IT-Firmen suchen Mitarbeiter in Osteuropa

Heimische IT-Profis fordern Reformen im Bildungswesen.
Heimische IT-Profis fordern Reformen im Bildungswesen.(c) APA/GEORG HOCHMUTH
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Für die heimische IT-Branche ist der Mangel an Fachkräften der "Wachstumsblocker schlechthin".

Österreichs IT-Unternehmen leiden unter chronischem Fachkräftemangel bei Software-Entwicklern, nur eine von vier offenen Stellen kann besetzt werden, sagt Benjamin Ruschin, Geschäftsführer der Wiener WeAreDevelopers GmbH. Weil der Bedarf mit einheimischen Programmierern nicht zu decken ist, will man jetzt gezielt Spezialisten in den umliegenden Ländern in Zentral- und Südosteuropa anwerben.
"Bis 2020 könnten im gesamten MINT-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik, Anm.) 40.000 neue Arbeitsplätze entstehen", schätzt die Bundesvorsitzende der Jungen Industrie, Therese Niss, den einschlägigen Fachkräfte-Bedarf. Der Fachkräftemangel sei ein "Wachstumsblocker schlechthin". So schnell kommt man in Österreich aber mit der Ausbildung der benötigten Fachkräfte nicht nach - daher blicken die heimischen Unternehmen bei der Personalsuche immer öfter auch über die Grenzen und greifen zur Selbsthilfe.

2013 gründete Ruschin gemeinsam mit Sead Ahmetovic die "WeAreDevelopers Conference" (http://www.wearedevelopers.org), mit dem Ziel, IT-Fachkräfte und Arbeitgeber zusammenzubringen. Inzwischen ist sie laut Ruschin die mit Abstand größte Konferenz für Developer und IT-Spezialisten in Zentral- und Osteuropa und erlebt im kommenden Jahr ihre dritte Auflage. Rund 2.500 Developer und IT-Fachkräfte werden am 11. und 12. Mai in Wien erwartet.
Die Stadt Wien unterstützt die Konferenz mit der Location, der Marx-Halle im 3. Bezirk. Dort werden an den beiden Tagen auf einer Fläche von mehr als 9.000 Quadratmetern Vorträge, Workshops, Round Tables, One-to-One-Sessions, sowie eine Expo zu den Themen Web/Mobile/Software Development, Internet of Things, Robotics, Virtual Reality, Augmented Reality, IT Security und Development Platforms stattfinden.

"Es gibt für Unternehmen zwei Möglichkeiten, um die benötigten Fachkräfte zu bekommen", erklärte Ruschin. "Die eine ist, Sie verlassen den Standort Österreich und ziehen ins Ausland. Es gibt aber auch die andere Möglichkeit, dass wir uns Fachkräfte aus dem Ausland nach Österreich holen. Und zu diesem Zweck werden 30 bis 40 Prozent der Teilnehmer dieser Konferenz - wird sprechen da von 700 Personen - aus den zentral- und osteuropäischen Ländern kommen, sprich Bosnien, Serbien, Kroatien usw."

"Bildungssystem von Anfang an reformieren"

Eine der wesentlichen Ursachen des Fachkräftemangels ist nach Ansicht der Unternehmer der Bildungsbereich. "Wir müssen das Bildungssystem von Anfang an reformieren", fordert Niss. "Wir müssen schon im Kindergarten anfangen, die Kinder für Technik zu interessieren und auch in der Volksschule die Liebe zu diesen Themen wecken." Die Digitalisierung sei "ein Trend, den niemand mehr aufhalten kann. Entweder Österreich spielt mit oder spielt nicht mit, und es wäre besser, wenn wir mitspielen würden."
Mit dem Buzzword "Digitalisierung" werde oft zu Unrecht die Angst vor dem Verlust von Arbeitsplätzen geschürt, sagte Niss. "Unsere Aufgabe hat es zu sein, die Chancen der Digitalisierung aufzuzeigen."

Uni-Ausbildung nicht entscheidend

Dabei sei universitäre Ausbildung nicht entscheidend, betonte Sead Ahmetovic, einer der Initiatoren der WeAreDevelopers Conference. "Die Technologien entwickeln sich so rasch weiter, das kann man gar nicht in eine universitäre Ausbildung packen, für den Großteil der IT-Jobs ist eine akademische Ausbildung auch gar nicht notwendig." Gebraucht würden z. B. HTL-Absolventen mit EDV-Spezialisierung oder Wirtschaftsinformatiker.
Ähnlich sieht es auch Marcin Kotlowski von der EurocommPR GmbH, einem Unternehmen der Wien Holding, das bei der Bewerbung in Süd-und Zentraleuropa unterstützt. "Wenn wir von jedem Entwickler oder Programmierer ein Studium verlangen, schaffen wir einen Flaschenhals."
"Wir nehmen sehr viele Leute von Fachhochschulen", sagte Peter Simeonoff, Geschäftsführer des IBM Client Innovation Center Austria. Ideal seien Kombinationen, so seien etwa Biotechnologen sehr gefragt.

(APA)

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