß sie ab.“ Und weil es so toll funktioniert hat, werde er nun „noch viel mehr Telefonate“ führen. Wer nicht spurt, dem droht er mit Konsequenzen: „Es wird sehr, sehr schwierig werden, das Land zu verlassen.“ Und die anwesenden Arbeiter schrien dazu begeistert: „Danke, Donald!“
Tatsächlich behält der Konzern nun von 2100 Jobs, die er verlagern wollte, nur 800 im Land. Und auch das nur im Gegenzug zu Steuererleichterungen des Staates Indiana. Trump verteilt also an einzelne Firmen Subventionen, um ihre Abwanderung zu verhindern (zumindest solange er nicht eine generelle Senkung der Unternehmenssteuern und weniger Regulierung durchgesetzt hat). Firmen, die sich davon nicht überzeugen lassen, will er gezielt bestrafen – durch 35 Prozent Zoll beim Import der Waren, deren Produktion sie verlagert haben. Wie solche Racheaktionen rechtlich halten sollen, bleibt unklar.
Wie in Bananenrepublik
Kritik an der Industriepolitik à la Trump kommt von allen Seiten. Ein republikanischer Abgeordneter schreibt: „Das ist nicht die Aufgabe eines Präsidenten. Wir leben in einer rechtsstaatlichen Republik, nicht in einer Alleinherrschaft.“ Bernie Sanders, der im Vorwahlkampf der Demokraten gegen Hillary Clinton unterlag, stört etwas anderes: Nun könne jede US-Firma mit Abwanderung drohen und damit Steuergeschenke erpressen, schrieb er in der „Washington Post“. Die Ausfälle im Budget hätten dann die Arbeiter zu zahlen. In der Tat melden in Indiana schon die nächsten Firmen Interesse an einem Deal an. Der mexikanische Politiker Fernando Turner vergleicht Trumps Eingriffe in die Entscheidungen von Unternehmen lachend mit der Wirtschaftspolitik einer Bananenrepublik.
Auch Ökonomen schütteln den Kopf: „Wenn das Team Trumps das für eine makroökonomische Strategie hält, haben sie den Umfang der Volkswirtschaft nicht verstanden“, sagt Justin Wolfers von der Uni Michigan dem „Wall Street Journal“. Jedes Quartal gehen in den USA sieben Millionen Jobs verloren, etwa gleich viele neue entstehen. Ähnlich verhält es sich mit den Verflechtungen zum Nafta-Partner Mexiko, wie eine Studie des Peterson Institute zeigt: Billige Importe aus Mexiko verdrängen jährlich 203.000 US-Jobs, dafür kommen 188.000 Jobs durch mehr Exporte dazu. Um den Saldo zu verbessern, hilft laut Wolfers kein Deal-Making mit einzelnen Firmen. Vielmehr müsse die Regierung nachhaltig „zur Schaffung von mehr Jobs ermutigen“. (gau)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.12.2016)